Mehrere Kinder stehen in einem Kindergarten nebeneinander

Kabinett beschließt Maßnahmen gegen Armut

Kindergrundsicherung: So sollen mehr Familien unterstützt werden

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch

Durch die Kindergrundsicherung sollen mehr Familien staatliche Unterstützung bekommen. Kindergeld und Kinderzuschlag etwa werden darin gebündelt. So ist der aktuelle Stand.

Die Bundesregierung hat die heftig umstrittene Kindergrundsicherung beschlossen. Sie soll ab 2025 staatliche Hilfen für Familien bündeln. Geplant sind Mehrausgaben von etwa 2,4 Milliarden Euro im Startjahr.

Der Einigung war ein monatelanger Streit zwischen Grünen und FDP in der Koalition vorausgegangen. Zunächst wollte Finanzminister Christian Lindner (FDP) für das kommende Haushaltsjahr nur zwei Milliarden Euro dafür einplanen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) forderte bis zu zwölf Milliarden Euro.

Was soll die Kindergrundsicherung bringen?

Kinder aus der Armut zu holen oder davor zu schützen und bessere Chancen für Kinder und Jugendliche zu schaffen - darauf zielt die von der Bundesregierung geplante Kindergrundsicherung vor allem ab. Dass jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut aufwachse, sei eine Schande, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Durch die Kindergrundsicherung soll etwa der Zugang zu Sozialleistungen erleichtert werden, die viele einkommensschwache Familien nicht nutzen, obwohl sie Anspruch darauf haben.

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Wie wird sie aussehen?

Die Kindergrundsicherung soll nach dem Entwurf des Bundesbildungsministeriums aus zwei Teilen bestehen: einem Kindergarantiebetrag (bisher bekannt als Kindergeld) sowie einem altersabhängigen Kinderzusatzbetrag. Der Garantiebetrag soll dabei mindestens dem aktuellen Kindergeld entsprechen. Das sind derzeit 250 Euro im Monat für jedes Kind. Der Garantiebetrag ist den Plänen zufolge für alle Kinder gleich, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Er soll alle zwei Jahre überprüft und angepasst werden.

Die Zahlung des Zusatzbetrages der Kindergrundsicherung wird dagegen vom Einkommen der Eltern abhängen. Je höher das Einkommen einer Familie ist, desto weniger Geld wird sie erhalten. Ab einem bestimmten Jahreseinkommen fällt der Zusatzbetrag ganz weg. Neben einer Pauschale für Bildung und Teilhabe - in Höhe von derzeit 15 Euro - gehört dazu eine Kinderwohnkostenpauschale, die aktuell 150 Euro beträgt.

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Die Höhe des Zusatzbetrages muss laut Entwurf des Ministeriums so bemessen sein, dass sie zusammen mit dem Grundbetrag das Existenzminimum des Kindes absichert. Auch Kinder, deren Eltern Bürgergeld oder Sozialhilfe beziehen, sollten profitieren.

In welchem Alter haben Kinder Anspruch?

Wie das Kindergeld sollen alle Kinder ab der Geburt die Kindergrundsicherung erhalten - bis zum Alter von 18 Jahren. Im Falle einer Ausbildung oder eines Studiums verlängert sich der Anspruch den Plänen zufolge. Wer eine Berufsausbildung macht, erhält die Kindergrundsicherung demnach bis zum 25. Geburtstag, Studierende bis 27. Leben volljährige Kinder nicht nicht mehr bei ihren Eltern, wird ihnen die Kindergrundsicherung direkt auf ihr Konto überwiesen.

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Was soll einfacher werden?

Der Zugang zu Sozialleistungen soll Familien durch die Kindergrundsicherung insgesamt erleichtert werden. Kindergeld, Kinderfreibetrag und Kinderzuschlag sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepakets sollen künftig gebündelt werden - auch weil viele Familien nicht wissen, auf welche Leistungen sie Anspruch haben. Bis zu 70 Prozent aller Familien nehmen nach Angaben von Bildungsministerin Paus ihre Ansprüche nicht wahr: "Wir wollen künftig alle Familien erreichen, die einen Anspruch haben."

Wie kommen Familien an die Kindergrundsicherung?

Aus der Holschuld der Bürgerinnen und Bürger soll künftig eine Servicepflicht des Staates werden, so die Ministerin. Dafür soll zum einen ein neues Internet-Portal eingerichtet werden, wo die Kindergrundsicherung möglichst einfach beantragt werden kann. Dies dürfte dazu führen, dass mehr Menschen künftig staatliche Leistungen erhalten.

Denn geplant ist laut Paus auch ein so genannter Kindergrundsicherung-Check durch die zuständigen Behörden. Wenn die feststellen, dass sich das Einkommen einer Familie unterhalb einer entsprechenden Grenze bewegt, sollen die Behörden aktiv werden. Das heißt: Die betroffenen Familien sollen auf ihre Ansprüche aufmerksam gemacht werden.

Gibt es mehr Geld für die Familien?

Zu möglichen konkreten Erhöhungen von Leistungen im Zusammenhang mit der Einführung der Kindergrundsicherung gibt es noch keine Aussagen. Zu den Kosten der Kindergrundsicherung heißt es: Für die Zusammenführung der Leistungen sowie Verwaltungskosten sind 2,4 Milliarden Euro vorgesehen.

Die Zuwendungen an die Kinder dürften in der Folge aber weiter steigen, denn auch das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum, das ausschlaggebend ist für die Höhe des Bürgergeldes, soll neu bemessen werden. "Damit wird der Bedarf für Kinder an die aktuelle Lebenswirklichkeit angepasst", heißt es in dem Papier. "In der Folge werden sich die Regelbedarfe im Kinderzusatzbetrag erhöhen."

Ab wann soll es die Kindergrundsicherung geben?

Der Gesetzentwurf des Kabinetts ist zwar auf den Weg gebracht - noch ist aber unklar, wann die Beratungen im Bundestag beginnen. Auch die Länder müssen noch zustimmen. Die Bundesagentur für Arbeit, deren Familienkasse künftig als Familienservice zuständig sein soll, hält angesichts der erforderlichen technischen Vorbereitungen die geplante Einführung 2025 für unrealistisch.

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