Salzhäuchen und Salzlöffel (Foto: IMAGO, IMAGO / Zoonar)

Heidenheimer Ausstellung: Kristallisationspunkte

Salz – Das weiße Gold in Kunst und Kultur

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AUTOR/IN
Luisa Sophie Klink
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Dominic Konrad

Salz ist ein Lebenselixier: Ohne können wir nicht leben, doch zu viel ist lebensbedrohlich. In Kunst und Literatur werden die weißen Kristalle mal vergöttert, mal verteufelt. Das Kunstmuseum Heidenheim widmet Salz und Zucker nun eine ganze Ausstellung. Besonders das Salz ist dabei kulturell immer wieder von großer Bedeutung.

Wissenschaftlich und ganz nüchtern betrachtet ist Salz ein kristalliner Feststoff: Natriumchlorid, auch Kochsalz genannt. Für Menschen und Tiere gilt er als der wichtigste Mineralstoff. Ist der Salzhaushalt aus dem Gleichgewicht gebracht, etwa nach einer Magen-Darm-Grippe, muss er rasch wieder aufgefüllt werden. Etwa sechs Gramm decken den Tagesbedarf eines Menschen.

Salz im Sprachgebrauch

Im alltäglichen Leben begegnet einem Salz am ehesten in der Küche, im Winter eventuell auch auf der Straße gegen Glatteis. Aber dass der Stoff „Salz“ auch im Sprachgebrauch immer wieder eine Rolle spielt, wird den meisten wohl erst bei genauerer Betrachtung auffallen.

Zu den häufigsten Redewendungen gehören etwa „Salz in die Wunde streuen“, was bedeutet, eine Sache noch schlimmer zu machen oder „zur Salzsäule erstarren“, also fassungslos zu sein, oder aber das „Salz in der Suppe“, das eine Sache noch vervollständigt. Es gibt auch ein ganz ähnliches Sprichwort, aber mit genau gegenteiliger, nämlich negativer Bedeutung: Wer jemandem „die Suppe versalzt“, vermiest dieser Person eine Sache.

Schale mit Spinatsuppe und Croutons. Im Hintergrund Pfeffer- und Salzstreuer (Foto: IMAGO, IMAGO / Wirestock)
Wenn der Koch das Essen versalzt, dann ist das ein Zeichen für besondere Gefühlshöhen. Wenn einem aber die Suppe versalzen wird, dann läuft's leider nicht so rund. Dabei ist das Salz in der Suppe die letzte Winzigkeit, die eine Sache perfektioniert. Bild in Detailansicht öffnen
Drei Freunde würzen einen Salat mit einer Pfeffer- und Salzmühle sowie Öl (Foto: IMAGO, IMAGO / Westend61)
Freunde bringen Würze in den Alltag. Deshalb sagt man: Freundschaft ist des Lebens Salz. Bild in Detailansicht öffnen
Laib Brot mit einem Messer und ein Säckchen mit Salz (Foto: IMAGO, IMAGO / Shotshop)
„Salz und Brot macht Wangen rot“, heißt es im Volksmund und wem man Brot und Salz für die neue Wohnung schenkt, dem wünscht man einfach, dass er niemals Hunger leiden muss. Bild in Detailansicht öffnen
Salzfelder am Meer (Foto: IMAGO, IMAGO / imagebroker)
„Salz ins Meer tragen“ ist genauso unsinnig wie Eulen nach Athen. Schließlich wird am Meer ja genügend Salz gewonnen. Bild in Detailansicht öffnen

Auch geläufig ist die Tradition beim Einzug in ein neues Haus, Brot und Salz mitzubringen. Es sind die Lebensmittel, die nie ausgehen sollen. Das Sprichwort dazu: „Brot und Salz, Gott erhalt’s“.

Ist das Essen versalzen, steht schnell die Frage im Raum: „War der Koch verliebt?“. Zu diesem Thema haben Wissenschaftler des Bremerhavener Technologie-Transfer-Zentrums vor mehr als fünf Jahren zwei interne Studien gemacht und versucht, die Redewendung wissenschaftlich zu erklären. Zwar veröffentlichten sie die Studien nicht, da sie nur mit wenigen Probanten durchgeführt wurden, fanden dabei aber heraus, dass sich bei den verliebten Köchen die Hormone Testosteron und Oxytocin so veränderten, dass sie das Geschmacksempfinden des Körpers auf den Kopf stellten.

Andere erklären sich das versalzene Essen durch verliebte Köche so: Der Koch ist nicht mehr konzentriert, hängt Träumereien hinterher und schüttet einfach unachtsam zu viel Salz ins Essen. So oder so spielt das weiße Gold in der Sprache wieder einmal eine große Rolle.

Salz in der Kunst

In der Ausstellung „Kristallinstallationspunkte – Salz und Zucker in der Kunst“ widmen sich fünfzehn Künstlerinnen und Künstler den Werkstoffen in Boden- und Wandarbeiten, Fotografien, Installationen, Videos und Performances. Zum einen geht es darum, wie man den Stoff künstlerisch nutzen kann – ob flüssig, fest oder gepresst – und welche Kunstwerke man dann daraus erschaffen kann.

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Takaya Fujii macht Bücher haltbar, indem sie sie in Salzlauge kristallisiert, Helga Franz verfolgt Kristallisationsprozesse in verschiedenen Materialien und der niederländische Künstler Kees de Vries überdeckt Körper und Gegenstände mit Salz, um sie in ein schönes, weißes Kleid, zu hüllen, das rein und unberührt wirkt. Die symbolische sowie politische Bedeutung von Salz kommt in einem Video von Johanna Strobel über Salzwüsten zum Tragen.

Ausstellung Kristallisationspunkte Salz und Zucker in der Kunst im Kunstmuseum Heidenheim (Foto: Krees de Vries)
Krees de Vries: Hope II, 2020, Konsole, verschiedene Materialien, Salz. Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kristallisationspunkte Salz und Zucker in der Kunst im Kunstmuseum Heidenheim (Foto: Fadi al-Hamwi)
Fadi al-Hamwi: Salt Spiral, 2024, Performance Installation Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kristallisationspunkte Salz und Zucker in der Kunst im Kunstmuseum Heidenheim (Foto: Alice Musiol)
Alice Musiol: o.T., 2024, Velours, Salz Bild in Detailansicht öffnen
Ausstellung Kristallisationspunkte Salz und Zucker in der Kunst im Kunstmuseum Heidenheim (Foto: Annette Kradisch)
Annette Kradisch: NMN BonneChance Bild in Detailansicht öffnen

Salz in der Literatur

Auch in der Literatur spielt Salz immer wieder eine Rolle. Thomas Strässle hat in seinem Buch „Salz: Eine Literaturgeschichte“ Salz in verschiedene Kategorien wie „Beziehungssalze“, „Körpersalze“, „Sprachsalze“, Glaubenssalze“ oder „Natursalze“ unterteilt.

Zum Einstieg zitiert er etwa die beiden Grimmschen Märchen „Die Gänsehirtin am Brunnen“ und „Die Prinzessin Mäusehaut“, in denen die weißen Kristalle eine tragende Rolle spielen. In letzterer Erzählung will der König wissen, welche Tochter ihn am liebsten hat:

Die älteste sprach, sie habe ihn lieber als das ganze Königreich; die zweite, als alle Edelsteine und Perlen auf der Welt; die dritte aber sagte, sie habe ihn lieber als das Salz. Der König ward aufgebracht, daß sie ihre Liebe zu ihm mit einer so geringen Sache vergleiche, übergab sie einem Diener und befahl, er solle sie in den Wald führen und töten.

Ein großes Missverständnis, denn die Tochter betrachtete das Salz als wertvoll, der König hingegen als negativ und schlecht. Dem König werden erst die Augen geöffnet, als er eine salzlose Speise vorgesetzt bekommen hat und merkt, dass ein Essen ohne Salz nach nichts schmeckt.

Das Märchen von der „Gänsehirtin am Brunnen“ ist ähnlich aufgebaut,: Auch hier geht es um die Gunst des Vaters. Nur wird in diesem Märchen Salz mit Salz vergolten: „Wenn du mich so liebst als Salz, so soll deine Liebe auch mit Salz belohnt werden“, sagt der Vater zu seiner Tochter.

Der Zauberberg (TV-Mehrteiler, 1982) (Foto: IMAGO, IMAGO / United Archives)
Salzige Tränen weinen die Protagonistinnen und Protagonisten in Thomas Manns Sanatorienepos „Der Zauberberg“.

Laut Strässle wird Salz in der Literatur immer wieder aufgegriffen. So seien auch nur salzige Tränen echte Tränen, beispielsweise im „Zauberberg“ von Thomas Mann, wo es „dies alkalisch salzige Düsenprodukt“ heißt, oder in William Shakespeares Werken.

Auch Johann Wolfgang von Goethe benutzt Salz in seinem Versepos „Hermann und Dorothea“, um zu beschreiben, dass wahre Freundschaft Zeit braucht. So schreibt er:

Ehe Du den Scheffel Salz mit dem neuen Bekannten verzehrest, darfst Du nicht leichtlich ihm trauen.

Jean Paul nennt eine seiner Figuren einen „Mann von Salz“ oder führt als Stilbegriff des „komischen Salzes“ in die Literatur ein.

Salz in Natur und Umwelt

Nicht nur künstlerisch und literarisch ist Salz wertvoll, auch in der Natur ist es ein wichtiger Bestandteil. Meerwasser ist aufgrund der gelösten Salze dichter als Reinwasser. Dies hat große Auswirkungen auf das globale Klima, da es für ein weltumspannendes System von Meeresströmungen und somit für einen Temperaturausgleich auf der ganzen Erde sorgt.

Ein spektakuläres Naturphänomen ist auch die Salar de Uyuni in Bolivien. Sie gilt als größte Salzwüste der Welt. Salztonebenen, sogenannte Salzwüsten werden in Gebieten mit hohem Salzgehalt gebildet, in denen das Wasser verdunstet und das Salz an die Oberfläche gelangt.

Salzwüste in Bolivien (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / dpa | Sergio Goya)
Die Fläche ist mit mehr als 10.000 Quadratkilometern die größte Salzpfanne der Erde. Die Salzkruste wurde vor Millionen Jahren durch das Austrocknen des Paläosees Tauca gebildet.

Auch wenn Baden-Württemberg keine gestandene Salzwüste vorweisen kann, verfügt das Bundesland über enorme Salzvorkommen. Sie haben sich im mittleren Muschelkalk vor rund 240 Millionen Jahren gebildet und reichen vom nordwestlichen Bayern bis zur Schweizer Grenze.

Das größte Steinsalzbergwerk Westeuropas befindet sich etwa in Heilbronn und versorgt im Winter den gesamten süddeutschen Raum mit Auftausalz, dessen größte Abnehmer Streudienste und Industrie sind.

Salz in der Geschichte

Seit jeher war Salz ein begehrter Stoff. Bereits bei den Hochkulturen der Babylonier, Sumerer und Ägypter diente es nicht nur als Gewürz, sondern auch zur Konservierung von Nahrung. Die Ägypter mumifizierten mithilfe des weißen Golds sogar ihre Verstorbenen. Gewonnen wurde das Salz aus dem Meer oder aus Salzwüsten.

Bei den Römern diente es sogar als Zahlungsmittel, daher auch der Begriff „Salär“. Über die Salzstraße Via Salaria, die von der Adriaküste über die Apenninen nach Rom führte , wurden die wertvollen Kristalle dann in andere Regionen des Reiches transportiert.

Historische Altstadt von Schwäbisch Hall (Foto: IMAGO, IMAGO / Dreamstime)
Seit der Eisenzeit wird in Schwäbisch Hall Salz gewonnen. Im Mittelalter gelangte die Stadt dank den Haller Salzsiedern zu Wohlstand.

Die Kelten galten als Meister der Salzgewinnung, denn sie hatten ausgefeilte Methoden dafür. Die ersten Salzsiedereien entstanden um 280 v. Chr. in Schwäbisch Hall. Das aus der Saline gewonnene Salzwasser wurde in Holzöfen so lange gekocht, bis sich Salzkristalle bildeten. Daher stammt die Bezeichnung Kochsalz.

Im Mittelalter entwickelten die Salzsieder neue Verfahren. Wasser wurde nun direkt in die Hohlräume im Salzgestein gefüllt und oberirdisch gesiedet. Insbesondere der Adel und Klöster profitierten durch Steuern und Zölle, später auch Städte, Kaufleute und Handwerker.

Bittersüßer Beigeschmack Kristallisationspunkte – Ausstellung über Zucker und Salz in der Kunst

Künstler*innen setzen sich mit Zucker und Salz auseinander – unverzichtbare Geschmacksverstärker mit Schattenseiten. Eine bittersüße Begegnung.

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