Immer öfter erreichen die Temperaturen im Sommer in manchen Städten in Rheinland-Pfalz fast 40 Grad. (Foto: IMAGO, IMAGO Bildnummer: 0163202913)

Klimaerwärmung

Das tun Städte in Rheinland-Pfalz gegen Hitze

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Jeanette Schindler

Hitzetage und tropische Nächte über 20 Grad werden immer häufiger. Besonders in den Städten kühlt es nicht mehr ab. In Rheinland-Pfalz stellen sich die Kommunen nur langsam um.

Für die Kommunen in Rheinland-Pfalz ist es nicht einfach, ihre Innenstädte klimafreundlich umzugestalten. Oftmals stehen sich berechtigte Interessen scheinbar unvereinbar gegenüber: Gönnen wir uns die Grünfläche in der Stadt oder schaffen wir zusätzlichen Wohnraum, der dringend benötigt wird?

Städte sind für Autoverkehr gebaut

Außerdem wurden die Städte in der Vergangenheit stets für Autoverkehr gebaut. Das rächt sich zunehmend. So können über den zahlreichen Tiefgaragen beispielsweise keine Bäume gepflanzt werden. Die Wurzeln würden die Decke der Garage beschädigen. In Worms hat der Stadtrat nun beschlossen, dass die Tiefgarage unter dem zentralen Ludwigsplatz zugeschüttet wird.

Der Platz ist eine der "urbanen Hitzeinseln" in der Stadt und soll komplett neu gestaltet werden. "Wenn wir hier Konzepte entwickeln, wie sich der Ludwigsplatz entwickeln soll, dann müssen wir Hitze mitdenken, das heißt grün oder auch blau, also mehr Bäume oder auch Wasserflächen in die Stadt zu bringen", so Bürgermeisterin Stefanie Lohr (CDU).

Der Ludwigsplatz in Worms gilt als urbane Hitzeinsel. Er soll neu gestaltet werden. (Foto: SWR)
Die Tiefgarage unter dem Ludwigsplatz in Worms soll zugeschüttet werden, damit der Platz neu angelegt werden kann.


"Baurecht vor Baumrecht"

Das internationale Netzwerk "Städte für Nachhaltige Entwicklung" (ICLEI) kritisiert, dass in den Kommunen immer noch die Formel gelte "Baurecht vor Baumrecht". "Das ist nicht mehr zeitgemäß", sagt der stellvertretende Regionadirektor und Experte für Stadtplanung und Klimaanpassung Holger Robrecht. "Wir brauchen ein anderes Verständnis von Urbanität. Die Stadt muss viel grüner werden, aber die Baustandards widersprechen dem oftmals."

Was die Städte und ihre Bürger bräuchten? Mehr Schatten durch Bäume, Begrünung der Gebäudefassaden, mehr Grünflächen, Springbrunnen und Wasserbecken, die Abkühlung schaffen. Doch daran mangelt es auch in den meisten rheinland-pfälzischen Städten und dabei nehmen auch hier die jährlichen Hitzetage zu.


Rheinland-pfälzische Städte entwickeln Pläne

Etliche rheinland-pfälzische Städte haben immerhin Pläne zur Anpassung an die Hitze verabschiedet. Sie führen kurzfristig Maßnahmen auf, wie etwa "Trinkpaten" in Ingelheim, die pflegebedürftige Menschen zu Hause aufsuchen und bei großer Hitze zum Trinken anhalten. Aber auch langfristige Maßnahmen werden genannt, wie die Umgestaltung von öffentlichen Plätzen.

Auch auf dem Platz am Wormser Rathaus wird es im Sommer heiß. Ein Eiscafe schützt sich mit Pflanzenkübeln vor der Sonne. (Foto: SWR)
Platz am Wormser Rathaus.

"An der Umsetzung solcher umfassenden Maßnahmen hapert es noch gewaltig", kritisiert auch Klimaexpertin Astrid Kleber vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen Rheinland-Pfalz. "Kleinere Aktionen zusammen mit Bürgerinitiativen gibt es fast überall. Trier und Koblenz beispielsweise haben in der Bürgerschaft Paten gefunden, die die Beete am Straßenrand gießen."

Hausbesitzer haben die Fassade an ihrem Haus in Trier begrünt. Das schafft ein kühles Klima. (Foto: 999)
Hausbesitzer haben ihre Fassade in der Trierer Fußgängerzone begrünt. Das trägt zu einem guten Klima bei und ist Lebensraum für Insekten.

Auch Koblenz arbeitet daran, die Stadt an das heißere Klima anzupassen. Beispielsweise wurde ein kleiner Platz beschattet und der Boden entsiegelt, so dass Regenwasser versickern kann. Wenn es um größere Umgestaltungen gehe, täten sich die Kommunen aber bislang schwer, meint Kleber. Woran liegt das?

In Koblenz arbeitet daran, die Stadt an das heißere Klima anzupassen. Plätze werden mit Bäumen beschattet. (Foto: Astrid Kleber)
Auf diesem Platz in Koblenz spenden Bäume Schatten, der Boden ist bepflanzt oder mit hellen Steinen belegt, die sich nicht so schnell aufheizen.

Der Klimaanpassungsexperte Robrecht ist pessimistisch: "Es muss immer erst eine dramatische Erfahrung im Hintergrund stehen, bis sich politisch etwas ändert." Außerdem seien die kommunalen Verwaltungen oft überfordert. "Sie wissen oft gar nicht, wo sie anfangen sollen. Da fehlt es an systematischer Planung. Was hat Priorität? Wie soll das Projekt umgesetzt und wann soll es abgeschlossen sein?"

Worms unter den 20 Besten bei Klimaanpassung

In einer Studie des Forschungsprojekts ExTrass hat Worms es als einzige deutsche Kleinstadt in Deutschland unter die 20 Besten beim Thema Klimaanpassung geschafft. Allerdings ging es dabei nicht um abgeschlossene Umbauten in der Stadt, sondern um Engagement und Konzepte, um die Bürgerinnen und Bürger vor der Hitze in ihrer Stadt zu schützen.

Im Juli 2022 hat der Wormser Stadtrat als einzige Stadt in Rheinland-Pfalz einen Hitzeaktionsplan beschlossen. Die Wormser Bürgermeisterin Stefanie Lohr sagte dem SWR-Magazin "Zur Sache", allein schon die bestehenden Grünanlagen zu erhalten, sei bei der finanziellen Situation der Stadt eine Herausforderung.

"Aber wir haben auch den Anspruch, mehr Grün in die Stadt zu bringen, weil Bäume und auch Beete sind Schatten und Kühle-Spender. Langfristig möchten wir bei der Stadtentwicklung das Thema Hitze mitdenken bzw müssen es mitdenken."

Kaiserslautern will jedes Jahr neue Bäume pflanzen

Auch aus Kaiserslautern heißt es bisher gebe es nur "weniger sichtbare Maßnahmen". Aber es sei schon einiges angestoßen, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. "So wird grundsätzlich beispielsweise der Grünflächenanteil bei Neu- und Umplanungen erhöht, eine Betriebsfläche soll als Frei- und Grünfläche angelegt werden und es sind Begrünungsmaßnahmen als Anpassung an die klimatischen Gegebenheiten bzw. den Klimawandel bei der Neugestaltung von Anliegerstraßen im "Aktiven Stadtzentrum KL" geplant."

Auch in Mainz, Trier und Koblenz ist vieles in Planung. Sichtbar wird es wohl erst in den nächsten Jahren sein.

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