Soziale Einrichtungen in der Westpfalz befürchten, dass durch die Kürzung Freiwilligendienste unattraktiver werden könnten. (Foto: IMAGO, Thomas Trutschel)

FSJ und BuFDi betroffen

Kürzung für Freiwilligendienste könnte Einrichtungen in der Westpfalz hart treffen

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Verena Lörsch
Verena Lörsch (Foto: SWR)

Der Bund will Gelder für den Bundesfreiwilligendienst (BuFDi) und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) kürzen. Die Träger im Westen der Pfalz sind "geschockt".

Die Ampelkoalition sieht im Haushalt für 2024 weniger Geld für Freiwilligendienste vor. Soziale Einrichtungen in der Westpfalz befürchten nun, dass viele Stellen für den Bundesfreiwilligendienst (BuFDi) und das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) wegfallen könnten. Und sie sehen auch andere Folgen.

Kürzung für FSJ und Bufdi "schockieren" Träger in der Westpfalz

Wie umfangreich die Einschnitte bei den sozialen Einrichtungen sein werden, soll erst in einigen Wochen bekannt werden. Die geplanten Etat-Kürzungen "schockieren uns als Träger enorm", so Tobias Christmann, Referent für Freiwilligendienste beim Bistum Speyer. Über die Jugendorganisation im Bistum machen jedes Jahr 120 junge Menschen ein freiwilliges soziales Jahr, 20 bis 30 davon in der Westpfalz. Christmann befürchtet, dass jeder vierte Platz wegfallen könnte – also auch etwa fünf Plätze im Westen der Pfalz.

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Die Bundesregierung will die Zuschüsse für die Freiwilligendienste um 78 Millionen Euro kürzen. "Fatal", so die Diakonie. Soziale Träger müssen deshalb um den Nachwuchs kämpfen.

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Laut Melanie Müller vom Paritätischen Wohlfahrtsverband könnte sogar jeder dritte Platz wegfallen.

"Für manche Träger ist die Kürzung sogar existenzbedrohend."

Gerade in kleinen oder ländlichen Einrichtungen dürften zukünftig weniger Freiwillige mithelfen, heißt es vom Deutschen Roten Kreuz. Diese Sorge teilt Lukas Nübling, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste. Er wisse schon von einer Einsatzstelle für Freiwillige, die nun aussteigen wolle. Nübling ist auch Geschäftsführer des Kulturbüros RLP. Dort dürften rund 100 Freiwilligenstellen wegfallen, prognostiziert er.

"Leidtragende werden die Schülerinnen und Schüler in Ganztagsschulen sein, die Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeeinrichtungen, Seniorinnen und Senioren in der häuslichen Pflege und viele Menschen mehr, die bisher von den nicht wegzudenkenden Leistungen der Freiwilligen profitiert haben", äußert sich die Evangelische Kirche der Pfalz zu den "fatalen Folgen" der Kürzung.

Alle angefragten sozialen Einrichtungen teilen außerdem die Sorge, dass sich auf diese Weise der Fachkräftemangel verschärfen könnte. "Ich verstehe diese Politik im Moment nicht", kommentiert David Lyle von der Lebenshilfe Westpfalz.

"Wenn wir einen großen Fachkräftemangel in der Pflege haben, wie kommt man dann auf die Idee, zu kürzen?"

Schließlich würden viele junge Menschen nach ihrem Freiwilligendienst auch einen Beruf im sozialen Bereich wählen.

Fachkräftemangel im sozialen Bereich könnte so verschärft werden

Das kann Dominik Tretter, Regionalvorstand der Johanniter, sogar aus eigener Erfahrung berichten. Vor 22 Jahren kam er als Zivildienstleistender zu den Johannitern und blieb. Mittlerweile hat der Bundesfreiwilligendienst den Zivildienst abgelöst, der Effekt sei aber noch der Gleiche: Wer über einen Freiwilligendienst den sozialen Bereich kennenlerne, sei auch eher dazu geneigt, sich beruflich dafür zu entscheiden. Das zeigten auch Erfahrungen in Pirmasens, der Südwestpfalz und Zweibrücken, wo die Johanniter immer wieder Freiwillige in der Altenpflege einsetzen.

Zur Wahrheit gehört laut Melanie Müller auch, dass aktuell nicht immer alle Freiwilligenstellen besetzt werden – die Kürzung der Gelder sei aber ein schlechtes Signal: Denn schon jetzt gebe es für junge Menschen kaum Anreize, sich zu engagieren. "Junge Menschen würden sich gern mehr beteiligen, aber der Bund bietet ihnen keine Anreize", sagt Müller. Maximal 438 Euro würden BuFDis monatlich erhalten, für ein FSJ mindestens 410 Euro. "Bei manchen scheitert es daher an den Finanzen." Für die jungen Freiwilligen gebe es außerdem kein kostenloses ÖPNV-Ticket. Außerdem werde der Dienst je nach Studium nicht angerechnet.