Heidelberger Astronomen entdecken Bausteine der Milchstraße. (Foto: IMAGO, IMAGO/Westend61/Christian Zappel)

Astronomie

Heidelberger Astronomen entdecken früheste Bausteine der Milchstraße

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Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Astronomen vom MPI für Astronomie in Heidelberg haben zwei der frühesten Bausteine der Milchstraße identifiziert. Bei den „Shakti“ und „Shiva“ genannten Gebilden dürfte es sich um Überreste zweier Galaxien handeln, die vor 12 bis 13 Milliarden Jahren mit einer frühen Version der Milchstraße verschmolzen und so zum frühen Wachstum unserer Heimatgalaxie beitrugen.

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Heidelberger Astronomen könnte es gelungen sein, zwei Schwärme sehr alter Sterne in der Milchstraße zu finden. Wären die Astronomen keine Astronomen, sondern Stadtarchäologen, könnte man sagen, sie haben die ersten Häuser aus der Gründungszeit einer heute großen Stadt gefunden. Denn auch die Milchstraße war nicht immer so groß und prächtig wie heute. Aber ihre ältesten sozusagen "Milchstraßen-Stadtteile" heute noch zu bestimmen – das ist superschwer.

Rund 400 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße

Denn in der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, befinden sich heute geschätzt bis zu 400 Milliarden Sterne, darunter auch die Sonne mit ihren Planeten. Die Milchstraße hat aber mal als kleine Galaxie angefangen.

Die erste kleine Mini-Milchstraße ist auf raffinierte Art und Weise gewachsen: Galaxien ziehen sich durch ihre Gravitation gegenseitig an. Sie kommen sich näher, begegnen sich und ihre Sterne vermischen sich. Durch solche Vermischungen mit anderen Galaxien ist die Milchstraße heute richtig groß, aber in ihrem Sterngewusel erkennen zu wollen, welcher Stern ursprünglich mal zu welcher Gruppe gehört hat – unmöglich. Bis vor Kurzem jedenfalls.

Mit Hilfe von Satelliten, Spezial-Teleskopen und moderner Software gelingt es immer besser, die Sterne der Milchstraße nach ihrer Herkunft zu sortieren – und das Heidelberger MPI für Astronomie ist da ganz vorne mit dabei.

Um die fast unlösbare Aufgabe doch zu lösen, nutzten die Forschenden aus Heidelberg exakte Daten über die Bewegung der Sterne und über ihr Alter. Bewegungsdaten der Sterne liefert seit knapp zehn Jahren ein darauf spezialisierter europäischer Astronomie-Satellit – ein riesiger Datenberg.

Der ESA-Astrometrie-Satellit Gaia bietet einen riesigen Datensatz mit Positionen, Positionsänderungen und Entfernungen für rund 1,5 Milliarden Sterne in unserer Galaxie. (Foto: Pressestelle, ESA)
Der ESA-Astrometrie-Satellit Gaia bietet einen riesigen Datensatz mit Positionen, Positionsänderungen und Entfernungen für rund 1,5 Milliarden Sterne in unserer Galaxie.

Licht verrät Alter der Sterne

Ihr Alter verraten die Sterne durch ihr Licht. Denn jede Sterngeneration im All hat eine bestimmte chemische Zusammensetzung und die wiederum lässt sich am Sternenlicht ablesen. Mit Spezialteleskopen wurde in den vergangenen 20 Jahren ein weiterer Riesendatenberg für diese Lichtanalysen zusammengetragen.

Uraltes Sternengewusel muss noch weiter erforscht werden

Also: Stern-Bewegung betrachtet, Sternen-Licht analysiert und dann war tatsächlich zu erkennen, dass in das Gewusel der Milchstraße zwei Gruppen von Sternen eingemixt sind, die schon in den Urzeiten zu ihr gestoßen sein müssen. Alles deutet darauf hin, aber wie das in der Forschung so ist, müssen weitere Untersuchungen folgen, um diesen Befund noch weiter zu erhärten.

Zu sehen ist der Orionnebel Messier 42 (Foto: IMAGO,  IMAGO/Christian Grube)
Zu sehen ist hier der große Orionnebel Messier 42, der zur Milchstraße gehört. Sie besteht aus Milliarden von Sternen. Bei deren Beobachtung fallen riesige Datenmengen an, die erst ausgewertet werden müssen.

Die gefundenen Sternschwärme könnten jedenfalls verantwortlich dafür sein, dass die Mini-Milchstraße erst richtig wachsen konnte. Ein Forschungsergebnis, das sich so simpel anhört – dem aber jahrzehntelange Datensammlung voranging und das ohne die in jüngster Zeit erfolgten, enormen Techniksprünge bei der Verarbeitung von riesigen Datenmengen undenkbar gewesen wäre.

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