Bei den Tafeln in Mainz, Worms und Alzey stehen die Menschen regelmäßig Schlange.

Bundesweiter Tag der Tafeln

Tafeln in Rheinhessen am Limit: "Wir schaffen das nicht mehr"

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Ilona Hartmann
SWR-Autorin Ilona Hartmann

Immer mehr Menschen, immer weniger Essen: Die Tafeln in Mainz, Worms und Alzey können bei Weitem nicht mehr alle Bedürftigen versorgen.

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Schon vor vielen Monaten haben die Tafeln in Mainz und Worms einen Aufnahmestopp verhängt und ein Ende ist nicht in Sicht, befürchten ihre Organisatoren. Statt sich zu entspannen, werde die Situation immer schlimmer. Es sei ein Teufelskreis, berichtet Dieter Hanspach, Vorsitzender der Tafel in Mainz, anlässlich des bundesweiten Tages der Tafeln am 30. September.

Supermärkte geben weniger Lebensmittel an die Tafeln

Auf der einen Seite kämen immer mehr Menschen und auf der anderen Seite bekämen die Tafeln immer weniger Lebensmittel. Grund für den Rückgang der Essens-Spenden ist, dass die Supermärkte weniger aussortieren, beispielsweise nicht gleich den ganzen Sack Tomaten aus dem Verkauf nehmen, wenn eine faule Frucht dabei ist.

Das sei natürlich an sich eine gute Entwicklung, sagt Hanspach, weil weniger Lebensmittel verschwendet werden. Für die Tafeln aber breche damit ein wichtiger Lieferant weg.

Ehrenamtliche Helfer der Tafeln fast alle im Rentenalter

Hans-Jürgen Sehrt, Geschäftsführer der Wormser Tafel, sagt unumwunden: "Wir schaffen das nicht mehr!" Weder hätten sie genug Lebensmitttel, um so viele Menschen zu versorgen, noch genug Ehrenamtliche. Fast alle der etwa 100 Helfer seien Rentnerinnen und Rentner. Denen könne man nicht einfach sagen, dass sie statt drei Stunden plötzlich acht Stunden arbeiten müssten.

"Migration ist größtes Problem"

Die Situation wird dadurch verschärft, dass sich gleichzeitig immer neue Bedürftige meldeten. "Die Migration ist und bleibt das größte Problem", ist Hans-Jürgen Sehrt überzeugt. 2.600 Menschen versorge die Wormser Tafel mit Lebensmitteln, die Hälfte von ihnen seien Migranten aus insgesamt 42 Nationen. Die größte Gruppe seien dabei ganz klar Menschen aus der Ukraine. Sie machten derzeit rund ein Drittel der Kunden aus.

Auch Dieter Hanspach von der Mainzer Tafel glaubt: "Wenn der Krieg in der Ukraine jetzt enden würde, dann würde es sich vermutlich entspannen. Aber das ist ja überhaupt nicht abzusehen."

Ich sehe kein Ende. Die Flüchtlingsströme hören ja nicht auf.

Für die Mitarbeiter der Tafel sei es schlimm, wenn sie Leute abweisen müssten oder ihnen nicht das geben könnten, was sie brauchen, sagt Hanspach. Aktuell hofft er, dass es vielleicht im November möglich sein könnte, mal wieder ein paar neue Haushalte in die Liste der Mainzer Tafel-Kunden aufzunehmen. Aber versprechen will er das nicht.

Alzeyer Tafel gibt an weniger Tagen Essen aus

Auch bei der Alzeyer Tafel ist die Situation mehr als angespannt, berichtet Leiterin Bianca Schneeweiß. In den vergangenen Monaten sei es einfach zuviel geworden für die ehrenamtlichen Helfer. Deshalb habe man handeln müssen.

Unsere Mitarbeiter waren abends fix und fertig.

Einen generellen Aufnahmestopp habe die Tafel noch nicht verhängt. Aber: Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten, können die Kunden in Alzey ab Oktober nur noch an fünf Tagen im Monat Essen abholen, statt wie bisher an acht Tagen. Auf diese Weise ließen sich auch die geringeren Mengen an Lebensmitteln besser verteilen.

Unterstützung von Kirchen und regionaler Wirtschaft

Im Moment, sagt Bianca Schneeweiß, komme der Tafel gerade die Erntedank-Zeit zugute. Traditionell bekämen sie in dieser Zeit viele Lebensmittel von den Kirchen, Schulen und Kindergärten in der Umgebung gespendet.

Außerdem gebe es Dauer-Helfer wie beispielsweise einen Imker, der die Alzeyer Tafel regelmäßig mit Honig versorgt. Und auch von der regionalen Wirtschaft gebe es viel Unterstützung.

Wormser Tafel hofft auf viele Spenden in der Adventszeit

Hans-Jürgen Sehrt von der Wormser Tafel baut ebenfalls auf Unterstützung aus der Bevölkerung, vor allem in der bevorstehenden Adventszeit. Das sei erfahrungsgemäß die Zeit im Jahr, in der die meisten Spenden hereinkämen - sowohl Lebensmittel als auch Geld, von dem die Tafel wiederum Essen kaufen könne. Diese Spenden hätten sie in der Vergangenheit oft über den Winter gebracht. Das, so hofft er, wird auch diesmal wieder der Fall sein.