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Im Gespräch mit Harald Schmidt: Vom Organisten zum Entertainer

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Autor/in
Clemens Zoch
Clemens Zoch, Autor und Redakteur, SWR Kultur
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Dominic Konrad

Intelligent, mit Sprachwitz und Spiellaune: Harald Schmidt jongliert mit Genres, Erwartungen und Rollen – ob als „Late-Night-Präsident“ im TV oder als Schauspieler und Regisseur am Theater. Weniger bekannt ist: Schmidt ist auch ausgebildeter Organist und Kirchenmusiker. Die Musik war immer seine große Leidenschaft, erzählt Harald Schmidt im Gespräch mit SWR Kultur.

Klavier lernen für den sozialen Aufstieg

Hat klassische Musik in Harald Schmidts Elternhaus eine Rolle gespielt? Ja, sagt der Schauspieler und Entertainer. „Die Abgrenzung durch klassische Musik“ sei ja ein ganz wichtiges Element gewesen: „Also ich sitze in einem Konzert in irgendeiner Philharmonie und sage: ich höre die bessere Musik.“

Und ich sollte Klavier lernen, weil das vor allem aus Sicht meines Vaters zum Portfolio gehörte

Harald Schmidts Expedition in die Heimat

Falsche Töne wurden zur Avantgarde erklärt

Schmidts Klavierlehrer war evangelischer Kirchenmusikdirektor in Nürtingen. Dieser setzte seinen Schüler auch an die Orgel. Um üben zu dürfen, musste er sich verpflichten, in den Gottesdiensten zu spielen. Für Schmidt war das nicht immer einfach: „Ich war merkwürdigerweise unglaublich aufgeregt, wenn ich Orgel spielen musste, und spielte auch bei so etwas wie ‚Großer Gott wir loben dich‘ falsch“, erinnert sich der ehemalige Kirchenmusiker.

Doch seine musikalischen Unzulänglichkeiten wusste der heutige Entertainer immerhin gut zu verkaufen: „Ich hab dann mit der Zeit angefangen, die falschen Töne liegen zu lassen, um den Eindruck zu erwecken, ich würde besonders progressiv harmonisieren. Als würde ich mich von Tonika, Subdominante, Dominante und so weiter freimachen.“

Ich war aber sehr, sehr schlecht. Muss ich wirklich sagen.

Das habe ganz gut funktioniert, weil die Leute dann gesagt hätten: „Harald machte diese Ausbildung an der Kirchenmusikschule, das hört man. Also für uns teilweise nicht einfach mitzusingen, aber schon interessant.“ Das Krachmachen habe er im Tutti geübt, auch Fastenzeit-Choräle oder Vorspiele zu Bach-Chorälen. „Sehr zum Leidwesen des Messners, der parallel unten den Steinboden gebohnert hat“, erinnert sich Schmidt.

Die Musikausbildung half später dem Schauspieler Harald Schmidt

Trotz aller Schwierigkeiten hat Schmidt an der Kirchenmusikschule den berühmten C-Schein für Organisten gemacht, der ihn zum nebenberuflichen Dienst als Organist und Chorleiter befähigt.

Es habe da drei Typen von Studierenden gegeben: Die „Vollstreber“, zu denen sich Schmidt selbst zählte, die „Desperate Housewives“, laut Schmidt „unglaublich ehrgeizige Hausfrauen, die sich beinahe die Fußnägel ruinierten bei schweren Präludien“ und die „Überflieger“.

Harald Schmidt faltet die Hände während einer Diskussionsveranstaltung.
Auch zehn Jahre nach dem Ende der „Harald Schmidt Show“ (zuletzt 2014 bei Sky) ist der Moderator und Schauspieler nach wie vor eine gefragte Größe in der deutschen Fernseh- und Kulturlandschaft.

Letztere hätten die Ausbildung als Vorbereitung für das Studium an der Musikhochschule gemacht. Die seien schon bei der Aufnahmeprüfung um Klassen besser gewesen als er selbst beim Abschluss. Sie hätten vom Blatt transponieren können oder „einfach mal aus Gag solche Bach-Inventionen einen Halbton höher“ gespielt.

Aber die Ausbildung habe ihm später als Schauspieler sehr geholfen: „Diese alte Sache: ‚Du sach mal, das war doch gestern tiefer oder so‘ – Das konnte mir nicht passieren, denn ich kannte halt die Tonarten.“

Harald Schmidt zu Gast im Nachtcafé

Musik spielen? Ja, aber niemals in der Öffentlichkeit

Ob er mal überlegt hat, Musik zum Beruf zu machen? „Nein“, antwortet Harald Schmidt ehrlich, „weil ich wirklich sah, was die anderen können.“ Er sei in seinem weiteren Berufsleben so unfassbaren Könnerinnen und Könnern begegnet.

Also, bei allem Hang zum Größenwahn – Ich habe dann doch so ein Gen, was dann sagt: Nee, kannst du nicht.

Eine tiefe Bewunderung hege er für Korrepetitorinnen und Korrepetitoren, verrät der Entertainer: Die kämen da teilweise mit der Discounter-Plastiktüte und spielten im Anorak zwei Stunden Wagner-Oper, ohne dass er einen Fehler höre.

Das sei für ihn faszinierend, so Schmidt. Diese Leute wüssten oft gar nicht, was sie können, und so ein Top-Pianist, der zahle ja auch einen Preis für dieses Können.

Hört Harald Schmidt heute lieber Musik als dass er sie macht? „Ich mache schon Musik“, verrät Schmidt, „aber zu Hause, immer dasselbe, aber niemals in der Öffentlichkeit. Auch nicht für einen guten Zweck.

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