Flutkatastrophe im Ahrtal

Kreis Ahrweiler verschickte keine Warnmeldungen

Stand

Der Kreis Ahrweiler hat in der Hochwassernacht keine Warnmeldungen an ein spezielles Meldesystem des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe geschickt.

Deshalb konnten regionale Medien - auch der SWR - keine Warnmeldungen und Verhaltensanweisungen an die Bevölkerung in der Ahrregion weitergeben.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt im Zusammenhang mit der Unwetterkatastrophe gegen den Landrat des Kreises Ahrweiler sowie ein weiteres Mitglied des Krisenstabes wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassung. Dabei gehe es darum zu prüfen, ob mit früheren Warnungen oder Evakuierungen Menschenleben hätten gerettet werden können.

Warnungen zu spät?

Erste Vorermittlungen haben nach Auskunft der Staatsanwaltschaft "tatsächliche Anhaltspunkte" dafür ergeben, dass am 14.07.2021 spätestens ab etwa 20.30 Uhr Gefahrenwarnungen und möglicherweise auch die Evakuierung von zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der Flutwelle betroffenen Menschen "geboten gewesen wären".

Bei ihren Ermittlungen zur verheerenden Flut im Ahrtal prüft die Staatsanwaltschaft Koblenz nach eigenen Angaben derzeit auch, ob Landrat Jürgen Pföhler die Verantwortung für den Katastrophenschutz am 14. Juli an ein Mitglied des Krisenstabs abgeben durfte. Zudem werde untersucht, ob der CDU-Politiker die eingesetzte Person nicht hätte häufiger kontrollieren müssen.

Der Landrat hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, er habe die Einsatzleitung für den von der Flut stark getroffenen Kreis Ahrweiler schon vor Jahren an eine dritte Person übergeben. Diese habe am 14. Juli um 23.09 Uhr auch den Katastrophenalarm ausgelöst.

Landrat äußert sich per Pressemitteilung

Der Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), hat sich am Dienstag in einer Pressemitteilung erstmals zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Koblenz im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe vor vier Wochen geäußert.

Alle Beteiligten hätten in der Flutnacht mit dem damaligen Wissens- und Erkenntnisstand nach "bestem Wissen und Gewissen gehandelt, um Schaden von den Menschen und der Region abzuwenden." Die Ereignisse sollten jetzt besonnen und auf objektiver Grundlage beurteilt werden. Pföhler dankte zudem allen Einsatzkräften und sprach den Betroffenen sein Mitgefühl aus.

Hochwassermeldungen aus Trier kamen nicht an

In Trier wurden dagegen nach Angaben der Leitstelle in der Hochwassernacht zehn Meldungen an die Medien verschickt, um die Bevölkerung vor der Gefahr zu warnen. Wie die Kreisverwaltung Trier-Saarburg dem SWR bestätigte, kamen diese Meldungen aber nicht bei regionalen Sendern wie dem SWR oder RPR1 an.

Veraltetes Formular

Grund dafür sei ein vom Land vorgegebenes Formular, das missverständliche Informationen enthalten habe. Das rheinland-pfälzische Innenministerium teilte dem SWR auf Nachfrage mit, man wisse seit Juni von einem möglichen "Aktualisierungsbedarf" dieses Formulars, warte aber noch auf eine Rückmeldung vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

"Hier muss das Gefahren- und Risikobewusstsein gefehlt haben."

Bezüglich der nicht bei den Medien angekommenen Warnungen ist Katastrophenschutz-Experte Andreas Kling der Auffassung, dass man in Rheinland-Pfalz den Katastrophenschutz offenbar zu viele Jahre auf die leichte Schulter genommen und ein solches Szenario nicht ausreichend geübt habe.

Landkreis Ahrweiler

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