Eidechse

Geschützte Reptilien werden eingefangen

Freinsheim: Eidechsen verzögern Sanierung der Stadtmauer

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Lennart Söhngen

Die nächsten 100 Meter der Stadtmauer von Freinsheim (Kreis Bad Dürkheim) sollen in diesem Jahr saniert werden. Jetzt verhindern aber Eidechsen, dass es mit den Arbeiten losgehen kann.

Die Mauereidechse ist EU-weit streng geschützt - genau das verhindert jetzt die Sanierung. Mindestens 65 dieser Reptilien leben in den Fugen und Ritzen der Stadtmauer von Freinsheim (Kreis Bad Dürkheim) Wahrscheinlich sind es noch mehr, sagt Felix Leiser vom Büro Viriditas, "da es Bereiche gab, die wir im Vorfeld nicht wirklich einsehen konnten." Gemeinsam mit einem Kollegen soll er die Eidechsen einfangen und umsiedeln.

Lebensraum der Eidechsen in der Mauer verschwindet

Die Fugen und Ritzen der Stadtmauer sollen im Zuge der Sanierung zugespachtelt werden. Anders als zum Beispiel Vögel, die auch in der Mauer nisten, würden Eidechsen das ganze Jahr - auch im Winter - dort siedeln, erklärt Leiser. "Die verbringen ihr Leben auf 100 Quadratmetern, grob gesagt. Da haben sie dann Sonnenplätze, Verstecke, Fortpflanzungsplätze und auch Räume zum Überwintern." Deshalb sei eine Umsiedlung die einzige Möglichkeit.

Freinsheim von oben
In Freinsheim verzögert sich die Sanierung der Stadtmauer.

Geübtes Auge und ruhige Hand beim Fangen der Eidechsen

Um die Tiere zu fangen, benutzen die Fachleute eine Art Angelstab, der an der Spitze eine kleine Schlinge hat. "Die Schlinge legen wir dann um den Kopf der Eidechse, die zieht sich dann automatisch zu", sagt Leiser. Das Wichtigste dafür sei ein geübtes Auge und eine ruhige Hand, häufig klappe das Fangen direkt beim ersten Versuch. "Wir machen das ja schon viele Jahre, das ist unser täglich Brot."

Eidechsen werden bei Freinsheim von Spezialisten mit Fangschlingen gefangen und umgesiedelt
Spezielle Fangschlinge im Einsatz

Ersatzgelände mit Steinen und Sandhaufen in Freinsheim

Für die gefangenen Tiere geht es dann auf ein Ersatzgelände in Freinsheim. Auf einer Wiese wurden dort extra Stein- und Sandhaufen angelegt, die mit Zweigen abgedeckt wurden, um die Eidechsen vor Raubvögeln zu schützen. Die neue Heimat der Eidechsen ist komplett umzäunt. "Ohne einen Zaun würden die Mauereidechsen wahrscheinlich versuchen, zurückzukommen", erklärt Leiser. Nach der Überwinterung lasse dieser sogenannte Rücktrieb nach. Dann könne der Zaun wieder abgebaut werden.

Eidechsen werden bei Freinsheim von Spezialisten mit Fangschlingen gefangen und umgesiedelt
Die Prozedur ist nach Angaben der Spezialisten nicht schädlich für die Eidechsen.

Mauereidechse ist streng geschützt

Der strenge Schutz der Mauereidechse innerhalb der EU lasse keinen Spielraum. "Im Endeffekt müsste jedes Tier umgesiedelt werden, das werden wir aber nicht schaffen." Wenn man 90 Prozent der Eidechsen umsiedele, habe man eigentlich alles richtig gemacht. Das kalte und regnerische Wetter verzögere die Umsiedlung, da sich die Eidechsen dann nicht zeigen würden, so Leiser. "Gejagt" werde deshalb nur, wenn die Sonne scheint. Und erst wenn bei drei Begehungen in Folge keine Eidechsen gefunden würden, könne die Mauer für die Sanierung freigegeben werden. "Wenn wir Glück haben, ist es Ende April so weit."

"Einzigartige" Stadtmauer: Sanierung kostet etwa eine Million Euro

Die Mauer in Freinsheim ist zwischen 1471 und 1514 erbaut und gehört laut Landesdenkmalamt zu den besterhaltenen mittelalterlichen Befestigungen in Rheinland-Pfalz. Mit ihren Mauergassen und den in die Stadtmauer integrierten Häusern sei sie einzigartig. Die Stadtmauer entstand, als Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz Freinsheim die Stadtrechte verlieh.

Der Mauerabschnitt, der dieses Jahr saniert werden soll, umfasst rund 100 Meter der insgesamt knapp 1.000 Meter langen Stadtmauer. Nach Angaben des Freinsheimer Stadtbürgermeisters Matthias Weber soll die Sanierung des Abschnitts im Spätsommer abgeschlossen sein und rund eine Million Euro kosten. 50 Eidechsen wurden bereits umgesiedelt.

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