Tatort der Messerattacke in Wittlich. Im Prozess gegen einen US-Soldaten haben mehrere Zeugen ausgesagt.

Prozess nach Tötungsdelikt auf Säubrennerkirmes

Messerangriff Wittlich: Widersprüchliche Aussagen ergeben kein klares Bild der Tatnacht

Stand
Autor/in
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier

Am Freitag haben vor dem US-Militärgericht in Spangdahlem sowohl Freunde des Opfers als auch des Angeklagten ausgesagt. Was sie erzählt haben, passte aber nicht zusammen.

Keiner will etwas gesehen haben - so lässt sich der Prozesstag am Freitag vor dem US-Militärgericht in Spangdahlem zusammenfassen. Obwohl mehrere Zeugen befragt wurden, die in der Tatnacht auf der Wittlicher Säubrennerkirmes unterwegs waren, will keiner die Tat beobachtet haben. Auffällig war außerdem, dass sich die Aussagen widersprachen.

Am Freitagmorgen sagte ein Freund des 28-jährigen Todesopfers vor dem Militärgericht auf der Airbase Spangdahlem aus. Der Ukrainer habe in der Tatnacht noch mit dem Sterbenden gesprochen, nachdem dieser durch die Messerstiche verletzt worden war. Demnach waren "Alles wird gut" die letzten Worte des Opfers.

Aussagen der Zeugen widersprechen sich

Die Aussage des Zeugen, der ein Schüler in der Kampfsportschule des Toten war, wurde über einen Bildschirm zugespielt. Der Zeuge war zuvor in London befragt worden, wo er inzwischen lebt. Er konnte am Donnerstag nicht selbst beim Prozess anwesend sein.

Von dem Kampf und dem vorangegangenen Streit mit den amerikanischen Soldaten habe er kaum etwas mitbekommen, sagte der Zeuge. Denn er habe sich zu diesem Zeitpunkt mit zwei Frauen unterhalten, die gemeinsam mit den US-Soldaten unterwegs waren. Außerdem seien sowohl er als auch das Opfer betrunken gewesen.

Eine Amerikanerin, die später ebenfalls befragt wurde, hat die Begegnung mit dem Ukrainer allerdings anders in Erinnerung. Sie war auf der Kirmes mit dem Angeklagten unterwegs als es zum Streit mit der Gruppe um das Opfer kam. Der Ukrainer habe sie dann fest am Arm gepackt und weggezogen. Es gehe um eine Männersache, mit der sie nichts zu tun habe. Sie wisse daher auch nicht, wer den 28-Jährigen erstochen habe. Später seien die Amerikaner zusammen nach Hause gegangen.

Zeuge hatte Notruf in der Nacht abgesetzt

Einer hatte sich schon früher von der Gruppe verabschiedet - der Ehemann der Amerikanerin, ebenfalls ein amerikanischer Soldat. Er war es auch, der in der Tatnacht die Polizei verständigt hatte. In seinem Notruf, der im Prozess abgespielt wurde, hatte er gesagt, dass einer seiner Freunde den jungen Mann erstochen habe.

Vor Gericht sagte er zwar, dass er bei der Tat selbst nicht dabei gewesen sei. Später habe der Soldat seine Freunde aber im Haus des Angeklagten wieder getroffen und mit ihnen über den Vorfall geredet. Im Zeugenstand konnte er sich nicht mehr erinnern, woher er wusste, dass einer der Soldaten den Mann erstochen hat. Gegenüber der Polizei hatte er am Telefon aber davon gesprochen, dass sich die Amerikaner gegen deutsche Angreifer verteidigt hätten. Vorher erzählte er, dass er im Haus des Angeklagten ein Messer gesehen habe.

Weitere Augenzeugen haben ausgesagt

Eine andere Perspektive boten die Aussagen der unbeteiligten Kirmesbesucher, die den Vorfall zufällig beobachtet hatten. Ein junger Besucher der Kirmes berichtete etwa, dass er zwei Männer gesehen habe, die auf dem Boden lagen. Einer der Männer soll auf dem anderen gesessen haben. In mehreren Metern Abstand hätten drei Männer zugesehen, aber nicht eingegriffen - ein Amerikaner und zwei Ukrainer.

Eine junge Wittlicherin sagte anschließend aus, dass sie zwei amerikanischen Soldaten und zwei Frauen in der Stadt begegnet sei. Einer der Soldaten sei im Gesicht verletzt gewesen. Die Gruppe sei schnell unterwegs gewesen und habe erschrocken gewirkt. Ihren Schilderungen zufolge dürfte diese Begegnung kurz nach der Tat stattgefunden haben.

Verteidiger beschuldigt anderen US-Soldaten

Am Mittwoch hatte es eine neue Wendung im Prozess um die Tötung des Mannes auf der Wittlicher Säubrennerkirmes gegeben: Der Verteidiger des angeklagten US-Soldaten beschuldigte einen anderen amerikanischen Soldaten.

Es gebe nur einen Mann, der Blut an seinen Händen habe. Und das sei nicht sein Mandant, so der Verteidiger des Angeklagten, sondern der Mann, der ursprünglich festgenommen, aber wieder freigelassen worden sei - der zweite amerikanische Soldat, der bei dem tödlichen Messerangriff dabei gewesen sein soll. Nach der Auffassung der Verteidigung war er es, der das 28-jährige Opfer vor einem Jahr auf der Säubrennerkirmes in Wittlich erstochen hat.

Staatsanwaltschaft: Beweise deuten auf Angeklagten

Ursprünglich waren beide Männer festgenommen worden. Auf der Anklagebank sitzt aber nur ein 26-jähriger Flugzeugmechaniker. Sein Begleiter, der nun vom Verteidiger beschuldigt wird, ist wieder auf freiem Fuß und wurde lediglich disziplinarisch bestraft. Der Grund: Die Staatsanwaltschaft glaubt seiner Version des Tathergangs. Demnach war es der 26-Jährige, der zustach.

Es deuteten alle Spuren und Beweise auf eine Tat durch den Angeklagten hin, so die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsplädoyer. Der 26-Jährige habe seinem Begleiter gestanden, dass er einen Mann getötet habe. Man habe auch Blut des Opfers an seinen Schuhen gefunden.

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Außerdem sei er der einzige in der Gruppe gewesen, der ein Messer dabeigehabt habe. Das hätten Freunde ausgesagt, so die Staatsanwältin. Als die Tat geschah, sei die Gruppe auf dem Heimweg zur Wohnung des Angeklagten gewesen.

Der Verteidiger ließ allerdings Zweifel an dieser Version aufkommen. Er sagte, dass es Augenzeugen gebe, die den anderen Soldaten belasten. Sie hätten auch beobachtet, dass er es war, der den Streit angefangen habe. Außerdem habe er Blutspuren des Opfers an der Kleidung, seiner Schultertasche und an seinen Händen gehabt.

Polizistin aus Trier schilderte Fund der Tatwaffe

Am Mittwoch wurden bei der Verhandlung auch Zeugen der Anklage gehört, darunter eine Polizistin aus Trier. Die Ermittlerin hat vor dem US-Militärgericht in Spangdahlem unter anderem geschildert, wie die Tatwaffe unterhalb der Wittlicher Römerbrücke gefunden wurde.

Die Zeugin musste das Messer auch im Gerichtssaal vor den Geschworenen identifizieren. Außerdem war die Polizistin laut ihrer Aussage dabei, als die Wohnung des Angeklagten US-Soldaten in Wittlich durchsucht wurde. Nach ihren Angaben haben die Ermittler dabei auch mit Blut verschmierte Schuhe sichergestellt.

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Das Opfer ist nach Aussagen einer Gerichtsmedizinerin verblutet. Sie hatte die Leiche untersucht und vor dem Militärgericht als Zeugin ausgesagt. Ihrem Autopsiebericht zufolge hat der Täter dem 28-Jährigen vier Wunden zugefügt. Das habe zu einem enormen Blutverlust geführt.

Eltern bekommen Dolmetscher

Das US-Militär hat inzwischen dafür gesorgt, dass die Eltern des Opfers dem Prozess besser folgen können. Denn der Prozess findet auf Englisch statt. Die Air Force hat der Familie des getöteten 28-Jährigen einen separaten Raum im Gerichtsgebäude hergerichtet. Das erklärte die Anwältin der Eltern dem SWR. In diesem Zimmer wird die Verhandlung per Video übertragen und für die Familie von Dolmetschern übersetzt.

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Anfang der Woche hatten die Eltern noch kritisiert, dass sie von dem Prozess gegen einen amerikanischen Soldaten kaum etwas verstehen, da sie nicht so gut Englisch sprechen. Nach Angaben ihrer Anwältin sind sie nun froh, dass das US-Militär ihnen die Möglichkeit bietet, das Verfahren zu verfolgen.

Geschworene entscheiden über Schuld

Der Angeklagte plädierte am ersten Prozesstag auf unschuldig. Dem Soldaten droht bei einem Schuldspruch lebenslange Haft. Die Geschworenen, die letztlich über die Schuld des Angeklagten entscheiden sollen, wurden bereits ausgewählt. Das Urteil will das Gericht am 11. Oktober fällen.

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