Shiba kündigte nach Mathe-Studium sicheren Job in IT-Branche, um Foodbloggerin zu werden

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Martika Baumert
Porträt Martika Baumert (Foto: SWR)

Ich bin arbeiten gegangen, aber habe dann echt früh gemerkt, dass es echt scheiße ist. Du sitzt im Büro und machst nichts, das mit Mathe zu tun hat. Aber ich hätte nie gesagt: Ich kündige meinen Job, weil der war ja die ganze Zeit mein Ziel.  

Eine bessere Zukunft und gute Bildung für die Töchter  

Als Shiba ein Kind ist, zieht ihre Familie nach Deutschland. „Mein Vater ist hier hergekommen, weil er ein besseres Leben haben wollte und dass seine Kinder eine bessere Zukunft haben. In Pakistan kann nicht jeder zur Schule gehen und studieren, besonders nicht Frauen. Und ich habe fünf Schwestern. Deshalb war meinem Vater unsere Bildung sehr wichtig. Da hat er schon Druck gemacht. Er hatte diesen Traum von einem sauberen Büro, wo die Töchter am PC sitzen – auch weil er das nicht hatte. Und das wurde zu meinem Traum.” 

An der Mathematik liebe ich, dass es oft am Anfang so chaotisch und kompliziert wirkt. Und man das Chaos mit Ruhe sortieren kann, in eine saubere Struktur, die einfach logisch ist. Und diese Erfolgserlebnisse finde ich toll an der Mathematik.  

Lieblingsfach Mathe? 

Dabei war Shiba nicht immer so gut in Mathe. Als sie auf das technische Gymnasium wechselt, sagen alle: „‚Mathe könnt ihr vergessen. Herr Blickle ist so ein strenger Mathe-Lehrer!‘ Ich habe diesen Satz in meinem Kopf gespeichert und habe mich gar nicht bemüht. Ich habe dann eine 4 oder 5 geschrieben. Aber irgendwie hatten alle eine 4 oder 5. Und ich habe gedacht, wenn ich Mathe jemand eine 1 oder eine 2 schreibt, ist er ein Genie. Erst in der 12. Klasse, als die Prüfungen näher gerückt sind, weiß ich noch, wie ich in meinem Zimmer saß und gesagt habe: Ich muss das jetzt verstehen! Das war Analysis und ich habe ewig versucht, diese Aufgaben zu lösen. Dann habe ich zwei, drei Übungen gelöst. Und dann guckst du so im Ergebnis und denkst: Das war richtig! Danach habe ich, glaube, bis nachts um zwei einfach Aufgaben gelöst, weil ich es verstanden habe. Da hat es einfach Klick gemacht. Aber ich bin richtig schlecht im Auswendiglernen. Vokabeln ging bei mir einfach nicht. Ich habe immer so viel Zeit investiert, um die Englisch Vokabeln zu lernen. Aber am nächsten Tag war in meinem Gehirn ein schwarzes Loch. Aber bei Mathematik, wenn du es verstanden hast, das kann dir keiner mehr wegnehmen! Für mich war es einfach logisch. Aber ich weiß, dass es nicht jeder so empfindet.” 

Shibas Ziel nach dem Studium: Ein sicherer und gut bezahlter Job 

Nach dem Abitur entscheidet sich Shiba, Mathe zu studieren. „Weil es das Fach war, in dem ich gut war. Und weil ich wusste, danach bekomme ich zu 100 % einen richtig gut bezahlten Job – obwohl ich schon wusste, dass ich eigentlich ein kreativer Mensch bin.” 

Zum Studium zieht Shiba von Zuhause aus. „Und ich habe immer gekocht, alle Mitbewohner eingeladen. Während der Studienzeit kannten mich alle: Wenn man Hunger hat, kommt man zu mir – egal zu welcher Uhrzeit.”  

Zu wenig Mathe und zu wenig Kreativität 

Nach dem Studium bekommt Shiba einen gut bezahlten Job in der IT-Branche. Doch sie spürt schnell, dass ihr ihr Job nicht gefällt. „Ich habe was mit Daten gemacht, es war stinklangweilig. Man sitzt nur am Rechner, hat kaum soziale Kontakte. Der ganze Lifestyle hat mich nicht zufrieden gemacht.” Doch darüber spricht Shiba zunächst mit niemandem.  

Kochen in der Elternzeit 

Dann wird sie schwanger. In ihrer Elternzeit hat sie auch wieder Zeit für ihr Hobby: Kochen. Nach und nach entwickelt sich ihr Foodblog und gegen Ende ihrer Elternzeit erfüllt sie sich einen großen Traum und schreibt ein Kochbuch.  

Ehemann als wichtigste Unterstützung 

Trotzdem geht sie nach fünf Jahren Elternzeit wieder zurück in den alten Job. „Wegen des Gelds”, gesteht sie. „Damals hätte ich von meinem Blog nicht leben können. Aber mein Herz war die ganze Zeit bei meinem Blog, bei meinen Büchern. Ich war wie gefangen in meinem Job von Montag bis Freitag. Ich hatte wieder Einkommen, aber der Job hat sich angefühlt wie eine Zeitverschwendung.” Drei bis vier Monate arbeitet Shiba im alten Job. Doch ihr Mann stärkt ihr den Rücken. „Er meinte: ‚Shiba ich sehe, wie du in deinem Blog aufgehst. Trau dich und kündige den Job! Egal, wenn das Geld dann fehlt.‘ Mein Mann stand immer hinter mir und da bin ich ihm echt dankbar!”  

Stolze Eltern 

Shibas Vater ist zunächst misstrauisch, dass sich seine Tochter selbstständig machen will. Aber: „Heute zeigt er ganz stolz meine Kochbücher. Und meine Mama ist ganz stolz! Sie kocht auch sehr gerne und liebt Essen. Ich habe das alles von ihr.” 

Shiba kocht auf Twitch 

Übrigens: Shiba kocht jeden Donnerstagabend um 18 Uhr live auf Twitch unter twitch.tv/shibakocht. Alle Infos dazu findest du hier:

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