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Uwe Tellkamp: Der Schlaf in den Uhren

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Da ist er nun also, der Nachfolger von „Der Turm“, dem 2008 erschienenen Roman von Uwe Tellkamp, der möglicherweise als das letzte große deutsche Volksbuch gelten kann – mit immerhin knapp einer Million verkaufter Exemplare. 14 Jahre lang hat es gedauert, bis der Dresdener Schriftsteller die angekündigte Fortsetzung veröffentlicht hat.

Dazwischen lagen einige umstrittene Interviews und Auftritte, in denen sich der Autor zu Migration und angeblicher Meinungsuniformität in den Medien äußerte. Eine Distanzierung des Suhrkamp Verlages änderte aber nichts daran, dass Suhrkamp auch „Der Schlaf in den Uhren“ veröffentlichte.

Und was steht nun auf diesen 900 Seiten? Das ist nicht einfach zusammenzufassen. Der Roman spielt größtenteils auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen, einmal im Jahr 2015 und einmal in den Jahren 1989/90. Für eine Chronik der Wendezeit sammelt Fabian Hoffmann, ein Vertreter des Dresdener Bildungsbürgertums wie sein Cousin Christian in „Der Turm“, Material für eine Chronik der Umbruchzeit.

Eine übergeordnete Erzählinstanz gibt es nicht, und auch die Realität ist verfremdet. Es geht um Geheimdienste und Meinungen, die auch Minen sein können. Um das wiedervereinigte Treva und dessen Kanzlerin, eine ehemalige Dissidentin, die nun „Mutti“ genannt wird. Um die „1001 Nacht-Abteilung“ des Geheimdienstes und um Medien, die ihr unterstellt sind.

Schwer zu fassen ist der Roman buchstäblich, weil Tellkamps Satzgirlanden und Wortkaskaden sich der Festlegung entziehen. Die Frage, wie viele Käufer des Romans diesen auch tatsächlich bis zum Ende durchgehalten haben, wird unbeantwortet bleiben.

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SWR