Finn Lakeberg, Mitglied im tanzmainz Ensemble, hat sich für sein Debüt als Choreograph eine Versuchsanordnung überlegt: Die Tänzer*innen erfahren erst während der Vorstellung, welche Bewegungen sie ausführen sollen. Da die Darstellenden immer andere sind, ist jede Vorstellung Premiere und Dernière gleichzeitig.
Tänzer reagieren spontan auf Anweisungen aus dem Lautsprecher
Zwei Tänzer und eine Tänzerin bewegen sich nebeneinander auf der Bühne. Sie können einander nicht sehen, weil sie in einzelnen, von Planen getrennten Boxen tanzen. Über Lausprecher bekommen sie Anweisungen, wie sie sich bewegen sollen.
Mal sind die Anweisungen eindeutig, dann lassen sie wieder viel Raum für Interpretation. Mal hören alle drei Tänzer die Aufgaben gleichzeitig, mal nur eine oder einer.
„Was genau auf sie zukommt, wissen die Tänzerinnen und Tänzer nicht.
Einblick in die Welt der Choreographie
Das Publikum erfährt vor den Vorstellungen, welchen tänzerischen Hintergrund die Darsteller*innen haben, ob sie vom klassischen Ballett, vom Streetdance oder vom zeitgenössischen Tanz kommen. Dieser Hintergrund schimmert manchmal durch, oft aber auch nicht. „Es geht bei den Improvisationen nicht um richtig oder falsch“, sagt Finn Lakeberg. Sondern vor allem um den Zusammenhang von Sprache und Tanz.
„Der Ausgangspunkt war, zu recherchieren, wie Sprache in Bewegung umgewandelt wird. Und wie Bewegung von Sprache provoziert werden kann. Weil als Tänzer arbeiten wir ganz viel mit unterschiedlichen Choreographen, die alle sehr unterschiedliche Bewegungsanweisungen oder Arbeitsanweisungen geben. Und da wollte ich mich mit beschäftigen und so eine Kollektion zusammenstellen“, erläutert Lakeberg.
Zwischendurch soll auch das Publikum mit geschlossenen Augen überlegen, wie es selbst auf die Anweisungen reagieren, wie es zu einer bestimmten Musik tanzen würde.
Uraufführung im Rahmen des neues Festivals „Plug and Play“
Dieser Experiment-Charakter passt sehr gut zum Festival „Plug and Play“, währenddessen „The Frame“ uraufgeführt wird, sagt Chefdramaturg Jörg Vorhaben. „Plug and Play ist ein ganz neues Festival, was wir gerade gegründet haben. Und es geht darum, junge Regisseur*innen vorzustellen. Denn gerade durch Corona, die Pandemie, gab es wenig Möglichkeiten, dass sich die in den letzten zwei, drei Jahren vorstellen konnten“, sagt Vorhaben.
Für Tänzer Finn Lakeberg ist sein Festival-Beitrag ein Debüt als Choreograph. „The Frame“ soll einen kleinen Einblick geben, wie Tanztheater entstehen kann, sagt Finn Lakeberg. Und das macht „The Frame“ tatsächlich zu einem ganz besonderen Tanz-Erlebnis.
Tanz
Tanz „15 Years Alive“ – Gauthier Dance feiert am Theaterhaus Stuttgart Jubiläum
„15 Jahre am Leben“: Unter diesem Motto feiert die Dance Company des Stuttgarter Theaterhauses in diesem Jahr ihr Jubiläum. Die Company ist international als Ensemble für zeitgenössischen Tanz geschätzt.
Tanz Ein Tanzfest für alle – Pierre Rigal zeigt Uraufführung „Welcome Everybody“ am Staatstheater Mainz
In der Choreografie „Welcome Everybody“ stellt der französische Choreograf und ehemalige Hürdenläufer Pierre Rigal die einzelnen Bausteine eines Tanzstücks vor. Die Tänzer, die Kostüme, ja sogar die Scheinwerfer bekommen besondere Aufmerksamkeit. Ein Zeremonienmeister führt durch die sehr physische und herausfordernde Choreografie, bei der die Tänzer*innen auch mutig sein müssen. Ein gelungenes Tanzfest am Staatstheater Mainz.
Tanz Neue Talente und echte Legenden – „Colours“, das internationale Tanzfestival in Stuttgart
Nach dreijähriger Pause trifft sich in Stuttgart wieder die Welt des Tanzes. Neben neuen Entdeckungen aus Italien stehen auch bekannte, große Namen auf der Bühne wie das Netherland Dance Theater. Mit Mitmach-Aktionen und mit Pop-Up-Workshops bringt Festivalleiter Eric Gauthier den Tanz aber auch direkt zu den Menschen: HipHop bis Standard auf verschiedensten Stadtplätzen, sogar im Stuttgarter Zoo.
Gespräch „Die Unsichtbaren“: John Neumeier erinnert an verfolgte Tänzer im Nationalsozialismus
Deutschland war einst Zentrum für modernen Tanz - bis die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen. Von der Pionierarbeit vieler Tänzerinnen und Tänzer blieb danach nicht viel übrig, sagt der Historiker Ralf Stabel. Star-Choreograph John Neumeier erinnert nun mit seinem Tanz-Projekt „Die Unsichtbaren“ an Tanz-Pioniere wie Gret Palucca und Rudolf von Laban.
Ralf Stabel hat für Neumeier die Biografien der verfolgten Tänzerinnen und Tänzer aufgearbeitet und ist dabei bislang auf rund 300 Namen gestoßen. „Das Beschämende ist, dass es erst des Anstoßes von John Neumeier bedurfte, um diese Leben zu erforschen," sagt Stabel.
Von Ausgrenzung über Flucht und Deportation bis hin zur Ermordung reichen die Schicksale der politisch Verfolgten. Ihrer wird nicht nur mit der Inszenierung gedacht, sondern auch mit einer „Memorial Wall“, die im Foyer alle bisher recherchierten Personen zeigt. Und es dürften wohl weit mehr sein, so Stabel.
Gespräch Warum der „Moderne Tanz“ UNESCO-Weltkulturerbe werden soll
Nichts weniger als die Anerkennung des „Modernen Tanzes“ als UNESCO-Weltkulturerbe fordert einen Initiative um die Choreographin Eva Lajko. „Die Aufnahme in die Liste ist notwendig“, so Lajko im SWR2 Gespräch, denn Kunstform, Bewegungsschulung und Vermittlung des Modernen Tanz wären sonst bedroht.
Bühne Das Monster tanzt – Delattre Dance Company zeigt „Frankenstein“ in Mainz
Mary Shelleys berühmter Roman „Frankenstein“ als Stoff für ein Ballett: Der Franzose Stéphen Delattre zeigt als künstlerischer Leiter seiner Dance Company die Geschichte rund um das menschengemachte Monster in den Mainzer Kammerspielen. In seinem Werk kombiniert er klassisches Ballett auf Spitze mit Elementen des zeitgenössischen Tanzes.
tanzmainz
Bühne „Tanz ist politisch“: Honne Dohrmann, Leiter des Festivals „tanzmainz“ im Gespräch
In der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt hat gestern das tanzmainz-festival begonnen. Die vierte Ausgabe und die erste nach der Covid-Pandemie. Festivalleiter Honne Dohrmann sieht zwei aktuell zwei Haupt-Tendenzen im Programm. Mehr weibliche Choreografien und eine stärkere politische Ausrichtung der Stücke.
,,Ich glaube, die weiblichen Handschriften im Tanz, auch in den Choreographien und nicht nur auf der Bühne, werden immer mehr und immer stärker", so Dohrmann im Gespräch mit dem SWR2 Journal am Mittag. Wenn er durch die Programme schaue, merke er, dass diese weibliche Präsenz eindeutig an Bedeutung zunehme.
Zudem werde der Tanz politischer. Die Zeit der Krisen wie Covid, der Ukrainekrieg, die Klimakrise - all' das schlage sich auch in den Choreographien nieder. ,,Da, wo Choreographien schon an sozialen Themen orientiert waren, sind sie jetzt noch explizit politischer", betont Dohrmann. Das potenzielle Publikum forderte er auf, keine Berührungsängste zum Tanz zu haben. ,,Man braucht kein Spezialwissen, um Tanz toll zu finden."
Tanz Latex, Antike und Moral - Tanzmainz im Leibnizmuseum für Archäologie Mainz
„Don't touch the art piece“, „Berühren Sie nicht das Kunstwerk“, heißt das neue Tanzstück des israelischen Choreografen Roy Assaf. Mit der Choreographie „Nothing“ hatte er zuletzt einen Publikumshit gelandet. Jetzt versucht er, eine Verbindung zwischen der Antike, Latexanzügen und dem, was alles schief läuft in unserem Land, zu untersuchen. Und das im Mainzer Leibnizmuseum für Archäologie. Eine interessante Kombination.