Porsche wird VfB-Sponsor

"Sportsponsoring ist immer auch ein Risiko"

Stand
INTERVIEW
Michael Wegmer
ONLINEFASSUNG
Alexander Winkler

Zwei Luxus-Autohersteller beteiligen sich an einem Fußballclub: Nach Mercedes-Benz steigt jetzt auch Porsche beim Bundesligisten VfB Stuttgart ein. Kann das gut gehen?

Mit rund 100 Millionen Euro soll der Stuttgarter Autobauer Porsche schon bald beim VfB Stuttgart einsteigen - zusätzlich zum schon vorhandenen Sponsor Mercedes. Konkret soll Porsche bis zum Sommer 2024ö Anteile an der ausgegliederten Profiabteilung des VfB kaufen. Das Tochterunternehmen MHP bekommt zudem die Namensrechte am Stadion. Letzte Details werden noch bis Juli geklärt, hat der Verein heute auf einer Pressekonferenz verkündet. Welche Chancen und Risiken das für alle Beteiligten bringt, bewertet der Sportmarketingexperte der Universität Hohenheim, Prof. Markus Voeth.

Stuttgart

Fußball | Bundesliga Großer Investorendeal: Porsche steigt beim VfB Stuttgart ein

Der VfB Stuttgart hat einen weiteren großen Investor gewinnen können. Wie der Bundesligist am Dienstag mitteilte, steigt der Autobauer Porsche beim Club ein.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

SWR Aktuell: Guten Tag, Herr Voeth. Lassen Sie uns das erstmal sportlich einschätzen. Wie viel Geld sind 100 Millionen Euro über einen Zeitraum X für so einen normalen Bundesligisten?

Prof. Markus Voeth: Der Zeitraum X ist die entscheidende Frage. 100 Millionen ansich ist erstmal eine große Zahl - auch für einen Fußball-Bundesligisten. Allerdings wenn darin Namensrechte auf zehn Jahre enthalten sind, dann relativiert sich das ein Stück weit. In Summe wird das auf jeden Fall für den VfB eine sehr erquickliche Zahl sein. Also wenn man überlegt, dass die Fernsehgelder pro Saison 40 Millionen sind, dann würden selbst auf zehn Jahre gerechnet 100 Millionen ein deutliches sozusagen "Prä" [Vorteil] für den Verein bedeuten. Daher ist das schon eine ordentliche Summe. Aber sie ist natürlich auch medial gut aufbereitet in Summe ausgewiesen worden.

SWR Aktuell: Wenn wir über das Unternehmen Porsche sprechen, die haben einen wirklich ja schimmerndes Luxus-Image. Diese Marke brummt. Das Unternehmen ist gut durch alle Krisen gekommen. Porsche hätte also doch eigentlich Sponsoring gar nicht wirklich nötig? Was verspricht sich der Sportwagenbauer von diesem Deal?

Voeth: Die Motive, Sportsponsoring bzw. Fußball-Sponsoring zu betreiben, sind natürlich mehrwertig. Da gibt es nicht nur einen Grund, warum ein Unternehmen auf die Idee kommt, so etwas zu tun. Ich glaube aber, wenn man das ein bisschen einsortiert, dann ist es sicherlich so, dass die Marken heute auch versuchen, wieder ein Stück weit regionale Verbundenheit zu entwickeln. Und gerade ein Unternehmen wie Porsche, das in der Region Stuttgart eben nicht nur zu Hause ist, sondern auch sehr verankert ist, stellt damit ein Stück weit unter Beweis, dass man eben global unterwegs ist, aber auch durchaus regional verankert sein möchte. Und das gibt der Marke auch wieder ein Stück weit Authentizität und Bodenhaftung.

Porsche stellt damit unter Beweis, dass man global unterwegs ist aber regional verankert sein möchte.

SWR Aktuell: Das gilt ja eigentlich auch für das zweite Unternehmen, für Mercedes. Die bleiben dem VfB ja erhalten, aber reduzieren ihr Engagement - verzichten zum Beispiel auf die Namensrechte am Stadion. Offenbar auch - so hört man das ein bisschen im Hintergrund -, weil das sportliche Auftreten der Stuttgarter nicht so ganz zum Image des Unternehmens passt. Glauben Sie, das ist Porsche egal aufgrund der Verbundenheit, dass der VfB beinahe ein paar Mal abgestiegen wäre?

Voeth: Natürlich ist das immer auch ein Risiko beim Sportsponsoring. Dass, wenn der Gesponsorte nicht so erfolgreich ist, das auch ein Stück weit entweder negativ auf die Sponsoren der Marke zurückfällt oder aber zumindest die Vorteile nicht ganz so strahlend realisiert werden können, wie das vielleicht erhofft worden ist. Also von daher wird man sicherlich bei Porsche auch den sportlichen Erfolg sich wünschen, weil dann natürlich auch dieses Engagement sich noch anders darstellt. Aber wenn man wirklich unterstellt, dass auch ein Stück weit ein Motiv sein könnte, dass man eine gewisse regionale Verbundenheit unter Beweis stellen will, dann spielt der sportliche Erfolg vielleicht auch eine Rolle, aber nicht die alles entscheidende Rolle.

Stuttgart

Fußball | Bundesliga Der Finanz-Coup des VfB Stuttgart: Jetzt auch Fußball-Weltmarke aus Württemberg?

Der VfB Stuttgart hat den Autohersteller Porsche als weiteren Sponsor gewonnen. Damit steigen auch die sportlichen Erwartungen, meint SWR-Sportreporter Günther Schroth.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

SWR Aktuell: Jetzt haben wir eben zwei Luxusautohersteller mit Mercedes und Porsche bei einem Club als Sponsoren unter einem Dach. Kann das ihrer Meinung nach gut gehen? Oder zieht sich Mercedes vielleicht bald ganz raus nach diesem überraschenden Einstieg von Porsche?

Voeth: Zunächst einmal ist es sicherlich so, dass in der Vergangenheit Marken, die ein Sportsponsoring-Engagement beenden wollten, gut beraten waren dies nicht von heute auf morgen - sozusagen Knall auf Fall - zu tun, sondern eine schrittweise Ausstiegsstrategie zu fahren, weil damit auch ein Stück weit sich beispielsweise die Fans die Öffentlichkeit daran gewöhnen können, dass der Sponsor, der gestern noch überall sichtbar war, sozusagen schrittweise in den Hintergrund tritt. Also selbst wenn Mercedes dies wollte, wäre das sicherlich die richtige Strategie.

Aber vielleicht ist es aber auch tatsächlich so, dass man hier diese alte Regel, dass aus jeder Branche immer nur ein Unternehmen einen Vereinssponsoren darf, ein bisschen in Frage stellt. Weil Mercedes und Porsche natürlich beides Luxusmarken im Automobil Bereich darstellen, auf der anderen Seite aber vielleicht auch nicht nur in Konkurrenz stehen, sondern auch durchaus sozusagen harmonisch als Sponsoren für einen heimischen Fußballverein auftreten können. Das wäre im Sportsponsoring sicherlich Neuland, aber sicherlich auch ein Stück weit ein interessantes, spannendes Neuland.

Stuttgart

Stuttgart Bye-bye, Mercedes-Benz-Arena: Hier spielt der VfB Stuttgart jetzt

Grund dafür: Porsche steigt beim VfB Stuttgart als Sponsor ein. Somit wird der Verein von drei Weltmarken unterstützt.

SWR Aktuell Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz SWR Aktuell

SWR Aktuell: Jetzt lassen Sie uns zum Schluss das Feld noch ganz aufmachen. Seit der umstrittenen Fußball-WM in Katar gibt es fast die Tendenz, dass sich Großsponsoren aus dem deutschen Fußball zurückziehen - so wie Rewe seine Werbe-Zusammenarbeit mit dem DFB vorzeitig beendet hat. Und der deutsche Fußball verliert ja im Moment auch international an Bedeutung, einfach weil es nicht so gut läuft. Halten Sie denn grundsätzlich den Anstieg von Porsche zum jetzigen Zeitpunkt für eine gute Idee?

Voeth: Ich denke, dass es sicherlich immer gut ist, wenn man auch ein bisschen gegen den Trend arbeitet. Wenn sozusagen alle nach links gehen, dann ist man manchmal gut beraten, auch nach rechts zu gehen. Vor dem Hintergrund glaube ich, ist es jetzt nicht unbedingt so zu sehen, dass das der falsche Zeitpunkt ist, um ein Sponsoring-Engagement hier eben anzuschieben.

Auf der anderen Seite ist Sportsponsoring natürlich immer schon ein heißes Eisen gewesen, weil der die Kosten liegen auf der Hand. Aber der Nutzen ist ein Stück weit auch eine Frage der Quantifizierbarkeit und auch des Betrachtungswinkels. Von daher glaube ich, ist es am Ende des Tages immer auch eine Frage, wie die Entscheidungsträger so etwas wirklich unterstützen und wollen. Und wie man hier ja auch hört, hat es da auch große Fürsprecher bei Porsche gegeben, die dieses Engagement sehr promotet haben. Und das bedarf es eben auch, weil wenn sie nicht fest daran glauben, dass Sportsponsoring etwas bringt und voll dahinter stehen, dann fallen einem schon einige kritische Fragen ein, die die ganze Sache doch ein bisschen kritischer sichtbar machen.

Stand
INTERVIEW
Michael Wegmer
ONLINEFASSUNG
Alexander Winkler