Wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs

Freudenstadt unter Beschuss: Ein Zeitzeuge erinnert sich

Stand

Von Autor/in Lisamarie Haas

Im April 1945 zerstörte die französische Armee große Teile Freudenstadts. 80 Jahre später erinnert die Stadt mit einer Gedenkwoche daran. Ein Zeitzeuge blickt zurück.

Heute kann Fritz Baur ohne Angst auf dem Freudenstädter Marktplatz sitzen. Vor 80 Jahren war das ganz anders. Als Elfjähriger hat er damals das Ende des Zweiten Weltkriegs hautnah miterlebt.

Am 16. April 1945 versuchte die französische Armee, die Stadt Freudenstadt im Nordschwarzwald einzunehmen. Letzte versprengte deutsche Einheiten wollten nicht kapitulieren und kämpften weiter, eine Aktion, die einen verheerenden Angriff auslöste. Der französische Befehlshaber befahl, die Stadt zu beschießen. Große Teile Freudenstadts wurden von Artilleriegranaten und Bränden zerstört, etwa 60 Menschen starben. In dieser Woche erinnert die Stadt mit mehreren Veranstaltungen an die Zerstörung – aber auch an den schnellen Wiederaufbau danach.

Granaten und Brände: Freudenstadts Innenstadt fast komplett zerstört

Fritz Baur hat miterlebt, "wie furchtbar das war", sagt der 91-Jährige. "So etwas wünscht man sich nie wieder." Als die ersten Granaten fielen, saß er gerade auf dem Marktplatz und bewachte das Hab und Gut seiner Familie. Sie wollten es zur Großmutter bringen, die außerhalb wohnte. Denn die Stadtkirche stand schon in Flammen, kurz danach brannte auch Baurs Elternhaus am Marktplatz.

Ich bin da gesessen und auf einmal hat es gepfiffen. Und dann hat eine Granate eingeschlagen. Und dann hat es natürlich gewaltig gekracht und ich hab dann erst einmal Angst gekriegt. Und hab meine Füße in die Hand genommen – auf gut Deutsch – und bin losgerannt.

Die ganze Nacht über beschossen die Franzosen die Stadt mit schwerer Artillerie. Viele Menschen versuchten, sich in Kellern und Luftschutzbunkern in Sicherheit zu bringen.

80 Jahre später führt der Heimat- und Museumsverein Freudenstadt Besucher durch einen dieser Bunker, um an die Zerstörung der Stadt zu erinnern. 12 Meter unter der Erde liegt er, rund 1.000 Menschen hatten darin Platz.

Bei einer Führung zeigt der Heimat-und Museumsverein Freudenstadt einen Luftschutzbunker. Vor 80 Jahren haben dort viele menschen Schutz gesucht.
Bei einer Führung zeigt der Heimat-und Museumsverein Freudenstadt einen Luftschutzbunker von innen. Vor 80 Jahren haben dort viele Menschen Schutz gesucht.

"Ich bin froh, dass wir in Zeiten leben, in denen wir nicht in so einen Bunker rein müssen", sagt Besucher Max Keim. "Ich hoffe, dass es noch lange so bleibt."      

Freudenstadt will in der Gedenkwoche aber auch an den Wiederaufbau erinnern. Er begann 1949 und war innerhalb von nur fünf Jahren abgeschlossen. Oberbürgermeister Adrian Sonder bezeichnet es als "Wunder von Freudenstadt, das dazu geführt hat, dass wir heute in so einer schönen und wirklich lebenswerten Stadt leben".

Zeitzeuge Fritz Baur ist in Freudenstadt geblieben

Auch Fritz Baur hätte das damals vor 80 Jahren nicht erwartet: "Erstens mal, dass ich das noch erlebe und wie sich die Stadt entwickelt hat. Im großen Ganzen haben wir doch eine Lebensqualität besser als in jeder Großstadt."

Später hat er sogar ein Jahr in einer Bäckerei in Frankreich gearbeitet und dort Freundschaften geschlossen. Dann musste er zurück nach Freudenstadt, um in der Bäckerei seines Vaters mitzuhelfen. Später hat er sie übernommen und bis 1995 geführt. Noch heute wohnt dort, wo damals die Granaten eingeschlagen sind und später der Wiederaufbau stattfand - mit Blick auf den Marktplatz.

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