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Weltweit größter Klassik-Wettbewerb

Talentschmiede und Sprungbrett in die Klassik-Karriere: der ARD-Musikwettbewerb

Stand
Autor/in
Sebastian Kiefl

Heinz Holliger, Thomas Quasthoff und das Artemis Quartett sind nur einige der Namen, die Klassik-Fans aufhorchen lassen. Sie alle haben gemeinsam, den ersten Preis beim ARD-Musikwettbewerb gewonnen zu haben. Doch ein Blick auf die komplette Liste der Gewinnerinnen und Gewinner zeigt: Der Wettbewerb hat nicht nur in Deutschland sondern vor allem international eine ganz besondere Bedeutung.

Internationalität wird groß geschrieben

Im September 1952 wird der Wettbewerb das erste Mal durchgeführt. Bereits damals unter Federführung des Bayerischen Rundfunks in der Landeshauptstadt München. Das Unterfangen ist ehrgeizig: Einmal jährlich im September sollen „junge Musiker aus aller Welt zu einem friedlichen Wettstreit in München“ zusammengeführt und „der musikalischen Welt über Funk und Fernsehen sowie in öffentlichen Darbietungen“ vorgestellt werden, zeigt ein Dokument aus dem Historischen Archiv des Bayerischen Rundfunks.

Der Wettbewerb wird schon damals explizit international ausgerichtet, vermutlich soll Deutschland nach Kriegsende wieder im international-kulturellen Austausch platziert werden.

Rund 200–250 Teilnehmer aus circa 30 Ländern sollen zugelassen werden, der „Anteil des Auslandes“ wird bei 80 Prozent angesetzt.

Archivmaterial zum Entstehen des ARD Musikwetteberbs
Die Grundzüge des ARD-Musikwettbewerbs sind auch noch heute deutlich zu sehen: vielfältige Fächerauswahl, internationale Musiker und ein Ausstrahlen in Fernseh und Radio.

Reichweite und Digitalisierung

Dieser Grundsatz gilt auch heute noch, über 70 Jahre später. Nennenswerteste Erneuerung ist die Digitalisierung des Wettbewerbs. Social Media, die Ausstrahlung auf YouTube und in der ARD Mediathek sind nicht mehr wegzudenken.

So werden die verschiedenen Durchgänge auf dem YouTube-Kanal von WDR Klassik live gestreamt, ebenso die Preisträgerkonzerte, welche zudem den Abschluss des ARD Radiofestivals darstellen.

Hierin liegt einer der besonderen Merkmale des Wettbewerbs: die mediale Begleitung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer:

Was man darüber hinaus an Berichterstattung, an Konzertübertragungen, an potentiellen Konzertengagements im Anschluss bekommen kann, das ist eine, glaube ich, sehr einzigartige Konstellation.

LIVE: 1. Preisträgerkonzert | ARD-Musikwettbewerb

Internationale Bedeutung

Besonderheit erlangt der Wettbewerb zudem durch die Vielfalt der Fächer, in denen Musikerinnen und Musiker bewertet werden. Beinahe alle Orchesterinstrumente und Ensembleformationen finden – im Wechsel – Platz beim Wettbewerb.

Dabei gilt der ARD-Musikwettbewerb zum Beispiel in den Fächern Fagott oder Kontrabass als weltweit bedeutendster Wettbewerb.

Die Jury beim ARD-Musikwettbewerb
Die Jury des ARD-Musikwettbewerbs setzt sich ausschließlich aus praktizierenden Musikerinnen und Musikern zusammen. Elizabeth Kozik, Leiterin der Organisation des Wettbewerbs, betont dabei die fachliche Expertise: „Bei dem Wettbewerb geht es nur ums Fachliche. [...] Es geht nur um die Musik, um das Können.“

Im Kontrast hierzu steht exemplarisch der Tschaikowski-Wettbewerb, der sich vor allem durch die Preisvergabe im Fach Klavier profiliert hat, obwohl auch Violine, Violoncello und Gesang bewertet werden.

Der ARD-Wettbewerb war für mich das Sprungbrett für einen wunderbaren musikalischen Weg.

Kürzungen trotz Rekorde

Die ersten zehn Jahre wurde jährlich neu entschieden, ob eine weitere Edition des Wettbewerbs stattfinden würde, 1962 etablierte sich der Wettbewerb als ständige Einrichtung der ARD. Ein Luxus, der knapp 60 Jahre später nicht mehr geboten ist. Die Debatten über den Rundfunkbeitrag zogen auch eine Diskussion über den Wettbewerb mit sich, letztendlich wurde das Budget um 50 Prozent gekürzt – von 740.000€ auf 370.000€. Gleichzeitig wurde der Wettbewerb damit bis 2029 gesichert.

Die Kürzung bringt mit sich, dass nur noch drei statt vier Disziplinen bewertet werden. Ein Zustand, der in den nächsten Jahren mit passender Finanzierung jedoch rückgängig gemacht werden soll.

Eine mangelnde Beteiligung ist nicht festzustellen, im Gegenteil. Der ARD-Musikwettbewerb verzeichnet 2024 einen neuen Rekord mit 726 Bewerbungen aus 58 Ländern. 312 Musikerinnen und Musiker wurden letztendlich zugelassen.

Glosse Aufmunterungen eines Losers: Über das Verlieren bei Musikwettbewerben

Wer gewinnen will, muss auch verlieren können. Gordon Kampe stellt das unter Beweis. Und: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. So lautet das Lebensmotto vieler Musiker*innen, wie sich beim diesjährigen ARD-Musikwettbewerb wieder zeigte. Komponist Gordon Kampe formuliert in seiner Glosse eine realistische Aussicht auf das, worauf sich die zukünftigen Talente einstellen müssen.

Treffpunkt Klassik SWR Kultur

Preisträger des ARD-Musikwettbewerbes

Mosbacher Klassische Konzerte Leonie Bumüller (Flöte) und Madoka Ueno (Klavier) mit Glanzstücken der Flötenliteratur

Leonie Bumüller erspielte sich vorletztes Jahr beim Internationalen ARD Musikwettbewerb Bronze; da hatte sie bereits eine Stelle als Flötistin in der NDR Radiophilharmonie Hannover. Der Wettbewerb hat ihr aber neue Möglichkeiten eröffnet, als Solistin aufzutreten - wie in diesem Konzert in der Alten Mälzerei Mosbach, in dem sie Glanzstücke der Flötenliteratur spielt - und auch einige originelle Bearbeitungen.

SWR2 Mittagskonzert SWR2

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Sebastian Kiefl