Der Trierer Bischof Stephan Ackermann gibt das Amt des Missbrauchsbeauftragten ab (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Harald Tittel)

Nach Kritik von Betroffenen-Initiativen

Trierer Bischof Ackermann gibt Amt des Missbrauchsbeauftragten ab

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Bischof Stephan Ackermann wird das Amt des Missbrauchsbeauftragten der katholischen Deutschen Bischofskonferenz im September abgeben. Zuletzt hatte es viel Kritik gegeben.

Ackermann erklärte in einer Mitteilung, es brauche möglichst bald eine neue und breiter aufgestellte Verantwortungsstruktur, damit die katholische Kirche in Deutschland der Vielschichtigkeit der Thematik des sexuellen Missbrauchs und der Dimension des Aufgabenfeldes künftig noch mehr gerecht werden kann. Er gebe daher sein Amt ab. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, dankte Ackermann für seine Arbeit.

Trier

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Kritik wegen Nennung des Klarnamens

Zuletzt stand der Trierer Bischof massiv in der Kritik, weil er den Klarnamen einer unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe offen gelegt hatte. Die Frau aus dem Bistum Trier, die selbst Angestellte des Bistums ist, hatte als "Karin Weißenfels" mehrfach von "geistlichem Missbrauch" und sexuellen Übergriffen durch einen Priester vor rund 30 Jahren berichtet. Ackermann hatte ihren bürgerlichen Namen vor etwa 40 Mitarbeitenden des Bistums genannt.

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Unterlassungserklärung des Bischofs

Er unterschrieb danach eine Unterlassungserklärung und bat die Frau um Entschuldigung. Betroffeneninitiativen und der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz hatten Ackermanns Verhalten kritisiert und ihm einen Rücktritt nahe gelegt.

Zwölf Jahre als Missbrauchsbeauftragter

Ackermann hatte das neu geschaffene Amt 2010 übernommen. Damals hatte der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, den Missbrauchsskandal an der Jesuitenschule bekannt gemacht. Er löste damit eine Welle von weiteren Enthüllungen zu Fällen sexualisierter Gewalt in der Kirche und in anderen Institutionen aus.

MissBit: Längst überfälliger Schritt

Für die Betroffeneninitiative MissBit ist die Amtsaufgabe Ackermanns ein längst überfälliger Schritt. Sprecher Hermann Schell macht das an verbalen und inhaltlichen Ausfällen fest, die sich Bischof Ackermann geleistet habe.

"Aus unserer Sicht war Bischof Ackermann dem Amt von Anfang an nicht gewachsen."

So sei es ihm nicht gelungen, in der Bischofskonferenz unter seinen Brüdern eine gemeinsame Linie in der Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche zu finden. Ackermann sei von sich aus nie auf MissBit zugegangen. Für die Zusammenarbeit von Ackermann und MissBit findet Schell harsche Worte. Die Treffen seien von Peinlichkeiten und leeren Versprechungen geprägt gewesen.

"Die Treffen, die wir mit ihm haben oder hatten - das waren zwei - waren eher von Peinlichkeiten geprägt und von Versprechungen, die im Nachhinein nicht eingehalten wurden."

Die Bischofskonferenz hat nun angekündigt, die Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland auf eine breitere Basis stellen zu wollen.

Betroffene wünschen sich, dass Aufarbeitung von außen erfolgt

Die Betroffeneninitiative MissBit will am liebsten, dass die Deutsche Bischofskonferenz alles, was mit dem Thema "Aufarbeitung des Missbrauchs" zu tun hat, nach außen gibt - glaubt aber nicht, dass das geschehen wird. Sie appelliert aber, dass mit dem Thema möglichst Bischöfe und andere betraut werden, die wirklichen Aufklärungswillen hätten. Außerdem sollten, so Schell, auch Frauen mitarbeiten und nicht nur eine "altbackene Männerriege, die das System Kirche schützen will".

Katholikenkomitee hofft auf Neuanfang

Beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hofft man nach Ackermanns Ankündigung auf einen Neuanfang. So könne die Kirche unter Beweis stellen, dass sie aus Fehlern gelernt hat, sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Ausdrücklich zu begrüßen sei deswegen die Ankündigung der Bischofskonferenz, mit dem Rückzug von Ackermann auch den Aufgabenbereich der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen neu aufzustellen. Das ZdK habe Ackermanns Entscheidung "mit Wertschätzung, aber auch Erleichterung" wahrgenommen, so Stetter-Karp weiter.

Hatte Bischof Ackermann das Amt zu lange inne?

SWR-Redakteur Ulrich Pick meint, es sei abzusehen gewesen, dass Ackermann sein Amt als Missbrauchsbeauftragter im Herbst aufgeben wird. Es sei die Konsequenz, dass er das Amt wahrscheinlich schon zu lange innehabe und seines unglücklichen Verhaltens. Pick meint, an Engagement habe es Bischof Ackermann nicht gemangelt. Er habe aber manchmal leider zu emotional agiert und daher für Missverständnisse gesorgt.

"Zudem hatte man den Eindruck, dass in anderen Bistümern die Aufklärung der Missbrauchsfälle schneller vorwärts kam als in Trier."

Pick sagt, dass es mehr als ungeschickt von Bischof Ackermann war, im Fall "Karin Weißenfels" den Klarnamen des Opfers offen zu legen und als Folge eine Unterlassungserklärung unterschreiben zu müssen. Es bliebe der Eindruck, dass in anderen Bistümern die Aufklärung der Missbrauchsfälle - aus welchen Gründen auch immer - schneller vorwärts gekommen sei als in Trier, meint der SWR-Experte.

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