Als „Plädoyer für Unaufgeregtheit“ sieht Jörn Leonhard sein neues Buch. Der Professor für Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat zehn Thesen aufgestellt über Kriege und wie man sie beendet. Das zum Erscheinungsdatum des Buches schon wieder ein Krieg losgegangen sei, zeige einmal mehr die momentane Unübersichtlichkeit, so der Historiker in SWR2, und dazu gehöre die Rückkehr des Krieges.
Für Deutsche besonders schwierig
Die derzeitige Situation sei für Deutsche vielleicht besonders schwierig nach den Erfahrungen des zwanzigsten Jahrhunderts, sagt Jörn Leonhard: „Ich glaube, da hat man als Historiker auch was zu sagen, und das wollte ich mit dem Buch tun.“ Er glaube, so Leonhard, das Grundproblem im Augenblick sei, dass sich eine große Gruppe von Experten, mit diesen Fragen beschäftige, die aber immer unter dem Druck stünden, zu sagen, was als Nächstes passiere.
Geschichte bietet Blaupausen
Dagegen argumentiert Leonhard: „Ich bin als Historiker keine Kassandra-Institution“. Er könne nicht sagen, „der Blick auf die Geschichte bietet uns die Blaupause, wie die Kriege in der Ukraine oder im Nahen Osten enden“. Aber sein Argument sei, „wenn wir uns mit diesen historischen Beispielen beschäftigen, dann können wir in der Gegenwart einfach mehr erkennen.“
Und das immunisiere, meint er, gegen viele der vorschnellen Vergleiche und Analogien, „mit denen wir im Augenblick auf allen Kanälen in allen Bereichen der Medien täglich bombardiert werden“.
Plädoyer für Unaufgeregtheit
Seine Zehn Thesen darüber, wie man Kriege beendet, versteht der Freiburger Historiker als Beitrag zur „nüchternen Analyse“ und als „vielleicht auch ein Plädoyer für etwas ,Unaufgeregtheit‘.
Leonhard ist überzeugt: „Man kann mit dem Blick in die Geschichte besser über die Glaubwürdigkeit und die Plausibilität nachdenken und vielleicht diesen Moment besser identifizieren, ab wann das Ende eines Krieges wahrscheinlicher ist".
„Fauler Frieden“ als Gefahr
Der Autor warnt davor, dass ein fauler Frieden einen Krieg verlängern oder zu neuer Instabilität führen könnte. Mehrfach geht es in seinem Buch um die 30er-Jahre und die Versuche, Hitler mit großen Konzessionen zu einer Friedenspolitik zu bewegen. Leonhard warnt: „Die Bereitschaft zu großen Konzessionen ist emotional nachvollziehbar, aber sie kann an entscheidenden Stellen den Krieg eben auch verlängern“.
Dann könne der Preis, langfristig gesehen, höher sein. Auch das sei etwas, das man in der Geschichte immer wieder gesehen habe.
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