Mann schaut grübelnd auf sein Handy. (Foto: IMAGO, IMAGO / Westend61)

Krisen überwinden mit Resilienz

Psychologin aus Trier: So schützen wir unsere Psyche in Krisenzeiten

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Frederik Herrmann

Ob Inflation, Ukraine-Krieg oder Klimawandel: Die aktuellen Krisen belasten die Psyche vieler Menschen sehr. Im SWR-Interview verrät Psychologin Leonie Moske aus Trier, wie wir unsere Psyche in Zeiten der Krise schützen können.

Viele Menschen in Deutschland sorgen sich gerade um ihre finanzielle Lage. Im Vergleich zu vor einem Jahr stieg insbesondere die Angst vor einer schlechten Wirtschaftslage und steigenden Lebenshaltungskosten. Das hat eine Studie der R+V Versicherung nachgewiesen. Diese fragt einmal im Jahr nach den Sorgen der Menschen in Deutschland.

Leonie Moske bietet Workshops für den Verein Nestwärme in Trier an. Darin zeigt sie, wie man persönlich mit den Krisen umgehen kann, die gerade so vielen Menschen Sorgen bereiten.

Psychologin Leonie Moske aus Trier (Foto: SWR)
Leonie Moske aus Trier ist klinische Psychologin und arbeitet seit knapp drei Jahren bei Nestwärme. Dort gibt sie Coachings und Resilienz-Workshops für Menschen aus der Region und darüber hinaus.

SWR Aktuell: Frau Moske, mit welchen Ängsten kommen die Menschen in Ihre Kurse nach Trier?

Leonie Moske: Dafür muss man auch die aktuelle Situation in den Fokus rücken. Denn um diese Sorgen geht es tatsächlich aktuell ganz viel. Gerade bei jungen Leuten. Zukunftsängste spielen da eine große Rolle.

"Gerade die jüngere Generation schlittert von einer Krise in die nächste Krise und es nimmt gefühlt auch kein Ende."

Viele der jungen Menschen kennen dabei nichts anderes als Krise. Aber die aktuellen Krisen und die Sorgen, die damit einhergehen, betreffen natürlich auch die ältere Generation. Die Frage ist dann, wie geht es weiter?

Wir kommen schließlich gerade erst aus der Corona-Pandemie, das normale Leben läuft gerade erst wieder an und gerade dann gerät diese Normalität erst einmal wieder ins Stocken.

Krisen meistern und nicht daran zerbrechen

SWR Aktuell: Haben die Sorgen der Menschen, die zu ihnen kommen, in den letzten Jahren zugenommen?

Moske: "Ich nehme auf jeden Fall ein größeres Interesse an unserem Angebot wahr. Insbesondere auch von Fachkräften. In meinen Kursen sind oft Pädagogische Fachkräfte, Hebammen, aber auch Krankenschwestern. Bei jüngeren Menschen sind die Lebenshaltungskosten ein großes Thema. Viele machen sich aber auch Sorgen um das Thema Pflege - insbesondere auch die Pflege ihrer Angehörigen.

"Viele sprechen heute offener über ihre Sorgen. Gerade bei globalen Krisen gibt es ein anderes Bewusstsein für unsere Sorgen. Man fühlt sich dann nicht mehr alleine und ist dann auch eher bereit, die Sorgen zu teilen."

SWR Aktuell: Sie schlagen vor, diesen Herausforderungen mit Resilienz zu begegnen. Was bedeutet Resilienz?

Moske: Der Begriff Resilienz beschreibt zunächst die Fähigkeit, Krisen zu meistern, nicht an ihnen zu zerbrechen, sondern gesund aus ihnen hervorzugehen. Im Idealfall können wir sogar durch Krisen stärker werden, von ihnen profitieren und durch sie etwas lernen.

Die gute Nachricht ist, dass die Resilienz nicht angeboren ist, das heißt, man kann sie erlernen. Die schlechte Nachricht ist aber auch, dass man sie wieder verlernen kann.

Weniger Nachrichten und Social Media ist mehr

SWR Aktuell: Wie kann man resilienter werden?

Moske: Wir in unseren Resilienz-Kursen orientieren uns an verschiedenen Modellen. Zum Beispiel dem Faktoren-Modell. Einen Faktor oder eine Säule des Modells bezeichnen wir als Selbstwirksamkeit. Das heißt, ins Tun zu kommen, etwas zu machen, vielleicht auch etwas Neues auszuprobieren und so über die eigenen Grenzen hinauszugehen. Dabei etwas schaffen. Um sich selbst auch zu sagen: Ich kann etwas tun, ich bin selbst wirksam. Die Jugendlichen, die für das Klima auf die Straße gehen, sind dafür ein gutes Beispiel.

Einen weiteren Tipp, den ich geben kann, ist, sich darauf zu besinnen, welche Ressourcen mir eigentlich zur Verfügung stehen. Das eigene Netzwerk ist hier sehr relevant und sich dabei um seine Beziehungen zu kümmern.

SWR Aktuell: Wir hören, lesen und sehen jeden Tag schlechte Nachrichten. Was können wir tun, damit uns diese Nachrichten die Stimmung nicht vermiesen?

Moske: Es ist wichtig, Grenzen für die eigenen Befindlichkeiten und Bedürfnisse zu setzen. In Bezug auf Nachrichten und Social Media kann das heißen, den Kreis von Nachrichten einzugrenzen und nur bewusst Input auszuwählen, der mir gut tut und durch den ich mich auch gut fühle.

Natürlich ist es wichtig, informiert zu bleiben. Aber es ist auch wichtig, eine Grenze zu ziehen, ab wann zusätzliche Nachrichten mir eher schaden, als dass sie informieren. Grenzen setzen ist dabei ein Faktor, um die persönliche Stärke beizubehalten. Grenzen setzen kann auch unglaublich beflügelnd sein.

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