Bild von Stefan Giese  (Foto: SWR, SWR/Christian Koch)

Arbeiten in brütender Hitze

Meinung: Für ein Recht auf Hitzefrei

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Stefan Giese
Bild von Stefan Giese  (Foto: SWR, SWR/Christian Koch)

In Deutschland haben Beschäftigte keinen Anspruch auf Hitzefrei. Das muss sich ändern, findet Stefan Giese mit Blick auf die Klimaerwärmung.

Hitzefrei – während meiner Schulzeit gab es wenige Wörter, die ich noch lieber hörte. Wochenlang haftete der Blick auf dem Thermometer, bis endlich die entscheidende Marke erreicht war und die Schulleitung das Freiheit und Abenteuer versprechende Wort aussprach. Dass Hitzefrei einen ernsten Hintergrund hatte, nämlich die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler zu schützen, spielte für uns zugegebenermaßen keine Rolle.

Selbstverständlich belastet Hitze auch die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber einen rechtlichen Anspruch auf Hitzefrei haben sie nicht. Unabhängig davon, wie heiß es ist, ob sie im Freien, in der Werkstatt oder im Homeoffice arbeiten – ohne Zustimmung der Chefetage geht nichts in Sachen Hitzefrei. Auf gesetzliche Regelungen können sie sich nicht berufen.

Wenn die Vorhersagen der Klimaforschung zutreffen – und darin gibt es wenig Grund zu zweifeln –, wird es immer häufiger gesundheitsgefährdende Hitzewellen geben. Darauf ist Deutschland nach Einschätzung der Wissenschaftlerin Franziska Matthies-Wiesler schlecht vorbereitet – mit tödlichen Folgen. Um das zu ändern, brauche es kommunale Hitzeschutzpläne, in deren Mittelpunkt jene stehen, die das größte Risiko tragen: Alte, Kranke, Schwangere und "Leute, die draußen arbeiten".

Aus meiner Sicht braucht es außerdem eine Anpassung des Arbeitsrechts an die Klimaerwärmung. Konkret: ein Recht auf Hitzefrei, auf das sich die Beschäftigten berufen können, unabhängig vom Wohlwollen der Arbeitgeber. Mit Freiheit und Abenteuer hat dieses Hitzefrei eher nichts zu tun, erhöht aber die Chance auf ein längeres Leben.

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