Nach Gerichtsurteil

In RLP drohen Schließungen von ärztlichen Bereitschaftspraxen

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In Rheinland-Pfalz müssen sich die Menschen auf Einschränkungen beim ärztlichen Bereitschaftsdienst einstellen. Grund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts.

Das Bundessozialgericht hatte am Dienstag entschieden, dass ein Zahnarzt sozialversichert werden muss, wenn er als sogenannter Poolarzt freiberuflich arbeitet und einem von der Kassenärztlichen Vereinigung organisierten Notdienst nachkommt.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) befürchtet nun die Schließung von ärztlichen Bereitschaftspraxen in Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung von KV-Chef Peter Heinz könnten künftig rund 60 Prozent der geleisteten Dienste wegfallen.

In RLP sind 430 Ärzte vom Urteil betroffen

In Rheinland-Pfalz sind demnach rund 430 Ärztinnen und Ärzte betroffen. Das sei etwa ein Drittel aller Mediziner, die im Bereitschaftsdienst arbeiten. Viele der 430 Ärzte seien nach dem Urteil nicht mehr bereit, Dienste zu übernehmen, heißt es. Das führe dazu, dass die Öffnungszeiten in zahlreichen Bereitschaftspraxen eingeschränkt werden müssten und kleinere voraussichtlich schließen müssten.

Über konkrete Folgen könne man frühestens in zehn Tagen berichten, teilte die KV mit. Nach ihren Angaben gibt es die Möglichkeit, Ärzte im Ärztlichen Bereitschaftsdienst aus der Sozialversicherungspflicht herauszunehmen, ähnlich wie im Rettungsdienst. Dazu müsse die Bundesregierung aber das Gesetz ändern.

Konsequenzen für RLP werden geprüft

Der Kassenärztlichen Vereinigung sei bewusst, dass es sich bei dem Urteil des Bundessozialgerichts um eine Einzelfallentscheidung handele, erklärte eine KV-Sprecherin. "Wir werden intern prüfen, ob das Urteil auch hier in Rheinland-Pfalz Anwendung findet und sich daraus Konsequenzen für die Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in unserem Bundesland ergeben."

So schätzt Nikolai Vack aus der SWR-Rechtsredaktion das Urteil ein:

In Baden-Württemberg schließen schon Praxen

Arztsitzinhaber, also Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, sind zum Bereitschaftsdienst verpflichtet. Sogenannte Poolärztinnen und Poolärzte konnten bisher zusätzlich am Bereitschaftsdienst freiwillig teilnehmen. Hierbei handelt es sich laut KV beispielsweise um Ruheständler oder Klinikärztinnen und -ärzte, die dazu eine Vereinbarung mit der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung schließen. Poolärzte sind somit freiwillig im Bereitschaftsdienst mitarbeitende Ärztinnen und Ärzte und oft gar nicht über die Kassenärztliche Vereinigung versichert.

In Baden Württemberg bleiben als Konsequenz aus dem Urteil laut KV seit Mittwoch acht von 115 Notfallpraxen geschlossen. Sechs weitere werden teilweise geschlossen.

Hausärzte fordern schnelle Lösung

Die Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, fordert eine schnellstmögliche Klärung der Lage. Es müsse sichergestellt werden, dass auch in Zukunft Poolärztinnen und Poolärzte Bereitschaftsdienste übernehmen. Die Hausärztinnen und Hausärzte könnten nicht noch zusätzliche Nacht- und Wochenendschichten leisten. "Das wäre schlichtweg nicht mehr zu stemmen", so Buhlinger-Göpfarth. Die Folge wäre, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen frühzeitig die hausärztliche Versorgung verlassen oder ihre Sprechstundenzeiten reduzierten. Das zeigten auch die ersten Rückmeldungen, die sie erreichten.

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