Mehr als 11 Jahre ist Rainer Böhm nun schon festes Mitglied im Trio des Kontrabassisten Dieter Ilg. Und auch wenn er in dieser Band, die mit ihren zeitgenössischen Jazz-meets-Klassik-Bearbeitungen Maßstäbe gesetzt hat, weit mehr ausfüllt als die Rolle eines Sideman, tritt der aus Ravensburg stammende Pianist nun mehr und mehr mit eigenen Projekten in Erscheinung. Vor allem mit seinem illuster besetzten Sextett rückt er als Solist, Komponist und Bandleader offensiv ins Rampenlicht des Euro-Jazz.
Große Dynamik und Sinn für Dramaturgie
Was an Rainer Böhm sofort auffällt, ist die extreme „dynamic range“seiner Musik. Sie reicht vom filigran-lyrischen Spiel über zupackende Rhythmisierungen bis zum freitonalen Gewitter – inklusive aller Zwischentöne, wobei Böhm mit einem fabelhaften Sinn für Dramaturgie und überraschende Steigerungen überzeugt.
Inspiriert durch Komponisten wie Olivier Messiaen
Rainer Böhms musikalische Sprache ist tief verwurzelt im aufgeklärten Modern Jazz. Genauso aufregend aber hat er sich in den letzten Jahren mit der klassischen Moderne des 20. Jahrhundert auseinandergesetzt, besonders intensiv mit der harmonischen Sprache des französischen Komponisten Olivier Messiaen. Dessen irisierende, vieldeutig schillernde und spirituelle Musik nimmt er als Ausgangspunkt eigener Erfindungen, die eine frappierende Balance zwischen komponierten und improvisierten Elementen halten. Unterstützt wird er dabei von Musikern, die zur Creme de la Creme der britischen und deutschen Jazzszene zählen.
Vertiefung in den Augenblick
Doch unabhängig davon, wie tief Rainer Böhm und seine fünf Mitmusiker in die Komplexität von Messiaens Harmonik eintauchen und sie mit Impressionistischem, Spätromantischem, Poppigem, Bluesigem und Freiem verquicken, was zählt ist: „emotion first“. Nichts ist dieser faszinierenden Formation wichtiger als die Immersion.