Dr. Irene Klünder, Festivalleiterin

“Endlich kehrt das Festival in seine Heimat zurück - ins Kino!”

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Dr. Irene Klünder, Festivalleiterin
Dr. Irene Klünder (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Endlich ist es wieder so weit, endlich kehrt das Festival in seine Heimat zurück – ins Kino! Wir freuen uns, alle Filmbegeisterte wieder von Angesicht zu Angesicht zu begrüßen! Endlich können wir wieder in der Gemeinschaft von Freundinnen und Freunden und von Filmenthusiasten im Kinosaal mitfiebern, mitbangen, uns freuen, Erlebnisse teilen. Nach monatelanger, intensiver Vorbereitung und nach zwei digitalen Festivalausgaben zeigen wir zwischen dem 21. und 24. Juni 2022 in den Stuttgarter Innenstadtkinos Gloria und Cinema zahlreiche herausragende Dokumentarfilme, darunter alle für den Deutschen Dokumentarfilmpreis nominierten Filme in mehreren Kategorien. Glücklich sind wir, dass bei den meisten Filmen die Regisseurinnen und Regisseure im Anschluss an die Vorstellung zugegen sind, von ihren Erfahrungen erzählen und sich im Publikumsgespräch Fragen stellen.

Es ist dieses Jahr eine weitgespannte Palette großer, eindrücklicher Filme im Kino zu bewundern. Die Hauptjury hat – unter der Leitung der Jurypräsidentin und Produzentin Prof. Regina Ziegler – gemeinsam mit den Filmemachern Gero von Boehm und Prof. Aelrun Goette, der Direktorin des Landesmuseums, Dr. Astrid Pellengahr, und der Präsidentin der Hochschule für Fernsehen und Film in München, Prof. Bettina Reitz, hochkarätige Werke völlig verschiedener Machart und Thematik nominiert. Die Filme spannen einen Bogen vom Sprayer aus Zürich Harald Naegeli, über den herausragenden Lehrer Bachmann und seine Klasse, dem Kampf junger Menschen für mehr soziale Gerechtigkeit und Demokratie bis zum meistverkauften Möbelstück aller Zeiten – dem Monobloc. Auch die Musikjury – besetzt mit der diesjährigen Deutschen Jazzpreis-Gewinnerin Prof. Fola Dada, mit dem Leiter der Hymnus-Chorknaben Rainer Homburg und mit Campino von den Toten Hosen – hat eine breite Film-Auswahl getroffen. Die für den Deutschen Dokumentarfilmpreis in der Kategorie Musik nominierten Filme spannen sich von Richard Wagner, über Rosenstolz bis hin zu DJ und Electro-Produzent Matthew Herbert.

Beschäftigen sich demnach die nominierten Filme mit ganz unterschiedlichen Themen, widmen sich die Filme in der Reihe Außerhalb der Konkurrenz dem Menschen als Teil der Natur. Die Schönheit der Natur, ihre unglaubliche Bedeutung für diese Welt und der mangelnde Respekt der Menschen gegenüber der Umwelt werden sowohl in Wer wir waren, Die Wand der Schatten, Der Wilde Wald als auch in Aware – Reise in das Bewusstsein thematisiert. Zeigt Der Wilde Wald atemberaubend schöne Naturaufnahmen des Bayerischen Waldes und stellt die spannende Frage nach der Beziehung zwischen Mensch und Wald, hält Wer wir waren menschengemachte grundlegende Denkanstöße bereit. Aware – Reise in das Bewusstsein wiederum fragt danach: Woraus besteht die bewusste Erfahrung, in der wir leben, wie können wir uns unseres Bewusstseins bewusst sein? Letztendlich widmen sich all diese Filme dem Leben in dessen Schönheit und Komplexität.

Die Reihe Wir in der Welt nimmt damit die Motive des Menschseins und der Natur auf und schlägt zugleich eine Brücke zur Retrospektive Werner Herzog. Denn auch der diesjährige Ehrenpreisträger des Deutschen Dokumentarfilmpreises, Werner Herzog, hat sich immer wieder mit der Faszination für die Natur und ihre Bedeutung für den Menschen auseinandergesetzt. Allein bei ihm kommt meist noch eine weitere Dimension hinzu. Wie in dem Film der Retrospektive The White Diamond, der vordergründig die Erforschung der Baumkronen in den Regenwäldern mithilfe eines Luftschiffes thematisiert. In der Tiefe des Films geht es aber weitaus stärker um das Seelendrama des Ingenieurs Graham Dorrington und um die Frage nach Schuld. Wir freuen uns hier den Kameramann des Films, Klaus Scheurich, zum Publikumsgespräch begrüßen zu dürfen. Was es bedeutet, sich seiner Umwelt bewusst zu sein, greift auch Werner Herzogs Werk Land des Schweigens und der Dunkelheit auf. Dieser Film erzählt von taubblinden Menschen und fragt auch – wie gestaltet sich Bewusstsein für Menschen mit diesem Schicksal? Ein weiteres Werk in der Retrospektive ist der berühmte Film Mein liebster Feind. Es ist ein Film, der nach 23 Jahren immer noch fesselt und zugleich sich neu erschließt. Mein liebster Feind ist damit ein Klassiker, da er mit den Jahren nicht in den Zeitläuften entschwindet, sondern in der Gegenwart wie auch in der Zukunft zu einer neuen Rezeption und zu neuen Diskussionen anregt. Es ist ein Film, der immer wieder neu gesehen und neu erfahren werden will.

In der Reihe Der besondere Film schließen wir mit Das perfekte Schwarz wieder an die Reihe Wir in der Welt an. Sechs Menschen offenbaren ihre Suche und ihre eigene Interpretation vom perfekten Schwarz. So gibt es in den Tiefen unserer Ozeane, dort wo kein Licht hinfällt, Leben, das selbst mit Fluoreszenz das Dunkel erhellt. Im Weltraum ist überall das Echo des Urknalls. Wo also gibt es das perfekte Schwarz und was ist es? Und wo kann man besser darüber nachdenken als im Kino – in einer dunklen Höhle, die uns vor dem Draußen beschützt?

Ein weiterer Schwarz-Weiß-Film in dieser Reihe ist unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine besonders bewegend. Das imposante Kunstwerk This Rain Will Never Stop erzählt die Geschichte des 20-jährigen Andriy, Sohn kurdisch-syrisch-ukrainischer Eltern, die bereits kurz nach seiner Geburt mit ihm aus Syrien in die Ost-Ukraine flüchten. Dort sieht sich Andriy viele Jahre später als junger Mann erneut mit einem Krieg konfrontiert. Die Unsicherheit und Zerrissenheit eines solchen vom Krieg geprägten Lebens wird hier nahezu körperlich spürbar.

Premiere in Stuttgart feiert der diesjährige Preisträger des Publikumspreises der Berlinale Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod in Anwesenheit des Regisseurs Cem Kaya. Es ist ein Film über die Musikgeschichte türkischer sogenannter Gastarbeiter in Deutschland, erzählt durch abwechslungsreiches und berührendes Archivmaterial.

Besonders freuen wir uns, als Gast den international gefeierten Ausnahmetänzer und Stuttgarter Solotänzer Friedemann Vogel beim SWR Doku Festival begrüßen zu dürfen. Als Film wird mit Friedemann Vogel – Verkörperung des Tanzes das einstündige einfühlsame Porträt des Kammertänzers des Stuttgarter Balletts gezeigt, das mit wunderbaren Tanzaufnahmen und intimen Einblicken in die Tanzwelt besticht. Im Anschluss ist der berühmte Tänzer wie auch die Regisseurin Katja Trautwein vor Ort im Gespräch mit Thomas Aders, der ein Buch über John Cranko verfasst hat.

Damit auch junge Menschen einen leichten Zugang zu dokumentarischen Bildern finden, gibt es beim SWR Doku Festival die Doku Klasse. Nach zwei Corona-Jahren freuen wir uns, endlich wieder Schulklassen im Kino begrüßen zu dürfen. Die Doku Klasse bietet Lehrer:innen und ihren Schüler:innen die Möglichkeit, die Faszination des filmischen Erzählens zu entdecken, das Spannungsfeld von Realität und Fiktion zu diskutieren und sich bewegenden Themen und Fragen anzunähern. Weitere Angebote finden sich zudem im Netz mit Online-Workshops.

Mit all den wunderbaren Filmen und weiteren Angeboten wird das SWR Doku Festival ein Ort, der alle einlädt, auf andere Gedanken zu kommen, Neues zu entdecken, Sehn- und Sehsüchte zu erleben.

Ich bedanke mich bei allen, die ihre Filme eingereicht haben, allen Förderern des Festivals, allen Kooperationspartnern, die das möglich machen und den Mitgliedern der Jurys. Stöbern Sie in unserem Programmheft und lassen Sie sich ins Kino fallen mit Filmen, die für die große Leinwand geschaffen wurden.

Das Kino lebt!
Willkommen zum Festival!

Dr. Irene Klünder
Festivalleiterin

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