Auf der Autobahn 1 kurz vor der Abfahrt Salmtal ist schweres Gerät unterwegs. Auf der Baustelle wird gerade die Fahrbahn in Richtung Köln betoniert. Eine Maschine, die so breit wie die ganze Straße ist, bewegt sich Zentimeter für Zentimeter nach vorn.
Aus einem Schacht auf der vorderen Seite schießt eine dicke anthrazitfarbene Masse, die dann vom hinteren Teil des Gerätes quer über die Fahrbahn verteilt wird. Unaufhörlich fahren große Kipplader hin und her, die immer neuen Beton bringen.
Der Herr der Autobahnbaustellen
Zwischen all den Bauarbeitern und Baumaschinen steht Uwe Schminke in einer neon-orangenen Warnschutzjacke. Er verschafft sich einen Überblick über den Fortschritt der Arbeiten.
Der Bauingenieur ist Leiter der Außenstelle Montabaur der Autobahn GmbH des Bundes. Damit verantwortet er auch sämtliche Arbeiten auf der A1 zwischen Koblenz und der Landesgrenze zum Saarland. Und da ist derzeit einiges los. Allein zwischen Salmtal und Reinsfeld wird gleich an zwei Stellen gebaut. Die dritte Baustelle wird gerade vorbereitet.
Zehn Jahre voller Baustellen
Die rot-weißen Warnbaken und die Baustellenschilder bringen so manchen Pendler aus der Region Trier, der regelmäßig auf der A1 unterwegs ist, zur Verzweiflung. Geschwindigkeitsbegrenzungen, einspurige Fahrbahn, zähfließender Verkehr und auch immer wieder Unfälle. All das sind Dinge, mit denen Autofahrer dort in den vergangenen zehn Jahren ständig konfrontiert werden.
Dieses erst einmal subjektive Gefühl der Verzweifelung kann der Chef der Autobahnbaustellen, Uwe Schminke, durchaus bestätigen. Denn tatsächlich wird auf dem Autobahnabschnitt der A1, der von der Eifel über die Mosel bis in den Hochwald führt, seit fast zehn Jahren immer wieder gebaut. Und das hat einen einfachen Grund.
Mehr als 50 Jahre alter Beton
Der Beton der Fahrbahn ist teils bis zu 53 Jahre alt, sagt Uwe Schminke. "Dieses Alter erreichen Autobahnen selten. Man geht sonst bei Beton von einer Lebensdauer von rund 30 Jahren aus. Hier hat man es geschafft, die Autobahn mit Reparaturarbeiten teilweise 50 Jahre am Leben zu halten."
Während seit 2016 der Autobahnabschnitt an einigen Stellen also schon grunderneuert wurde, wurden gleichzeitig andere Stellen repariert. Doch egal wie gut der Beton gepflegt wird, irgendwann ist einfach nichts mehr zu retten. Dann steht eine komplette Rundumerneuerung auf dem Plan.
Das ist derzeit beispielsweise zwischen Salmtal und Schweich der Fall. Auf den kompletten siebeneinhalb Kilometern musste der Fahrbahnbelag 70 Zentimeter tief ab- und neuaufgetragen werden. Nebenbei wurden auch die Entwässerungssysteme erneuert, später folgen noch neue Notrufsäulen und Schutzplanken.
Lange Planungszeit für Autobahnbaustellen
Große Baumaßnahmen auf Autobahnen wie diese sind eine logistische Herausforderung, sagt Uwe Schminke. "Da braucht es lange Planungen im Voraus. Das schießt man nicht aus der Hüfte."
Dabei gibt es viel zu beachten. Oberste Priorität für die Planer habe die sogenannte Verkehrsführung. Schließlich sollen Autos und Lkw auch während der Bauarbeiten möglichst reibungslos auf der Autobahn vorankommen.
Wenn geklärt ist, welche Umleitungen möglich sind und wie viel Fahrstreifen offen gelassen werden können, damit Baumaschinen und Co noch genug Platz haben, stehen zahlreiche Untersuchungen an. Wie gut ist der Untergrund? Gibt es entlang der Straße seltene Tier- und Pflanzenarten? Je nachdem, wie die Untersuchungen ausgehen, kann sich der Ablauf der Bauarbeiten unter Umständen schon mal erheblich verzögern.
Mauereidechsen und Ameisenhaufen auf der Autobahnbaustelle
Als beispielsweise bei einer Brückenbaustelle plötzlich Mauereidechsen auftauchten, standen die Arbeiten rund fünf Monate lang still. Die Tierchen mussten einzeln eingefangen und umgesiedelt werden. An anderer Stelle wurde ihnen dafür extra ein neues Zuhause gebaut, berichtet Uwe Schminke.
Doch das ist längst nicht alles. "Es gab sogar schon mittendrin im Mittelstreifen der Autobahn riesengroße Ameisenhaufen. Es gibt spezielle Ameisenbeauftragte und mit denen haben wir dann während der Bauzeit die Ameisen in Tonnen eingesammelt und in den Wald umgesiedelt."
Corona-Pandemie und Kriege verzögern Bau
Auch Faktoren wie das Wetter oder unerwartete Krisen wie die Corona-Pandemie sowie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine wirken sich auf die Großbaustellen auf der Autobahn aus. Zum Beispiel, wenn Baumaterialien und Kraftstoffe plötzlich nicht mehr zur Verfügung stehen oder deren Preise förmlich explodieren.
Doch egal welche Probleme auftauchen, Uwe Schminke kann kaum noch etwas überraschen. Selbst neue Richtlinien, die beispielsweise die Breite der Fahrspuren betreffen, bringen den Bauingenieur nicht mehr aus der Fassung. "Da kommen neue Vorschriften und schon werden die Planungen für die Baustelle, die seit Jahren laufen, wieder durcheinander geworfen. Dann muss man sich ganz schnell neue Gedanken machen und das Ganze überarbeiten."
Freie Fahrt auf der A1 in Sicht
Und so arbeiten Uwe Schminke und sein Team weiter täglich daran, dass die A1 für alle, die sie benutzen, sicher und gut befahrbar ist. Für die von den Dauerbaustellen geplagten Pendler hat Uwe Schminke eine gute Nachricht. Wenn die Baustellen zwischen Salmtal und Schweich sowie zwischen Reinsfeld und dem Dreieck Moseltal abgeschlossen sind, folgen lediglich nur noch zwei weitere Projekte.
Nach diesen beiden Baumaßnahmen soll es auf der A1 zwischen Koblenz und der saarländischen Landesgrenze endlich wieder freie Fahrt geben. "Sie müssen sich vorstellen, dass, wenn alles fertig ist, es dann auf der Autobahn für 20 bis 30 Jahre keine Baustelle mehr geben wird. Dann ist die A1 erst mal grunderneuert und das gibt es woanders in Deutschland nicht", sagt der Herr der Autobahnbaustellen.
SWR3 Verkehrszentrum Stau oder frei? Check deine Strecke
Stau, Baustellen, Sperrungen – wenn viel los ist auf den Straßen, hilft das SWR3 Verkehrszentrum mit aktuellen Infos. Am besten vor der Abfahrt informieren. Gute Fahrt!
Vorfreude auf Baustellen
Wenn Uwe Schminke auf Strecken außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs unterwegs ist, freut er sich übrigens immer auf die Baustellen. "Ich versuche bei anderen Kollegen zu sehen, ob die noch irgendetwas besser machen als wir."
So halte er neben der Verkehrsführung auch nach Baumaschinen und den verwendeten Verfahren Ausschau. Wenn ihm was neu erscheint, erkundige er sich danach bei den entsprechenden Kollegen, erzählt er lachend.
Und damit er sich den vollen Überblick verschaffen kann, gibt er auch gerne mal das Steuer ab. "Ich lass mich auch oft von meiner Frau fahren, damit ich noch genauer schauen kann. Ich will ja schließlich noch was lernen."