Die staatlichen Energiepreisbremsen sollen nach Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Jahreswechsel auslaufen - und damit früher als ursprünglich geplant. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat diese Entscheidung der Bundesregierung begrüßt.
Die Preisbremsen hätten für die wenigsten noch eine Bedeutung, da sich die Energiepreise auf einem geringeren Niveau stabilisiert hätten, als bei Einführung der Preisbremsen. Die meisten Kunden und Kundinnen würden ohnehin weniger als die in den Bremsen vorgesehenen Maximalbeiträge zahlen, so Kretschmann bei einer Pressekonferenz am Dienstagmittag.
Energiepreisbremsen: Kretschmann und Scholz argumentieren ähnlich
Wichtig sei jedoch, dass die Regierung reagieren könne, sobald sich die Situation ändere, betonte Kretschmann. Das soll laut Kanzler Scholz auch der Fall sein: Sollten die Preise für Energie erneut unerwartet dramatisch steigen, sei die Regierung jederzeit in der Lage, kurzfristig gegenzusteuern, erklärte der Kanzler.
Scholz hatte das frühere Ende der staatlichen Energiepreisbremsen am Vormittag in einer Regierungserklärung angekündigt. Dabei argumentierte er ähnlich wie Kretschmann: Das Auslaufen der Energiepreisbremsen sei möglich, da es inzwischen überall in Deutschland wieder Strom- und Gastarife gebe, die zwar deutlich höher lägen als vor der Krise - aber meist unterhalb der Obergrenzen der Preisbremsen, so Scholz. Die Gasspeicher seien zudem so gut gefüllt, dass man nicht mit plötzlichen Preissprüngen rechnen müsse, sagte der Kanzler.
Über die Regierungserklärung von Kanzler Scholz berichtet Berlin-Korrespondent Philipp Eckstein im Audio:
Hagel spricht von "Nebelkerze"
Manuel Hagel, Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg, sieht das anders und wirft der Ampelkoalition vor, mit Buchungstricks den Haushalt frisiert zu haben. "Heute das Auslaufen der Energiepreisbremse auszurufen, ist nicht mehr als eine Nebelkerze", sagte Hagel dem SWR. Die Preise seien seit einiger Zeit unterhalb des Deckels.
Eine kluge Wirtschaftspolitik vergrößere das Angebot auf dem Energiemarkt und gewährleiste so stabile und bezahlbare Energiepreise, so Hagel. "Zuerst ein Angebot künstlich zu verknappen, sich dann über steigende Preise zu wundern und das am Ende dann wieder staatlich zu subventionieren, ist das Gegenteil von seriöser Politik und von sozialer Marktwirtschaft." Die Bundesregierung müsse jetzt dringend an die Arbeit gehen.
Preisbremsen hätten eigentlich Ende März enden sollen
Die Preisbremsen sollten eigentlich bis Ende März laufen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte vor dem Hintergrund des Haushalts-Urteils des Bundesverfassungsgerichts gesagt, zum 31. Dezember 2023 werde der Wirtschaftsstabilisierungsfonds geschlossen - aus diesem werden die Preisbremsen finanziert.
Um die Bürger und Bürgerinnen zu entlasten, wurden seit 1. März 2023 die Strom- und Gaspreise vom Staat gedeckelt. Beim Strom zahlten Kunden dadurch für 80 Prozent ihres Stroms maximal 40 Cent brutto pro Kilowattstunde. Für die restlichen 20 Prozent wurde der reguläre Vertragspreis berechnet. Die Gaspreisbremse funktionierte genauso: Für 80 Prozent ihres monatlichen Gasverbrauchs zahlten Verbraucher und Verbraucherinnen maximal 12 Cent pro Kilowattstunde, für die restlichen 20 Prozent den aktuellen Vertragspreis.
Wieviel spart der Staat eigentlich durch den Wegfall dieser Energiepreisbremsen? Marc Feuser aus dem Hauptstadtstudio ordnet ein.
Bundesregierung fehlen 60 Milliarden Euro
Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte November entschieden, dass der Bund zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf. Dadurch fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro zur Finanzierung von Klimaschutz-Projekten. Bundeskanzler Scholz räumte bei seiner Rede ein: Mit dem Wissen um die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, hätte seine Regierung beim Haushalt anders gehandelt. Für Bürgerinnen und Bürger ändere sich im Alltag jedoch nichts. Kindergeld, BaföG, Rente oder Wohngeld würden weiter bezahlt.
Die baden-württembergische Landesregierung hat laut Ministerpräsident Kretschmann bislang keinen Überblick, wie sich das Haushalts-Urteil auf die Finanzlage im Land auswirken wird. Man dachte, es kämen Ansagen aus Berlin, das sei aber offenkundig nicht der Fall, so Kretschmann. Bleibe es bei dem 60 Milliarden-Euro-Loch habe dies aber wohl höchst relevante Auswirkungen auch für Baden-Württemberg, so der Ministerpräsident. Kretschmann warnte, in dieser angespannten Haushaltssituation nicht bei den Investitionen zu sparen. Gerade bei den Zukunftstechnologien wie zum Beispiel Wasserstoff könne Baden-Württemberg die geplanten Bundesinvestitionen keinesfalls einfach übernehmen.
Schuldenbremse soll ausgesetzt werden
Am Montag hatte die Bundesregierung als Folge des Haushalts-Urteils angekündigt, zur Finanzierung des Nachtragshaushalts die Schuldenbremse aussetzen zu wollen. Die Reaktionen in Baden-Württemberg dazu fielen unterschiedlich aus.
Landes-CDU-Chef Manuel Hagel sagte, an der Schuldenbremse müsse festgehalten werden - im Bund und im Land. Sie sorge dafür, dass Regierungen Politik nicht auf Pump und zu Lasten der nachfolgenden Generationen machten. Die SPD im baden-württembergischen Landtag kritisierte diese Äußerungen. Hagel habe die Herausforderungen nicht annähernd begriffen, hieß es. An der Schuldenbremse festzuhalten, komme einer Zukunftsbremse gleich, die Investitionen verhindere, so der finanzpolitische Sprecher Nicolas Fink.
Geld für Klimaprojekte Schuldenbremse soll ausgesetzt werden: Kritik und Zustimmung aus BW
Die Bundesregierung will zur Finanzierung des Nachtragshaushalts die Schuldenbremse aussetzen. Die Reaktionen in Baden-Württemberg dazu fallen unterschiedlich aus.