Fachkräftemangel

Deutschland will mehr Einwanderung aus Kolumbien

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Oliver Neuroth

Die Bundesregierung wirbt seit längerem schon Fachkräfte aus Südamerika an. Der Beauftragte für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, hat Kolumbien im Blick: Er setzt darauf, dass weniger Menschen von dort den Weg über ein Asylverfahren gehen.

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Deutschland will mit Kolumbien enger in der Migrationspolitik zusammenarbeiten. Ziel ist ein spezielles Abkommen, wodurch beispielsweise Fachkräfte aus dem südamerikanischen Land leichter in Deutschland arbeiten können. Das kündigt der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, im SWR Interview der Woche an. Die Gespräche mit kolumbianischer Seite sollen nach Worten des FDP-Politikers im nächsten Jahr beginnen. "Ich glaube, dass Kolumbien spannend sein kann als Land. Weil wir dort einerseits Fachkräfte anwerben können und es bisher einen erkennbaren Trend gibt, dass es hier Menschen übers Asylrecht versuchen statt regulär über den Arbeitsmarkt."

Immer mehr Asylbewerber aus Kolumbien und Venezuela

Die Zahl der Kolumbianer, die einen Asylantrag in Deutschland stellen, ist gestiegen. Im Frühjahr rutschten Kolumbien und auch Venezuela zeitweise in die Top 10 der Herkunftsstaaten und tauchten hinter Ländern wie Afghanistan, Syrien und der Türkei auf. Eine Erklärung dafür hat das zuständige Bundesinnenministerium bisher nicht. Das untersuche man gerade, sagt Stamp. Asylgründe werden traditionell statistisch nicht erfasst.

Migrationsabkommen sind ein Geben und Nehmen: Deutschland ermöglicht einem anderen Staat zum Beispiel, dass seine gutausgebildeten Bürger bei uns arbeiten dürfen – im Gegenzug muss dieses Land Menschen von dort zurücknehmen, die illegal nach Deutschland kommen, erklärt Stamp. "Wenn wir mit neuen Ländern über solche Themen sprechen, dann sprechen wir auch immer darüber, dass die Rückkehr geregelt ist." Wenn sich eine reguläre Migration neu entwickele, dürfte sich kein irregulärer Strang daneben aufbauen, sagt der FDP-Politiker. "Das heißt, wenn sich Menschen hier nicht an die Spielregeln halten oder keinen Aufenthaltstitel mehr haben, dass sie dann auch in ihr Land zurückkehren."

SWR-Korrespondent Oliver Neuroth und Joachim Stamp stehen in der Halle im ARD-Hauptstadtstudio nebeneinander und schauen in die Kamera (Foto: SWR, Foto: Nicole Gebauer)
SWR-Korrespondent Oliver Neuroth und Joachim Stamp im ARD-Hauptstadtstudio

Mehr Abschiebungen: "Das ist wichtig"

Stamp hebt im SWR-Gespräch hervor, dass Deutschland im ersten Halbjahr 2023 mehr Menschen ohne Aufenthaltsrecht in ihre Heimatländer abgeschoben hat als im selben Zeitraum des Vorjahres. Insgesamt waren es 7.861 Rückführungen – ein Plus von knapp 27 Prozent. "Das ist wichtig", sagt Stamp. "Es ist ein Zeichen an die Herkunftsländer, dass man nur regulär nach Europa kommen kann und dass diejenigen, die einen unbegründeten Asylantrag gestellt haben, dann auch wieder zurückmüssen. Je stärker das umgesetzt wird, je stärker wird dann auch der Migrationsdruck nachlassen." Allerdings stellt Stamp klar, dass Abschiebungen nur ein Element der Migrationspolitik sind. Langfristige Partnerschaften mit den Herkunftsländern seien wichtig.

Georgien und Moldau: sichere Herkunftsstaaten

Gespräche über Migrationspartnerschaften mit Georgien und der Republik Moldau laufen laut Stamp noch. 99 Prozent der Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern werden in Deutschland abgelehnt. Klagt ein Migrant aus Georgien oder Moldau gegen einen abgelehnten Asylbescheid, kann er bisher so lange in Deutschland Sozialleistungen beziehen, bis ein Gericht entschieden hat. "Das ist beiden Ländern sehr peinlich", sagt Stamp. "Beide Länder möchten gerne als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, damit wir hier in Deutschland die Verfahren so straffen können, dass sich eine Asylantragsstellung gar nicht lohnt." Durch Überlastung vieler Gerichte in Deutschland kann sich ein Einspruch gegen einen abgelehnten Asylantrag über Jahre ziehen.

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Oliver Neuroth