Graphic Novel

Faszinierende Einblicke ins Filmemachen – Das Storyboard von Wim Wenders

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AUTOR/IN
Silke Arning

Eigentlich liebt Filmregisseur Wim Wenders die Improvisation am Set. Doch für die Dreharbeiten seines Films „Everything will be fine“ engagierte er Stéphane Lemardelé, der ihm ein Storyboard entwickeln sollte. Die ungewöhnliche Zusammenarbeit hat der kanadische Illustrator in einer Graphic Novel sehr präzise protokolliert.

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Dreh im verschneiten Kanada bei minus 40 Grad

Es ist mitten im Winter, die Wege sind tief verschneit. Gedankenverloren fährt der Schriftsteller Tomas durch eine wenig bewohnte Landschaft in Kanada, als ihm plötzlich ein Kind vor das Auto läuft. Doch Glück gehabt, alles scheint gut gegangen zu sein. Er bringt den Jungen die lange Auffahrt zum Haus hoch und klingelt.

Doch der Bruder des Jungen wurde bei dem Unfall offensichtlich getötet. Diese dramatische, zentrale Szene des Films hat Regisseur Wim Wenders viele Kopfschmerzen bereitet.

Da war zum Beispiel die Frage mit dem Schnee: Wie dreht man eine unberührte verschneite Hofeinfahrt mit einem Filmset, das aus 60 Personen besteht? Wie dreht man überhaupt bei Temperaturen bis zu minus 40 Grad? Obendrein durfte der Kinder-Darsteller nicht mehr als 3 Stunden am Tag beschäftigt werden.

Graphic Novel: „Das Storyboard von Wim Wenders“ von Stephane Lemardelé
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Graphic Novel: „Das Storyboard von Wim Wenders“ von Stephane Lemardelé
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Das Storyboard von Wim Wenders
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Graphic Novel: „Das Storyboard von Wim Wenders“ von Stephane Lemardelé
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Ein Protokoll der Zusammenarbeit

Vor diesem Hintergrund habe er sich für ein Storyboard entschieden, erklärt Wim Wenders in dem Vorwort zur Graphic Novel, denn bei so einer Kälte könne man nicht wirklich denken, während sich die anderen einen „Ast abfrieren“. 

Zur Vorbereitung der ersten Filmsequenzen, die etwa 13 Minuten dauern, traf sich Wim Wenders mit dem kanadischen Storyboarder Stéphane Lemardelé in Montréal. Die beiden Männer fanden schnell einen gemeinsamen Draht, auch weil der Illustrator nicht einfach nur ein paar Szenenbilder abliefern wollte.

Lemardelés Graphic Novel liest sich wie ein Protokoll dieser gut 3 Wochen dauernden Zusammenarbeit. Und es ist absolut faszinierend, die Entstehung des Storyboards zu verfolgen.

Mehr als eine reine Storyboard-Geschichte

Wie Wenders, Lemardelé, eine Fotografin und der Set-Designer die Orte besichtigen, jedes Detail von allen Seiten inspizieren. Erste schnelle Skizzen entstehen, später werden diese Skizzen und Fotos übereinandergelegt, um die Szenen für den Film zu zeichnen. 

Doch diese Graphic Novel ist viel mehr als die reine Storyboard-Geschichte. Denn bevor Stéphane Lemardalé  überhaupt durchstartet, lässt er sich von Wim Wenders Set Designer die Filmsprache des Regisseurs erklären: Wenders große Faszination für die Malerei, insbesondere für die Kunst des amerikanischen Malers Edward Hopper.

Hoppers Gemälde dienten ihm als Vorlage für bestimmte Stimmungen, für Licht und Schatten, als Anregung auch, sich zu reduzieren. Stück für Stück erfährt man so eine Menge Details aus Wenders Biographie, über seine Sicht auf die Filmkunst, auf Malerei, Literatur, Musik.

Wunderbar unaufgeregt

Stéphane Lemardelé platziert diese sehr intensiven Gespräche an Wenders Küchentisch oder in einem Restaurant oder während einer Autofahrt zum Drehort. Und er bebildert sie, indem er bestimmte Szenen wie zur Illustration heranzoomt, durch Filmfotos und andere Skizzen ergänzt.  

„Das Storyboard von Wim Wenders“ ist eine wunderbar unaufgeregte Graphic Novel. Und obendrein ein überraschender, spannender Einblick in die Welt des Filmemachens.  

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