Krankenhausreform stockt

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ringt mit den Ländern

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Eva Ellermann

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, SPD, will die Krankenhausreform zügig durchsetzen. Kliniken sollen weniger Gelddruck haben, Patienten besser versorgt werden. Doch die Bundesländer stellen sich quer. Sie befürchten ein Krankenhaussterben und mangelnde Versorgung in ländlichen Regionen. Lauterbach sagt, die Reform rette Kliniken.

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Wie es ist, zwischen allen Stühlen zu sitzen, weiß Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Er ist gestartet als Corona-Experte der Herzen, doch der Sympathievorschuss ist aufgebraucht. Mit dem Abklingen von Corona wurde Lauterbach zum lästigen Mahner. Außerdem hat er sich vorgenommen, den Reformstau im Gesundheitswesen zu beenden. Seine aktuelle Großbaustelle: die Krankenhausreform.

"Die Medizin kommt wieder in den Vordergrund"

Lauterbach will eine bessere Versorgung für die Patientinnen und Patienten bei weniger Gelddruck für die Krankenhäuser. Kompliziertere Eingriffe sollen an Spezialkliniken erfolgen, viele kleinere Häuser nur noch eine Grundversorgung übernehmen. Die Krankenhausreform soll das bisherige System umkrempeln, doch die Länder bremsen. Unter anderem befürchten sie ein Kliniksterben in ländlichen Regionen, wenn bestehende Krankenhäuser Aufgabenbereiche verlieren. Lauterbach hält dagegen: Die Krankenhausreform rettet Kliniken. Im Interview der Woche sagt Lauterbach: "Wir tun alles, was wir können, ein Krankenhaussterben, zumindest (…) der Krankenhäuser, die benötigt werden, zu verhindern." Trotz des Gegenwinds aus den Ländern gibt Lauterbach sich kämpferisch: "Wir haben das teuerste Gesundheitssystem pro Kopf in Europa. Wir haben aber in sehr vielen Bereichen nur eine mittelmäßige Qualität. Wir haben die Reformen immer aufgeschoben, haben mehr Geld ins System gegeben, um uns damit aber auch die Reformen zu ersparen… Ich will wirklich diese Reformen machen, und wir brauchen echte Reformen."

Krankheitswelle im Herbst und Winter

Mit dem nasskalten Wetter rollt eine neue Infektionswelle über Deutschland. Auch Corona ist wieder dabei. Lauterbach ruft Risikogruppen auf, sich eine Auffrischungsimpfung geben zu lassen. Corona sei eben keine normale Erkältungskrankheit. Der Bundesgesundheitsminister geht davon aus, dass sein Gesetz gegen Medikamentenmangel Wirkung zeigt. Zwar sind aktuell noch mehr als 500 Lieferengpässe gemeldet, bei Fiebersäften für Kinder oder bestimmten Krebsmedikamenten gebe es aber schon Entspannung, sagt Lauterbach. "(Eine) richtig gute Wirkung erwarte ich im nächsten Jahr. Aber auch in diesem Jahr wird das Gesetz einen wichtigen Beitrag schon leisten können." Um Eltern, Patienten und Arztpraxen zu entlasten, will Lauterbach, dass die telefonische Krankschreibung wieder erlaubt wird, und Kinder bei Erkältungen erst nach 4 Tagen zum Arzt müssen, wenn Eltern Kinder-Krankentage beantragen. Einen Termin für beide Regelungen kann er noch nicht nennen, das entsprechende Gremium arbeite daran. Aber Lauterbach verspricht: "Das wird unmittelbar kommen. (…) Ich habe das auch noch mal angemahnt".

SWR-Korrespondentin Eva Ellermann steht neben Gesundheitsminister Karl Lauterbach im Foyer des ARD-Hauptstadtstudios. (Foto: SWR)
SWR-Korrespondentin Eva Ellermann und Gesundheitsminister Karl Lauterbach im ARD-Hauptstadtstudio.

Cannabis-Gesetz kommt später, aber es kommt

Eigentlich wollte die Ampel-Koalition, dass die Teil-Legalisierung zum neuen Jahr gültig wird, doch das gesamte Gesetzgebungsverfahren wird nicht rechtzeitig abgeschlossen sein. Der Bundesgesundheitsminister rechnet damit, dass es im kommenden Frühjahr in Kraft tritt – am 1.3. oder 1.4., sagt er im Interview der Woche. Lauterbach betont, dass die begleitende Aufklärungskampagne bereits laufe. "Da haben wir auch Mittel zur Verfügung. Die werden auch also von (Haushalts) Sperren werden die nicht betroffen sein. Wir werden die Bevölkerung, was Cannabis angeht, aufklären."

X/Twitter nicht kampflos aufgeben

Der Bundesgesundheitsminister ist einer der aktivsten Politiker auf der inzwischen umstrittenen Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter. Er hat mehr als 1 Million Follower. Lauterbach kritisiert die Zunahme von Hasskommentaren, vor allem auch antisemitischen Kommentaren. "Auch die Positionen von Elon Musk sind diesbezüglich aus meiner Sicht einfach skandalös." Doch wenn sich jetzt "alle vernünftigen Leute" von X/Twitter abwenden würden, dann überlasse man es "kampflos denjenigen, die durch Fehlinformationen, Hass und Hetze sich dann eine Plattform erkämpft haben. Das kann nicht richtig sein." Wie er mit seinem wachsenden Unbehagen umgeht? "Wie es langfristig weitergeht auf Twitter, auch für mich, das weiß ich auch nicht."

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Eva Ellermann