Abstein frustriert über Bundespolitik

Bürgermeister der Verbandsgemeinde Eich tritt aus CDU aus

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AUTOR/IN
Christian Bongers

Ein kleiner Paukenschlag in der rheinhessischen CDU: Nach 20 Jahren gibt Maximilian Abstein sein Parteibuch zurück. Mit dem Kurs der Union kann sich der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Eich nicht mehr identifizieren. Im SWR-Interview erklärt er, warum.  

SWR Aktuell: Herr Abstein, nach zwanzig Jahren sind Sie als amtierender Verbandsgemeindebürgermeister von Eich aus der CDU ausgetreten. Warum? 

Maximilian Abstein: Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Das Hauptproblem ist die Orientierungslosigkeit der Union. Gefühlt schießen die gerade gegen alles. Letztendlich bringt das meiner Ansicht nach wenig. Man sollte konstruktiv Oppositionsarbeit machen und nicht pauschal dagegen schießen.

Bestes Beispiel ist das Thema Elterngeld. Da geht es darum, die Grenze des Haushaltseinkommens, bis zu der man Elterngeld bekommen darf, von 300.000 auf 150.000 Euro zu senken. Das ist in meinen Augen gar nicht diskussionswürdig. Ich kenne wenige Leute, die über diese Grenze kommen. Und es wird so dargestellt, als ob das die Hälfte der Republik betrifft. So wird Politik oft auf Bild-Zeitungs-Niveau gemacht. Gerade einer Kanzlerpartei, wie sich die CDU nennt, würde ein wenig mehr seriöse Arbeit guttun. Aber das ist eine höchstpersönliche Meinung von mir.  

"Politik wird oft auf Bild-Zeitungs-Niveau gemacht." 

SWR Aktuell: Inwiefern hat der Umgang der CDU mit der AfD Ihre Entscheidung zum Parteiaustritt beeinflusst? 

Abstein: Das Beispiel um die Aussagen von Friedrich Merz zeigt meiner Ansicht nach ganz eindeutig, wie die innere Zerrissenheit der CDU im Verhältnis zu den politischen Mitbewerbern ist. Da hilft es auch nicht, einen Schlingerkurs zu fahren. Meiner Ansicht nach ist da eine klare Kante sinnvoll. Wenn eine Partei wie die AfD, einzelne Mitglieder hat, die meiner Ansicht nach offen fremdenfeindlich sind und verfassungsfeindliche Aussagen treffen, dann ist das ein politisches No-Go.  

Seit der Bundestagswahl 2021 versucht sich die CDU irgendwie in der Oppositionsrolle einzufinden. Ich finde, das ist in der letzten Zeit relativ missglückt. Auch bei wichtigen Entscheidungen, wie der Klimapolitik. Wie die Union da in den letzten Monaten und Jahren agiert, habe ich persönlich Bauchweh.  

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SWR Aktuell: Sie beziehen Ihre Kritik ausschließlich auf die Landes-, Bundes- und Europapolitik der CDU. Was läuft im Kommunalen besser? 

Abstein: Das variiert natürlich von Ort zu Ort. In meiner Verbandsgemeinde herrscht meiner Ansicht nach ein sehr gutes Miteinander. Man kennt sich, man schätzt sich, ohne, dass da ein Klüngel herrscht. Das ist ein konstruktives Miteinander, bei dem es um die Sache geht. Es wird auch diskutiert, aber niemand persönlich angegangen. Respekt füreinander zu haben und das große Ganze im Blick zu haben, ist das Zaubermittel, warum es hier gut läuft.  

„Stammtischparolen kann jeder raus hauen. Meiner Ansicht nach sollte Politik seriös sein.“

SWR Aktuell: Haben Sie durch ihren Parteiaustritt auch andere CDU-Mitglieder dazu gebracht, Ihr Parteibuch zu überdenken? 

Abstein: Hadern tun viele. Gerade mit den Entwicklungen in den letzten Wochen. Wenn jemand in politischer Position, wie ich, jetzt zu solch einer Entscheidung kommt, glaube ich, dass sich der ein oder andere auch mit dem Gedanken befasst. Es ist aber nicht mein Ansatz, dass ich der CDU-Zerstörer 2.0 werde. Ich habe mich in Frieden und Freundschaft von meinen ehemaligen Parteikollegen getrennt. Ich habe viel Zuspruch und Feedback bekommen, dass die Leute meine Entscheidung respektiert haben. Ich habe aber von anderen gehört, dass sie auch relativ unzufrieden sind und auch immer mal wieder überlegen.  

SWR Aktuell: In eine andere Partei einzutreten kommt für Sie nicht in Frage? 

Abstein: Ich habe eine Wahl am 1. Oktober (Bürgermeisterwahl in der Verbandsgemeinde Eich, Anm. d. Red.), bei der ich als parteiloser Kandidat antrete. Meine Gedanken drehen sich gerade darum.  

SWR Aktuell: Befürchten Sie denn, dass die CDU für die Wahl einen Gegenkandidaten aufstellen könnte? 

Abstein: Die Gefahr besteht logischerweise. Die ist jetzt natürlich ein wenig mehr gegeben. Viele hatten mir geraten, mit dem Parteiaustritt bis nach der Wahl zu warten. Das wäre der einfachere, aber nicht der ehrlichere Weg gewesen.  

SWR Aktuell: Wird die Zusammenarbeit mit der großen Koalition aus CDU und SPD im Verbandsgemeinderat für Sie jetzt komplizierter?  
 
Abstein: Ich habe mit meinen Beigeordneten und den Fraktionen gesprochen. Bis jetzt habe ich die Zusage bekommen, dass es keinerlei Unterschied macht, ob ich in der CDU bin oder nicht. Die Arbeit wird genauso geräuschlos weiterlaufen wie in der Vergangenheit. Das ist die Zusage, dafür arbeite ich und hoffe, dass das auch so weiter passiert.  

SWR Aktuell: Vielen Dank für das Interview, Herr Abstein.

Das Interview führte SWR-Reporter Christian Bongers.

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