Space Corner (Foto: IMAGO, picture alliance/dpa)

Ausstellung im ZKM Karlsruhe

Heinz Mack: Mit Licht in eine optimistischere Zukunft

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Theresa Berwian
Theresa Berwian, Team SWR Kultur (Foto: SWR, Foto: Max Tiemann)

Er sei der beste Aktzeichner der Kunstakademie gewesen, sagt Heinz Mack über sich selbst. Doch er wollte nichts wiederholen, sondern alles neu und anders machen, nichts weniger als die Kunst der Nachkriegszeit revolutionieren. Heute ist Macks Avantgarde-Kunst ein Klassiker.

Heinz Mack (Foto: IMAGO, picture alliance/dpa)
Auch mit 92 Jahren noch offen für Experimente: Der Künstler Heinz Mack.

Als Kanzler Konrad Adenauer in den 1950er-Jahren auf großen Plakaten „Keine Experimente!“ predigte, griff der junge Künstler Heinz Mack kurzentschlossen zum Farbeimer. Er übermalte auf den CDU-Plakaten an den Litfaßsäulen das Wort „keine“ mit schwarzer Farbe – solange bis die Polizei kam. Mack war sich schon damals sicher: „Ohne Experimente kommen wir in der Welt nicht weiter.“

Seine Experimentierfreude hat den jungen Künstler in den 1950ern angetrieben und ihn seither begleitet. Als Mitbegründer der Gruppe ZERO lehnte sich Mack mit futuristischen Lichtreliefs und Installationen gegen den Konservatismus der jungen Bundesrepublik auf. Am liebsten wäre er wohl seiner Zeit davongefahren – in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Macks künstlerische Anfänge waren noch geprägt vom Zweiten Weltkrieg, den der heute 92-jährige miterlebt hat.

Keine Wiederholung: eine Kunst, die von Null beginnt

Die Trümmerorte des Nachkriegsdeutschlands wollte er mit seiner Kunst hinter sich lassen. Und vor allem Neues schaffen, nichts wiederholen, was schon Künstler vor ihm gemacht haben. Mack wollte mit seiner Kunst von Null beginnen und optimistisch in die Zukunft blicken: „Ich war heilfroh, auf dieser Welt zu sein und fand nach dem Krieg die Chance gegeben, an einer neuen Welt beteiligt zu sein.“

In Macks Kunst ist deshalb vieles in Bewegung. Kinetische Kunst, das war sein Ding. Er arbeitet mit Spiegeln, die um sich selbst kreisen und sich dabei gegenseitig reflektieren. In seinen Skulpturen vervielfacht Mack die Wirklichkeit und lässt sie dabei tanzen.

Heinz Macks Arbeit (Foto: IMAGO, imago images/imagebroker)
Durch die Arbeit mit kinetischen Prinzipien und neuen industriellen Materialien wie Aluminium, Acrylglas oder Fresnel-Linsen revolutionierte Heinz Mack den Skulpturenbegriff.

Ungemütliche Anfänge in Köln und Düsseldorf

Der 1931 im hessischen Lollar geborene Mack studierte 1950 bis 1953 an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Ewald Mataré – gleichzeitig mit Joseph Beuys. Zugleich war Mack auch an der Universität in Köln für Philosophie eingeschrieben. Als Lehrer und Kunsterzieher musste er seine Familie und zwei Töchter ernähren.

Überhaupt war der Anfang seiner Karriere für Mack eher ungemütlich. In einem
Ruinenatelier in Düsseldorf eröffnete er mit Otto Piene 1957 seine erste Ausstellung. „In dem Atelier hielt man sich ungern auf, weil es kalt war, weil es hineinregnete und es keine eigene Toilette dort gab“, sagte Mack vor zwei Jahren in einem Interview. „Aber wir waren von unserer Arbeit so überzeugt, dass wir das gern ertragen haben.“

Licht-Kunst in der Wüste Afrikas

Berühmt wurde Mack schließlich mit silbrigen Reliefs, Lichtrotoren, glitzernden Stelen und Kunstexpeditionen in die Wüste und die Arktis. In den 1960er Jahren bereiste Mack immer wieder die Nord-Sahara, wo er flirrende Installationen aus Spiegeln, Silberfahnen und Lichtstelen im rotbraunen Wüstensand entstehen ließ.

Sahara (Foto: IMAGO, FUNKE Foto Services)
Mit seinen Kunstexpeditionen in die Sahara wurde Mack bekannt. Die Installation Sahara-Relief vor einem Bild des Fotografen Thomas Höpker erinnert daran.

„Es war eine innere Sehnsucht, einen Raum aufzusuchen, der frei ist von den Fingerabdrücken menschlicher Zivilisation und der vollkommen unberührt ist. Ein Ort, der reine Natur ist, und sonst nichts. Das hat mich damals fasziniert. Hier betrete ich eine Terra incognita, einen Raum, wo noch nie ein Mensch gewesen ist!“

Wie ein Astronaut auf einem fernen Planeten stapfte Mack im silbrig glitzernden Overall durch das Sandmeer und zog eine meterlange silberne Fahne hinter sich hier. Es war die Zeit, als die bemannte Raumfahrt startete und die Menschen fasziniert von fernen Galaxien waren.

Dass seine spektakulären Aktionen ziemlich selbst gemacht waren, gibt Mack Jahrzehnte später preis. Der Wüstenanzug etwa war sein eigener Entwurf, und zusammengenäht habe ihn die Mutter seiner Haushaltshilfe.

Silber-Fan (Foto: IMAGO, picture alliance/dpa)
Silber sei eine wunderbare Farbe, sagt Mack. Er nutzte sie in vielen seiner Arbeiten, wie im Objekt „Silber-Fan“ aus dem Jahr 2014

Macks Schaffen von der Leichtigkeit des Lichts bis zum Monumentalen

Mack entdeckte das Licht als Werkstoff seiner kühnen Projektionen. Licht sei das Thema seines Lebens, sagt Mack, der sich immer als Maler und Bildhauer gleichzeitig sieht. Mack liebt auch das Monumentale. Er schuf große Skulpturen für Parks, Straßen und Plätze von München bis Berlin, die größte ist eine 42 Meter hohe Stele vor der Daimler-Hauptverwaltung in Stuttgart.

The Sky Over Nine Columns (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Gian Ehrenzeller/KEYSTONE/dpa)
Auch das Monumentale hat es Mack angetan. 2016 war seine Installation „The Sky Over Nine Columns” am Ufer des Sees von St. Moritz zu sehen.

Auf fast 400 Einzelausstellungen kann der mehrfache Documenta- und
Biennale-Teilnehmer zurückblicken. Schon 1959 nahm Mack erstmals an der Documenta in Kassel teil. „Das Ziel war, ganz große Kunstwerke zu schaffen, die in der Kunstgeschichte bestehen können“, so Mack.

Macks Leucht- und Spiegelkunst im ZKM Karlsruhe

Im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe zeigt eine aktuelle Ausstellung Arbeiten aus allen Schaffensphasen des Künstlers.

Einige Werke wurden bislang nur selten ausgestellt und auch Heinz Mack selbst hat sie teilweise seit etwa 50 Jahren nicht mehr gesehen: „Ein großer Teil der hier ausgestellten Arbeiten ist ein halbes Jahrhundert alt, zum Teil sogar noch älter. Ich bin also froh, dass auf diese Weise mal einige Dinge das Licht der Welt erblickten, die sich vorher nur im Dunklen befanden.“

Optimismus und Aufbruch

Bis heute strahlen seine Experimente einen unerschütterlichen Optimismus aus. Etwas von der Aufbruchsstimmung der späten Sechzigerjahre haftet ihnen noch immer an. Mit seiner Kunst aber plädiert Heinz Mack nach wie vor kraftvoll und entschlossen für die „Leichtigkeit des Lebens“.

Dem Lichten und dem Hellen zugewandt zu bleiben, sagt er, sei dann besonders wichtig, wenn die Zeiten dunkel scheinen. Und wer seine Werke anschaut, darf versuchen „frei zu sein, zu schweben, sich leicht zu machen, sich von allen Problemen zu entfernen, ganz allein einmal bei sich zu sein, und bei dem, was er sieht.“

Zeitgenossen Heinz Mack: „Ich wollte immer eine neue Kultur des Sehens“.

Heinz Mack vertrat Deutschland auf der Biennale in Venedig und nahm zweimal an der Documenta teil. Mittlerweile ist er 91 Jahre alt und arbeitet noch täglich in seinem Atelier. Mit scharfem Verstand und wachem Geist blickt er zurück auf das 20. Jahrhundert und auf sein Lebenswerk. Dabei bewegen ihn bis heute auch die großen politischen Themen.

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