Niederländische Studie zeigt Einfluss von Biontech-Impfstoff auf angeborene Immmunantwort
Die Preprint-Studie eines niederländisch-deutschen Forscherteams hat untersucht, ob der BNT162b2-Impfstoff von Biontech/Pfizer auch Effekte auf angeborene Immunantworten gegen verschiedene virale, bakterielle und pilzliche Stimuli haben kann. Das wurde an einer recht kleinen Probandengruppe mittleren Alters und guter Gesundheit getestet. Die Studie ist auch noch nicht gegengeprüft worden.
Die Studienautorinnen sagen, dass der Biontech-Impfstoff die gewünschte Wirkung des angeborenen Immunsystem gegenüber Sars-Cov-2 zeigt, aber auch eine Wirkung gegenüber einigen anderen Viren, Pilzen und Bakterien. Doch diese Reaktion der angeborenen Immunzellen auf andere Stimuli ist minimal.

Impfstoff beeinflusst das Immunsystem nicht generell
Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Christine Falk erklärt das so:
"Es kann sein, dass deren Funktion dadurch ein bisschen verändert wird und dass sozusagen die Stärke der Reaktion auf andere Bakterien oder andere Infektionen durchaus mit verändert wird. Also man kann es messen, aber es ist jetzt keine generelle Beeinflussung des Immunsystems."
Trotzdem wird die Studie nun häufig fehlinterpretiert. Befeuert wird das durch Äußerungen des Virologen Alexander Kekulé im MDR-Podcast. Kekulé sagt:
„Es ist wohl so, dass durch die Impfung Abwehrmechanismen gegen bestimmte Viren und Bakterien gebremst werden. Das heißt, ich impfe gegen Sars-Cov-2 und es gibt eine Aktivierung der Antwort auf das neue Virus. Parallel aber wird die Antwort auf andere Viren gebremst. Gegen diese andere Viren ist man dann weniger gut immun.“

Angeborene Immunantwort wird durch Impfstoff nur geringfügig beeinflusst
Die Immunologin Christine Falk sieht das anders. Sie erklärt, dass das angeborene Immunsystem – also vor allem die Makrophagen – durch die Impfung trainiert wird. Das sei aber keinesfalls eine komplexe Umprogrammierung der angeborenen Immunantwort, nur eine geringfügige Beeinflussung.
Und Falk stellt klar, dass sich die niederländischen Studie auch nur und ausschließlich auf unser angeborenes Immunsystem bezieht. Daneben gibt es aber auch noch die erworbene, spezifische Immunabwehr, zu der die T- und B-Zellen gehören und die unter anderem Antikörper produzieren. Das heißt, in der Studie wurde nur ein kleiner Teil der gesamten Immunantwort beobachtet.
"Das heißt, man darf jetzt nicht aus dieser Makrophagen-Sicht auf das gesamte Immunsystem schließen."

Makrophagen müssen auf Impfung reagieren
Denn das angeborene Immunsystem ist ein kleines Rädchen in einem Riesenkomplex von Immunreaktionen – sagt Christine Falk. Das angeborene Immunsystem sei wichtig, um eine gewünschte Immunreaktion zunächst anzustoßen. Denn zuallererst müssen die angeborenen Immunzellen – die Makrophagen – auf eine Impfung reagieren. Und dass sie auf den Impfstoff trainiert werden, diesen Mini-Effekt weist die niederländische Studie nach. Wichtig ist dabei:
"Die Auswirkungen auf die generelle Fähigkeit eines Menschen, auf einen Impfstoff zu reagieren, ist damit in keinster Weise in Frage gestellt. Und es erklärt auch niemals die Frage, ob man jetzt, wenn man gleichzeitig gegen Influenza geimpft wird, dann weniger Impfantwort hat. Das ist extrem unwahrscheinlich bis gar nicht der Fall, weil die haben die ganze Welt der T-Zellen und der B-Zellen. Und die reagieren so, wie sie immer sollen."

Immunsystem kann durch Covid-19 Infektion nachhaltig geschädigt werden
Für weitaus problematischer hält die Immunologin Christine Falk, dass das Immunsystem durch eine Covid-19- Infektion tatsächlich nachhaltig geschädigt werden kann. Ihr Fachbereich an der medizinischen Hochschule Hannover bereitet dazu gerade die Publikation einer Studie vor. Wenn man sich infiziert und einen schweren Verlauf hat, dann bildet das Immunsystem häufig zu viele Gedächtniszellen. Die Gefahr bei einer echten Infektion und schwerem Verlauf bestünde darin, dass man dann tatsächlich nicht mehr so gut gegen andere Dinge reagieren könne.
"Ganz schlicht weil das Immunsystem so stark in Richtung SARS CoV 2-Virus getrieben wurde, dass viele andere Dinge da nicht mehr Platz haben. Das könnte bei den Infizierten ein nachhaltiges Problem sein."