Boeing startet den ersten bemannten Starliner-Flug in Richtung ISS.

Raumfahrt

Warum hebt Boeings Starliner immer noch nicht ab?

Stand
AUTOR/IN
Uwe Gradwohl
Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell.
David Beck
Bild von David Beck, Reporter und Redakteur SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Impuls.
ONLINEFASSUNG
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Der Start des Starliners von Boeing wurde wegen Sicherheitsproblemen mehrmals verschoben. Es sollte der erste bemannte Flug zur ISS werden.

Audio herunterladen (5,6 MB | MP3)

Der Start des Starliner-Raumschiffs zur ISS wurde bereits zum dritten Mal verschoben. Der Grund ist dieses Mal ein Helium-Leck an einem der Lageregelungstriebwerke. Diese Triebwerke braucht der Starliner, um sich in der Schwerelosigkeit auszurichten. Das ist vor allem beim Andocken an die Raumstation wichtig – und beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, dass man da die Kontrolle über die Flugbahn der Kapsel durch die Atmosphäre hat.

Das Triebwerk, um das es geht, ist allerdings gar nicht am Starliner selbst, sondern am Service-Modul, das vor dem Wiedereintritt abgekoppelt wird. Weil diese Triebwerke aber für diese kritischen Phasen des Fluges wichtig sind, gehören sie zu den Komponenten, bei denen man besonders vorsichtig ist.

Frühestens am 25. Mai am Abend (unserer Zeit) ist jetzt der nächste Start geplant, wenn das Problem mit dem Leck gelöst ist und nicht wieder weitere Probleme auftreten.

Wenigstens gibt es im All keine Marder, die an der Heliumleitung rumnagen. 

Erste Startversuche des Starliners von Pannen begleitet

Beim Erstflug ohne Besatzung im Dezember 2019 verhinderten Probleme mit der Bord-Software, dass der Starliner überhaupt sein Ziel, die Internationale Raumstation ISS, erreichen konnte. Knapp eineinhalb Jahre später wurde der zweite Versuch die ISS zu erreichen sogar noch vor dem Start abgebrochen. In der feuchten Luft Floridas waren Ventile in den Treibstoffleitungen des Raumschiffs korrodiert und klemmten.

Erst im dritten Anlauf erreichte der Starliner im Mai 2022 die ISS. Aber noch ohne Besatzung. Der Erstflug mit Personal an Bord war schon fast terminiert – dann aber wieder Monate Verzögerung: Das Glasfaser-Tape, mit dem elektrische Leitungen im Starliner zu Bündeln zusammengeklebt wurden, hatte sich als brennbar erwiesen – in den Datenbanken der Raumfahrtingenieure war das nicht eindeutig vermerkt.

Sie hatten das Tape guten Gewissens kilometerweise in der Kapsel verklebt, jetzt musste es wieder raus. Und die Halterungen der Fallschirme mussten auch noch verstärkt werden, um eine Rückkehr auch dann gefahrlos überstehen zu können, wenn sich nur zwei statt drei Fallschirme öffnen sollten.

Boeing startet den ersten bemannten Starliner-Flug in Richtung ISS.
Boeing startet den ersten bemannten Starliner-Flug in Richtung ISS.

Starliner sollte zum ersten Mal mit Besatzung starten - mit rund sieben Jahren Verzögerung

Nach all diesen Verzögerungen sollte Boeings Starliner nun zum ersten Mal mit Besatzung starten, mit insgesamt sieben Jahren Verspätung gegenüber dem ursprünglichen Projektplan. Gelänge dieser Flug ohne größere Probleme, dann besäße Boeing neben SpaceX als zweites Unternehmen die Lizenz für den Transport von Raumfahrtpersonal zur ISS - mit geschätzt 50 bis 60 Millionen Dollar pro Passagier ein einträgliches Geschäft.

Entwicklungskosten des Starliners höher als geplant

Doch ob Boeing mit diesen beeindruckenden Ticketpreisen jemals Gewinn mit dem Starliner einfahren wird, ist offen. Die NASA hat für die Entwicklung des Starliners mit Boeing einen Festpreis von fünf Milliarden Dollar vereinbart – durch die vielen Pannen und Verzögerungen sind bei Boeing aber mehr als sechs Milliarden Dollar Kosten aufgelaufen. Für die NASA stand trotz aller Schwierigkeiten ein Abbruch des Projekts nie zur Diskussion.

Sie hat ihr kommerzielles Raumschiffprogramm vor mehr als zehn Jahren gestartet, um eines Tages nicht mehr nur auf einen Raumschifftypen von einem Hersteller angewiesen zu sein. Obwohl SpaceX bislang zuverlässig im halbjährlichen Takt neue Besatzungen zur ISS bringt, wäre aus Sicht der NASA eine Aufteilung dieses Geschäfts auf zwei Unternehmen sinnvoll.

Zu frisch sind noch die Erinnerungen an jene Jahre, in denen die USA, wegen der nicht nutzbaren Shuttle, gar keine eigenen Raumschiffe für den Transport von Männern und Frauen zur ISS hatten und sich entsprechende Fluggelegenheiten bei der russischen Raumfahrtbehörde einkaufen musste.

Bei den ersten Testflügen des Starliner-Raumschiffs war noch die Puppe "Rosie" mit an Bord.
Bei den ersten Testflügen des Starliner-Raumschiffs war noch die Puppe "Rosie" mit an Bord.

Mehr zum Thema

Raumfahrt Antrieb mit Kerzenwachs: HyImpulse-Rakete erfolgreich abgehoben

Erstmals gelingt einem deutschen Unternehmen der Start eine kommerziell nutzbaren Trägerrakete. Das Besondere: Die Rakete von HyImpulse wird mit Kerzenwachs angetrieben.

Raumfahrt Deshalb fliegt Matthias Maurer nicht mit dem Starliner zur ISS

Während der Astronaut Matthias Maurer am Donnerstag, dem 11. November, an Bord eines SpaceX-Raumschiffs zur ISS startet, bleibt Boeings Starliner am Boden.