Kommunen in Rheinhessen wie Bingen sehen sich durch Flüchtlinge überlastet. (Foto: dpa Bildfunk, Boris Roessler)

Leistungen für Asylsuchende

Stadt Bingen durch Flüchtlinge überlastet

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Golo Schlenk

Die Stadt Bingen fühlt sich durch die steigende Zahl von Flüchtlingen überlastet. Man habe derzeit zu wenig Unterkünfte. Zudem sei die Verwaltung überfordert.

Die aktuelle Diskussion, ob Flüchtlinge Geld- oder Sachleistungen wie Nahrung, Kleidung oder Gebrauchsgüter bekommen sollen, kann der Binger Sozialdezernent Sebastian Hamann (SPD) nicht nachvollziehen. "Wir sind jetzt schon am Limit, was die Bearbeitung der Fälle angeht", klagt er. Die Vollzeitstelle, die sich in Bingen mit den aktuell rund 120 Flüchtlingen beschäftigt, sei komplett ausgelastet.

Man könne nicht auch noch individuell entscheiden, wer was an Sachleistung bekomme, dafür sei der Aufwand zu groß. Anders sieht Hamann das bei Sachleistungen für Flüchtlinge, die in Gemeinschaftsunterkünften leben. Dort sei das grundsätzlich eher vorstellbar. Allerdings sind in Bingen nur die Hälfte der Flüchtlinge dort untergebracht.

Wir müssen Flüchtlinge schnell in Arbeit bringen.

Unabhängig von dem, was Flüchtlinge bekommen, sei jetzt wichtig, die bereits in Bingen wohnenden Flüchtlinge schnell in Arbeit zu bringen und ihnen Arbeitserlaubnisse zu erteilen. "Arbeit, die gemacht werden muss, haben wir genug", so Hamann. Die Gastronomie suche händeringend Personal und auch das Handwerk wie Bäckereien könnte Arbeitskräfte gut gebrauchen. Die Stadt selbst brauche Unterstützung beispielsweise im Bauhof oder im Gartenamt. Zentrale Voraussetzung sei aber, dass die Menschen Deutsch sprechen.

Stadt Bingen hat zu wenig Unterkünfte für Flüchtlinge

In der Binger Bürgerschaft schwindet offenbar die Akzeptanz für Flüchtlinge. "Die Stimmung ist am kippen", warnt Hamann. Wöchentlich bekomme die Stadt neue Flüchtlinge zugewiesen, könne sie aber nicht passend unterbringen. Zwei Unterkünfte stünden ihr zur Verfügung, in denen je 30 Menschen leben würden, viele sind einzeln untergebracht.

Da derzeit niemand bereit sei, Flüchtlinge aufzunehmen, hat die Stadt Bingen nach Hamanns Angaben den Kreis Mainz-Bingen um Hilfe gebeten. Dort seien aktuell etwa 25 Flüchtlinge untergebracht. Die Suche nach Wohnraum gestaltet sich schwierig und könnte zu Unruhe in der Bevölkerung führen. "Wir wollen verhindern, dass wir Sporthallen sperren müssen, um dort Platz für Flüchtlinge zu schaffen", sagt Hamann.

VG Rhein-Selz wünscht Abkehr von Geldleistungen für Flüchtlinge

In der VG Rhein-Selz befürwortet der Beigeordnete für Soziales, Stefan Herte, eine Abkehr von Geldleistungen hin zu Sachleistungen für Flüchtlinge. "Das Geld wird hier nicht zweckmäßig verwendet, es fließt sogar in die Heimatländer ab", beklagt Herte. Das locke weitere Menschen hierher.

Er befürworte stattdessen Gutscheine, die die Flüchtlinge beispielsweise in Supermärkten einlösen könnten. Die Märkte stellen dann der Verbandsgemeinde Rechnungen. Das Problem dabei: Dieser Vorgang sei aufwändig und binde Personal, das die VG Rhein-Selz aktuell nicht habe und absehbar auch nicht bekommen könne.

Arbeit ist Wertschätzung.

Raus aus dem Sozialsystem, rein in die Arbeit. Das ist auch für den Bürgermeister der VG, Martin Groth, der ideale Weg. Wer arbeite, entlaste nicht nur das Sozialsystem: "Das ist auch Wertschätzung". Es müsse hier lebenden Asylbewerbern schneller ermöglicht werden, Arbeitsqualifikationen zu erwerben.

Dazu zählt er neben der deutschen Sprache auch den Führerschein. Denn es würden beispielsweise Bus- und Lkwfahrer dringend benötigt. Allerdings müsse auch hier sichergestellt sein, dass Flüchtlinge gerecht entlohnt werden.

Kreis Bad Kreuznach schlägt Kombination aus Geld- und Sachleistungen vor

Der Kreis Bad Kreuznach gibt zu bedenken, dass bei der Gewährung von Sachleistungen diese nachkontrolliert werden müssten. Im Zweifel müssten Mitarbeitende von Sozialbehörden Quittungen überprüfen. Dieser Aufwand "würde es unmöglich machen [...] auf Sachleistungen umzustellen", heißt es auf SWR-Anfrage.

Sinnvoll sei hingegen die Einführung von Geldwertkarten bei gleichzeitigem Wegfall der bürokratischen Hürden. Hier müsste aber ausgeschlossen werden, dass "Menschen im Leistungsbezug durch die Nutzung von Geldwertkarten stigmatisiert werden."

Eine Kombination aus Sachleistungen - wie die direkte Erstattung von Miete, Energie und Wasser an den Vermieter, und Geldleistungen - mittels einer Geldkarte für Lebensmittel und Hygieneprodukte - könnte die Lösung sein. Die Zahlung einer Art "Handgeld" sei aber von Nöten, weil die individuellen Bedarfe von Mensch zu Mensch zu unterschiedlich seien.

Stadt Ingelheim befürchtet Mehraufwand bei Sachleistungen

Die Stadt Ingelheim sieht eine Umstellung von Geld- auf Sachleistungen dagegen kritisch. Sie sieht in den Debatten über vermehrte Sachleistungen für Asylbewerber keine Hilfestellung. "Für uns bedeuten Sachleistungen zum einen Mehraufwand und zum anderen bezweifeln wir die Abschreckungswirkung, die damit verbunden wird", heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

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