Mehrere Briefe mit dubiosen Gewinnversprechen liegen ausgebreitet auf einem Tisch.  (Foto: SWR)

Dubiose Gewinnversprechen

Wie per Brief teure Bestellungen erschlichen werden

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"Sie haben gewonnen, holen Sie sich Ihren Gewinn" - besonders die Briefkästen älterer Menschen werden inzwischen geradezu überschwemmt mit solchen Botschaften. Doch wer sich darauf einlässt, erlebt oft sein blaues Wunder.

Wenn Ekkehard Keeding zu seinem Briefkasten geht, findet er oft große Versprechungen darin: "Ihr Superpreis liegt schon bereit", liest er. Oder: "Es steht fest: Sie sind ein Gewinner bei der 8.600-Euro-Hauptpreis-Ziehung."

Was passiert, wenn man auf einen dieser Briefe antwortet, hat der Mainzer zur Genüge erlebt. Dann gerät der vermeintliche Gewinner nämlich in ein Hamsterrad. Es werden neue Briefe geschickt, die Empfänger sollen Fragen beantworten, Produkte aus den beigelegten Katalogen bestellen - immer mit dem Versprechen, dass dann der Gewinn ausgezahlt würde.

"Ich habe von keinem den versprochenen Geldbetrag bezahlt bekommen", erzählt Ekkehard Keeding dem SWR-Politikmagazin Zur Sache Rheinland-Pfalz. "Immer hat noch irgendwas gefehlt. 'Beeilen Sie sich!' Irgendwas sollte noch beantwortet werden." Er habe die Absender gefragt, was er tun müsse, damit er endlich das Geld bekommt. Die ominöse Antwort: "Machen Sie weiter, wir schreiben Ihnen jedes Mal, was Sie zu tun haben."

Bei der Betrugsmasche geht es nur um die Bestellung

Was steckt hinter der Masche? Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg kennt das System. "Bei den Gewinnversprechen ist es so, dass die Verbraucher Post erhalten. Es wird suggeriert, sie würden einen Gewinn bekommen. Die Menschen haben aber das Gefühl, wenn sie etwas bestellen, erhöht sich die Gewinnchance oder es sei Voraussetzung. Auf die Bestellung kommt es den Unternehmen an." Rehberg geht davon aus, dass die betrügerischen Geschäfte gut laufen, denn das System hält sich schon lange.

Auch Keeding hat Produkte bestellt: ein Tischset, Eierlikör, Hausschuhe. Und er bestätigt die Beobachtung der Verbraucherzentrale: Aufgrund der Aufmachung der Briefe ist der 81-Jährige überzeugt davon, dass er durch Bestellungen seine Gewinnchancen erhöht. Die Ware wenigstens hat er bekommen und dafür gezahlt.

Auch unerwünschte Bestellungen trudeln ein

Irgendwann ging es aber mit den unerwünschten Sendungen los: "Ich habe bestimmt zehn oder elf Päckchen bekommen, die ich nicht bestellt habe. Davon habe ich neun zurückgesendet. Ich wollte sie nicht bei mir unterm Schrank liegen haben." Der Inhalt des neuesten Päckchens: eine Wärmecreme, Pillen und ein Servierteller für Pralinen. Macht 76,30 Euro.

Seit mindestens eineinhalb Jahren bekommt Ekkehard Keeding die ungewollten Päckchen. "Die Pakete sind da, seit mein Vater umgezogen ist", erzählt sein Sohn Boris Keeding. "Wir hatten einen Monat Karenzzeit, wo nichts kam und dann hat jemand die Adresse herausgefunden." In der alten Wohnung hatte es der Vater zuvor schon mit betrügerischen Telefonanrufen zu tun gehabt.

Am Anfang sei es nur ein Absender gewesen, mittlerweile werden es immer mehr: Bella Vita, dann Aqua Vitalis, Kloster Marienhof, US Bosten Institute. "Ich nehme an, dass die Adresse meines Vaters verkauft wird. Damit lässt sich gutes Geld machen", so Boris Keeding. Er sieht dringenden Handlungsbedarf: "Wir müssen eine Bremse reinhauen. Sonst ist irgendwann viel Geld weg. Es geht nicht nur um die Kosten der Rücksendung. Es werden ja auch Überweisungsträger bezahlt."

Nicht bestellt? Nicht bezahlen!

Laut Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale muss die Rechnung für unbestellte Ware nicht beglichen werden: "Wenn ich ganz unerwünscht Ware erhalte, keine Bestellung getätigt habe, dann bin ich nicht verpflichtet, irgendwas zu tun." Die Ware müsse nicht einmal zurückgeschickt werden." Eine Möglichkeit sei es auch, die Annahme des Päckchens von vornherein zu verweigern.

Auch bestellte Ware muss nicht behalten werden. Wie sonst auch, können die Sachen zurückgeschickt werden. Der Unterschied zu vielen seriösen Anbietern ist hier nur, dass der Verbraucher das Porto für die Rücksendung selbst übernehmen muss - oft ins Ausland.

Kommt ein Inkassoschreiben ins Haus, das eine Bestellung in Verbindung mit einer Gewinnzusage betrifft, könne man das Inkasso-Unternehmen schriftlich über diese Gewinnzusage unterrichten. Man könne zum Beispiel mitteilen: "Ich habe den Gewinn noch nicht erhalten, bitte rechnen Sie auf, ich betrachte die Angelegenheit als erledigt," so Rehberg.

Absender sind nicht ausfindig zu machen

Die Flut an Päckchen jedoch zu stoppen, ist fast unmöglich, sagt Boris Keeding. Er habe manche Firmen schon mehrfach kontaktiert, aber es komme immer wieder etwas. Bei manchen Absendern gelingt nicht einmal die Kontaktaufnahme: "Wir wissen nicht, woher es kommt. Wir haben ein Postfach und das war's. Man weiß nicht, wer die Hintermänner sind, es gibt kein Impressum. Die Geschichte ist extrem gut aufgezogen."

Boris Keeding macht das einfach nur wütend: "Am meisten ärgert mich, dass man an gutgläubige Menschen rangeht und ihnen wirklich in einer absolut fiesen Art und Weise das Geld aus dem Geldsäckel zieht. Das ist die Ausnutzung von Gutgläubigkeit."

Klage ist wenig aussichtsreich

Versuchen, den versprochenen Gewinn einzuklagen, wollen die Keedings nicht. In der Theorie ist das seit einigen Jahren möglich. Dafür wurde Paragraph 661a im Bürgerlichen Gesetzbuch geändert. Es heißt dort ganz klar: "Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten."

Die Realität sieht leider anders aus, sagt auch Julia Rehberg. "Letztendlich hat man Schwierigkeiten denjenigen zu ermitteln, dem gegenüber ich meine Gewinnzusage geltend machen kann." Oft säßen die Verantwortlichen im Ausland. Das erschwere die Vollstreckung enorm. Die Verbraucherzentrale rät deshalb von dem Versuch ab, den Gewinn einzuklagen, weil die Gefahr, dadurch zum Beispiel durch Anwaltskosten nur noch mehr Geld zu verlieren, groß sei.

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Mehr Erfolg verspricht sich Rehberg von guter Aufklärung der Senioren, damit sie erst gar nicht auf so einen Betrug hereinfallen. Denn wenn jemand auf die Masche reinfällt, bekommt es - anders als bei den Keedings - das Umfeld oft gar nicht mit, die Betroffenen erzählen es vielleicht aus Scham nicht weiter.

Ekkehard Keeding aus Mainz fällt es schwer, überhaupt zu glauben, dass er es mit einer Betrugsmasche zu tun hat. Dass nimmt den Rentner sichtbar mit. Er hat sich aber vorgenommen, in Zukunft nicht mehr auf die Briefe zu antworten, in der Hoffnung, dass dann irgendwann Ruhe ist.

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