Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) fiel seinem Parteifreund und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag in den Rücken. „Diese Kürzungen überfordern den Sektor“, sagte Özdemir vor der großen Bauern-Demo in Berlin. Es ist Tag fünf nach der mühsamen Einigung der „Ampel“ auf einen Haushalt. Am Sonntag hatte schon die FDP-Bundestagsfraktion gegen Subventionskürzungen in der Landwirtschaft aufgemuckt. Und die SPD-Bundestagsfraktion gegen das Auslaufen der E-Auto-Prämie ganz wörtlich über Nacht.
Tatsächlich haben viele Bäuerinnen und Bauern zuletzt von den stark gestiegenen Lebensmittelpreisen profitiert. Und die Käufer vergleichsweise teurer E-Autos brauchen den Zuschuss des Staates nicht wirklich. Aber sachliche Debatten über Entscheidungen der Bundesregierung scheinen nicht mehr möglich. Nicht einmal zwischen den Protagonisten der Ampelkoalition selbst.

Alle paar Tage Regierungskrach
Für angeschlagene Bundesregierungen gibt es, glaube ich, einen Kipppunkt, über den hinaus nichts mehr geht. Seine Merkmale: Vertreter der Regierungsparteien zoffen sich in immer kürzeren Abständen. Mühsam errungene Kompromiss werden von den eigenen Leuten zerredet. Medienhäuser mit unterschiedlicher politischer Grundhaltung zerlegen unisono Gesetzesvorhaben der Regierung.
Diesen Kipppunkt mussten die sozialdemokratischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder vor ihrem Sturz erleben. Jetzt, so mein Eindruck, ergeht es Olaf Scholz so. Seine Neujahrsansprache dürfte die letzte als Bundeskanzler sein.