Biologie

Warum schlafen wir nicht mit offenen Augen?

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Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Augen immer feucht halten

Fische schlafen mit offenen Augen und genau das führt zu einer ersten Erklärung. Denn was ist der Unterschied zwischen den Fischen und uns? Sie leben im Wasser. Wir nicht. Das merken wir auch tagsüber: Wir müssen regelmäßig blinzeln, um unsere Hornhaut zu befeuchten, sodass sie nicht austrocknet und sich entzündet. Fische müssen das logischerweise nicht, denn deren Augen sind ja die ganze Zeit feucht. Das Gleiche gilt natürlich nachts: Würden wir Menschen mit offenen Augen schlafen, müssten wir im Schlaf weiterhin ständig blinzeln. Das wäre ziemlich lästig.

Theoretisch hätte die Natur das nun aber doch so einrichten können, dass das Blinzeln genau wie tagsüber automatisch weitergeht – so wie wir ja auch weiter atmen und das Herz weiter schlägt. Es gibt also wohl noch weitere Gründe, weshalb wir die Augen schließen. Der Schlafmediziner Jürgen Zulley – der auch schon bei 1000 Antworten von SWR2 zu Gast war – hat mir drei weitere Gründe genannt:

Keine Ruhe: Mit offenen Augen reagieren wir automatisch auf Reize

Solange wir die Augen offen halten, reagieren wir auch automatisch auf äußere Reize. Wenn sich etwas in unserem Blickfeld bewegt, gucken wir hin und können nicht abschalten.

... das kennen wir ja vom nächtlichen Zappen vor dem Fernseher ...

Genau. Beim Fernsehzappen bleibt man immer viel länger wach, als wenn man sich einfach hinlegen würde, denn ständig bewegt sich was, ständig gibt es neue Reize. Wenn wir dagegen die Augen schließen, schalten wir all diese optischen Reize ab.

Geschlossene Augen schützen im Schlaf vor Fremdkörpern

Außerdem schützen wir unsere Augen im Schlaf vor Fremdkörpern, wenn wir sie mit den Augenlidern verdecken. Es ist ja tagsüber so: Wenn uns etwas in die Augen zu fliegen droht, schließen wir sie auch automatisch; das ist ein ganz wichtiger Reflex. Dieser Lidreflex funktioniert aber nachts nicht, deshalb schützen wir die Augen nachts, indem wir sie gleich auf Dauer schließen. Unsere frühen Vorfahren haben ja noch nicht in gemütlichen Zimmern geschlafen, sondern irgendwo draußen. Da weht der Wind, da fliegen Sand und Staub und anderes Zeug herum, was in die Augen gelangen kann – auch davor schützen Augenlider.

Schlafhormon Melatonin wird im Dunkeln gebildet

Und dann gibt es noch eine weitere Erklärung: Wir brauchen vor allem für den Tiefschlaf ein bestimmtes Hormon, nämlich das Melatonin. Dieses Melatonin wird vor allem in der Zirbeldrüse, aber auch in der Netzhaut des Auges gebildet, und zwar dann, wenn es dunkel ist. Wenn es hell ist, wird die Ausschüttung von Melatonin unterdrückt. Licht ist einfach der wichtigste Störreiz beim Schlafen. Und wenn wir die Augen schließen, dann kann der Körper in Ruhe sein Schlafhormon produzieren.

4 Gründe, warum wir die Augen schließen

  • Wir halten die Hornhaut feucht
  • Wir schützen sie vor Fremdkörpern
  • Wir schalten äußere Reize ab
  • Wir sorgen dafür, dass sich Melatonin bildet

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