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Italienisches Temperament mit Ruhrpott-Slang – Die Musikkabarettistin Carmela de Feo

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INTERVIEW
Mareike Gries

Ein Bühnenabend mit Carmela de Feo ist wie eine mentale Verjüngungskur. Wenn sie als La Signora ihr Publikum begeistert, es mitnimmt auf ihre temperamentvollen Streifzüge durch eine reiche Humorlandschaft voller Witz und Esprit, dann bleibt kein Auge trocken und kein Lachmuskel entspannt. Für ihre großartige Kleinkunst hat Carmela de Feo renommierte Kabarettpreise geerntet, unter anderem den Goldenen Besen in Stuttgart und den Deutschen Kleinkunstpreis in Mainz.

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Zurzeit ist Carmela de Feo mit ihrem neuen Programm „groß! blond! erfolgreich!“ auf Tour durch Deutschland und wird auch im Südwesten etliche Kleinkunstbühnen unsicher machen. Bei SWR Kultur spricht sie über ihre Kunstfigur „La Signora“ – und die Akkordeonspielerin, die sich dahinter verbirgt.

Die Preisträger des Deutschen Kleinkunstpreises 2022 in Mainz. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)
2022 wurde Carmela de Feo für ihre Bühnenfigur „La Signora“ mit dem Deutschen Kleinkunstpreis in der Kategorie Kleinkunst ausgezeichnet

Kind des Ruhrpotts mit italienischen Wurzeln

Carmela de Feo wurde 1973 in Oberhausen-Alstaden geboren, ist also ein Kind des Ruhrpotts. Aber sie hat italienische Wurzeln - ihre Eltern waren Emigranten, sogenannte „Gastarbeiter“, wie man damals sagte. Schon früh wurde sie an die Musik herangeführt, mit acht Jahren begann sie Akkordeon zu spielen und entpuppte sich als große Begabung, wie sie im Gespräch mit SWR2 erzählt. 

Mein Vater ist die letzte Generation der emigrierten Gastarbeiter und da in meiner Familie immer viel gesungen wurde, war es für ihn klar, dass die Erstgeborene Akkordeon lernt. Damit sie die italienischen Volkslieder in Oberhausen, im neuen Zuhause erklingen lassen kann.

Akkordeonspielen als Jugendliche im Ruhrgebiet – ein Parallelleben

Noch heute sind in Carmela de Feos Bühnenprogrammen ab und zu die alten neapolitanischen Volkslieder zu hören. Das Akkordeon ist ein faszinierendes Instrument mit ungeahnten klanglichen Möglichkeiten, doch in vielen Kreisen genießt es keinen so guten Ruf – Quetschkommode, Schifferklavier, asthmatischer Wurm wird es genannt. Für einen Teenager im Ruhrpott der 80er Jahre war es ganz besonders unangenehm, dazu zu stehen, sagt Carmela de Feo lachend.

Es war so peinlich, ich habe keinem erzählt, dass ich Akkordeon spielen kann. Das haben die Freunde auch nicht mitbekommen. Das war wirklich ein Parallelleben.

Schauspielerin Carmela de Feo  (Foto: Pressestelle, Harals Hoffmann)
Carmela de Feo studierte Akkordeon an der Folkwang Universität der Künste in Essen und machte sich als Interpretin hochvirtuoser Tangos einen Namen.

Vom hochvirtuosen Tango hin zum Musikkabarett

Das Akkordeon blieb Carmela de Feos geheimer, enger Begleiter. Sie spielte auf Konzerten, nahm an Wettbewerben teil – schließlich studierte sie an der renommierten Folkwang Universität der Künste in Essen und machte sich als Interpretin hochvirtuoser Tangos einen Namen. Gesucht habe sie aber immer den Kontakt zu Menschen – das Spielen im Ensemble, das Unterrichten und Weitergeben von Wissen und Freude durch das Instrument – das habe sie zutiefst erfüllt, sagt sie. Und irgendwann sei ihr dann auf der Bühne auch der Humor in die Quere gekommen.

Schauspielerin Carmela de Feo  (Foto: Pressestelle, Harals Hoffmann)
Carmela de Feo als „Signora“ im zugeknöpften schwarzen Gouvernanten-Kostüm und mit Dutt und Haarnetz.

La Signora – Dutt, Haarnetz, schwarzes Kostüm und freche Ruhrpottschnauze

Seit 1999 gab Carmela de Feo regelmäßig Konzerte mit der Sopranistin Franziska Dannheim, mit der sie auch als Tango-Comedy-Duo auftrat. Nach und nach entwickelte sie dann ganz spielerisch die Kunstfigur La Signora: italienisches Temperament im zugeknöpften schwarzen Gouvernanten-Kostüm mit Dutt und Haarnetz – gepaart mit einer frechen Ruhrpottschnauze.

In ihren Programmen fegt Carmela de Feo seit vielen Jahren als La Signora pfiffig tänzelnd und mit einem unerschöpflichen Füllhorn an Ideen über die Bühne – ihr Humor, ihre Begeisterung und ihre Fantasie scheinen endlos, immer wieder gewinnt sie ihrer Kunstfigur neue Facetten ab. Bis heute gehört das Akkordeon aber fest zu La Signora. „Das Akkordeon ist sehr wichtig für mich. Es ist quasi wie meine zweite Stimme“, so Carmela de Feo.

„Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, ich tick auch so“

Aber auch der Ruhrpott-Slang sei eine starke Stimme in La Signora und in Carmela de Feo, erzählt sie. Sehr wichtig sei ihr, diese zwei Wurzeln – die italienischen und die Oberhausener – in La Signora zu vereinen, denn sie sei eben beides.

Ich hab‘ einmal diese Sehnsucht nach Italien, die meine Eltern mir eingepflanzt haben. Und natürlich bin ich im Ruhrgebiet aufgewachsen, ich tick auch so. Und wenn jemand La Signora nicht kennt und sieht eine ältere italienische Dame vor sich, und dann macht die den Mund auf und da kommt Ruhrpott raus - das bricht auch ganz schnell das Eis.

Anfangs habe sie sich gefragt, ob sie in ihren Programmen ihren Ruhrpott-Slang besser verbergen solle. Doch als sie in Baden-Württemberg aufgetreten sei, habe sie von den Menschen dort gelernt, dass man seinen Dialekt entspannt und offen zeigen könne.

Am wertvollsten von allen Preisen: Publikumspreise

Stets pflegt „La Signora“ zu ihren Fans einen humorvollen und sehr herzlichen Kontakt, auch auf Facebook und Instagram. Diese Nähe zu anderen Menschen und das gemeinsame Teilen von Lebensfreude sind ihr großes Erfolgsgeheimnis. Gerade weil ihr das so viel bedeute, sagt Carmela de Feo, seien ihr von den vielen Preisen, die sie erhalten habe, die Publikumspreise die wertvollsten. 

Carmela de Feo - „Fachärztin für Herzschmerz“

In ihrem aktuellen Programm „groß! blond! erfolgreich!“ verspricht die „komischste Raupe in der deutschen Comedy- und Kabarettszene“ (Pressetext) eine Feier des Lebens und der italienischen Leidenschaft. Wer also für 90 Minuten einmal seine Sorgen vergessen und die Lachmuskeln wieder spüren möchte, sollte sich der „Fachärztin für Herzschmerz“ anvertrauen – dem herben Ruhrpott-Charme von La Signora kann sich nämlich niemand entziehen.

Ich möchte weiter Freude verbreiten – mehr möchte ich gar nicht erreichen. Ich war ja nie auf Erfolg aus – es ist einfach passiert.

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