Es wird auch in der Pfalz immer heißer (Foto: IMAGO, ZUMA Wire)

Gibts Hitzeaktionspläne?

Hitze in den Städten der Pfalz: Was wird langfristig getan?

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Sebastian Barth
SWR-Reporter Sebastian Barth am Rhein (Foto: SWR)

Die Pfalz gilt als die Toskana Deutschlands. Mittlerweile ist es hier leider auch so heiß, wie in Italien. Was machen Städteplaner, um die Hitze wieder aus den zugepflasterten Innenstädten zu bekommen?

Speyer war im vergangenen Jahr die heißeste Stadt Deutschlands, dicht gefolgt von Ludwigshafen. 23 Hitzetage gab es - also Tage, an denen die Temperaturen über 30 Grad lagen. Auch in diesem Jahr steuert die Pfalz wieder auf Rekordwerte zu. Langfristig muss sich etwas ändern. Aber was?

Wandernde Wälder, Prämien oder Mustergärten sollen helfen. Es gibt schon einige gute Ideen, wie die Städte künftig kühler werden könnten. Viele dieser Ideen lassen sich aber nur in Neubaugebieten umsetzen, wenn die Kommune dort im Bebauungsplan ganz bestimmte Begrünungsmaßnahmen vorschreibt. In älteren Wohnsiedlungen lassen sich keine Vorschriften umsetzen. Aber einige Kommunen haben auch hier Wege gefunden, dass Bewohner freiwillig etwas tun. Hier einige Beispiele, was Städte umgesetzt haben und noch umsetzen:

Speyer
Schifferstadt
Landau
Germersheim
Neustadt an der Weinstraße

Speyer:

Die Stadt Speyer hat seit 2016 nach Angaben einer Sprecherin bei Neubauten bestimmte Auflagen gemacht: Schotter- oder Steingärten sind untersagt, stattdessen muss eine Grünfläche mit bestimmter Mindestgröße angelegt werden, mit Bäumen und Sträuchern. Wo keine genügende Grünfläche geschaffen werden kann, müssen Dächer oder Fassaden begrünt werden.

Heiß und begrünt wie in Italien: Die Innenstadt von Speyer (Foto: Stadt Speyer)
Heiß und begrünt wie in Italien: Die Innenstadt von Speyer

Es gibt in der Stadt einen Stadtplan für kühle Orte, der kühle Stellen an heißen Tagen ausweist. Dieser besteht seit 2015 unverändert. Neue kühle Plätze seien nicht hinzugekommen, so die Sprecherin, was zeige, wie dringend in den kommenden Jahren nachgearbeitet werden muss.

Fußgängerzone in Speyer soll mehr begrünt werden

Die Maximilianstraße, der größte Teil der Speyerer Fußgängerzone, soll mehr Grün bekommen. Entsprechende Pläne sollen dem Bauausschuss im Herbst vorgelegt werden. Bisher gibt es Kübelpflanzen in der Fußgängerzone aber man will prüfen, wo Bäume dauerhaft gepflanzt werden können. Das sei aufwendig, da unter dem Pflaster Versorgungsleitungen liegen und der Gießhübelbach verläuft - ein Teil des Speyerbachs.

Auch in Speyer gilt: Nur bei Neubauten können Auflagen gemacht werden. Darum sei es zum Beispiel auch nicht einfach möglich, in der Stadt neue Luftschneisen zu schaffen.

Mann pflastert Weg - auch in der Pfalz wird viel Fläche versiegelt (Symbolbild) (Foto: SWR)
Bisher wird viel gepflastert statt Flächen offen zu lassen.

Schifferstadt:

Die vergleichsweise kleine Stadt Schifferstadt hat seit einigen Jahren eine eigene Klimaschutzmanagerin - zur Zeit in Teilzeit. In den vergangenen Jahren wurde in Schifferstadt versucht, einzelne kleinere Grüninseln zu schaffen. Da auch hier in den seit langem bestehenden Wohngebieten keine Möglichkeit besteht, bauliche Veränderungen vorzuschreiben, bietet die Stadt eine Prämie all denjenigen, die versiegelte Flächen öffnen. So soll mehr Grün statt Straßenpflaster oder Asphalt auf Privatgelände entstehen. Die Prämie wurde nach Angaben der Stadt erst kürzlich auf 1.000 Euro erhöht.

Landau:

Die Stadt Landau hatte als erste Kommune in Rheinland-Pfalz den Klimanotstand ausgerufen. Seit 2020 gibt es in Landau ein Klimaanpassungskonzept, das Stück für Stück umgesetzt werden soll. Dafür soll es auch eine städtische Klimaschutzmanagerin geben.

Frischluftschneisen freihalten, Bäume erhalten

Das Konzept sieht vor, dass Frischluftschneisen durch den Flächennutzungsplan oder die Bebauungspläne freigehalten werden. Mit einem Baummanagement soll auch dafür gesorgt werden, das bestehende Bäume erhalten bleiben und gleichzeitig mehr Stadtgrün geschaffen wird. Beispielsweise sollen mehr schattige Sitzgelegenheiten oder "Pocket Parks" entstehen - Nischen, die bislang ungenutzt sind, und die gärtnerisch aufgewertet werden.

Nach Angaben einer Stadtsprecherin ist in Landau das Ziel, eine durchgehende grüne Vernetzung zu schaffen, damit vor allem ältere Menschen, die am stärksten mit den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben, an vielen Orten kühlere, schattigere Plätze finden. Für Fußgängerinnen und Fußgänger wurden auch öffentliche Trinkwasserspender installiert.

Auch sieht das Klimaanpassungskonzeptv vor, dass die Innenstadt autofreier werden soll. Es habe sich aber auch schon viel in Landau verändert, unter anderem mit besseren ÖPNV-Verbindungen und der großangelegten Förderung des Radverkehrs.

Germersheim:

Die Stadt Germersheim hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren vermehrt Bäume angepflanzt - heimische Arten, die trotzdem Hitzeresistent sind. Auch wurden kleine Grünoasen geschaffen. Damit auch Insekten in die Stadt zurückkehren, wurden im vergangenen Jahr rund 1.500 Tütchen mit Wildblumensamen verteilt - an Vereine und Privatpersonen. Viele Grünflächen seien zu artenreichen Magerwiesen geworden oder werden noch umgewandelt.

Wandernder Wald in Germersheim

Im Stadtinnern wurden verschiedene Baumarten in Kübeln aufgestellt. An jedem Baum hängt ein Steckbrief und dieser "Wanderwald" zieht im Abstand einiger Wochen an andere Plätze. Der Wanderwald verschönert nicht nur Bereiche in der Innenstadt. Er soll Gartenbesitzern Ideen aufzeigen, welche Bäume sie auch in ihrem Garten pflanzen könnten, weil sie heißeres Klima vertragen. Auch mit Vorträgen will die Stadt erreichen, dass auch Privatgärten naturnaher gestaltet werden.

"Wanderwald" in Germersheim, mehrere kleinere Bäume in Blumenkübeln (Foto: Stadt Germersheim)
"Wanderwald" in Germersheim

Die wandernden Bäume sollen alle paar Jahre fest eingepflanzt werden. Dann kommen neue kleine Bäume in die Kübel und begeben sich auf Wanderschaft. Das spare Kosten, denn kleine Bäume seien günstiger.

Zusätzlich hat Germersheim Grünpatenschaften ins Leben gerufen. Bürgerinnen und Bürger pflegen dabei öffentliche Beete oder Bäume. Bisland sind es knapp 50 Einzelpersonen und Vereine, die sich so engagieren.

Neustadt an der Weinstraße:

In Neustadt soll künftig beim Genehmigungsverfahren für Neubauten deutlich mehr auf Klimafreundlichkeit geachtet werden. Laut Umweltdezernentin Waltraud Blarr wurde beispielsweise erst kürzlich beim Bau eines Supermarktes gefordert, dass die Positionierung des Marktes gedreht werden muss, sonst hätte er komplett eine Kaltluftschneise abgeschnitten. Sie bedauert, dass nach wie vor diese Schneisen überhaupt zugebaut werden dürfen. Das müsse sich künftig ändern. Das wieder Kaltluftschneisen, beispielsweise durch Abriss von Gebäuden wieder geschaffen werden, sieht sie in absehbarer Zukunft nicht. Das ginge nur, wenn Gebäude zu marode sind für einen Erhalt.

Fernansicht von Neustadt an der Weinstraße vom Sonnenweg aus gesehen (Foto: SWR)
Neustadt an der Weinstraße

Bäume und Grünflächen in Neustadt

Neustadt bemühe sich auch sehr, alle Bäume, die gefällt werden, wieder nachzupflanzen, so Blarr. Leider könnten gefällte Straßenbäume oft nicht an derselben Stelle ersetzt werden. Junge Bäume könnten wegen zu wenig Platz, engen Straßen und Kabel und Leitungen im Untergrund nicht richtig anwachsen. Es müssten mehr Bäume gepflanzt werden. Aber das werde mehr Geld und Personal fordern. Sie ist sich aber sicher, dass je heißer es wird, umso weniger Baumpflanzungen am Geld scheitern werden.

"Zukünftig wird das Geld bei Baumpflanzungen weniger die Rolle spielen, als geeignete Stellen für diese Bäume in der Stadt zu finden."

Wasser in Neustadt

Die Öffnung des Speyerbachs erhöhe auf jeden Fall die Lebensqualität in der Stadt. Auf das Klima habe das aber kaum einen bedeutenden Einfluss, so Blarr. Die Verdunstung sei kaum zu spüren und kleinere Bäche oder Kanäle trocknen im Sommer ohnehin oft aus. Viel sinnwoller sei für eine gute Verdunstung, dass mehr Grün auf Dächern und an Fassaden entsteht.

Mehr Gründächer könnten in Neustadt für Abkühlung sorgen (Foto: IMAGO, Margit Brettmann)
Mehr Gründächer können für Abkühlung sorgen

Mehr Gründächer in Neustadt

Die Stadt will ein Kataster anlegen, welche Flachdächer begrünt werden könnten. Kies auf Dächern kann ihrer Einschätzung nach sofort gegen Dachbegrünung ausgetauscht werden, denn die Dachkonstruktion halte ja schon das Gewicht von Kies aus. Das Grün auf dem Dach für Kühlung sorgt, wisse sie aus eigener Erfahrung. Ihre Garage sei, seit sie begrünt ist, um mindestens zwei bis drei Grad kühler im Sommer.

Blühender Garten mit vielen Büschen (Foto: SWR)
Pflegeleichter Garten - zum Beispiel mit Insektenfreundlicher Blumenwiese

Mustergärten sollen Neustadter zu bunten Gärten bewegen

Auch in Neustadt setzt man auf Freiwilligkeit und will Anreize schaffen. Viele, die sich statt eines Gartens Plaster, Mulch- oder Kiesflächen anlegen, wollen sich Arbeit ersparen. Aber wer die richtigen Pflanzen auswählt, hat auch nicht mehr Arbeit und schafft statt einer versiegelten Stein- oder Betonwüste eine klimafreundlichere Umgebung. In den einzelnen Stadtteilen von Neustadt sollen Mustergärten angelegt werden, um Ideen aufzuzeigen. Solche Gärten ordentlich zu halten, mache auch nicht mehr Arbeit, als Unkraut aus Pflasterritzen zu entfernen oder Mulch auszutauschen.

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