Industrie in der Krise

BDI-Chefin: Müssen wir uns Sorgen um die Autobauer machen?

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Christopher Jähnert

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle, die Bundesregierung muss sparen, und China tritt auf dem Automarkt immer dominanter auf. Die Zeiten sind nicht einfach. Die Cheflobbyistin der deutschen Industrie, Tanja Gönner, ist aber nicht allzu pessimistisch.

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Die Autoindustrie ist für die deutsche Wirtschaft bei weitem am wichtigsten – das ist allgemein bekannt. Geht es nach VW-Manager Thomas Schäfer, blicken die Autobauer allerdings unruhigen Zeiten entgegen. Die Zukunft der Marke VW stehe auf dem Spiel, soll er nach Medienberichten gesagt haben.

Autoindustrie stellt sich Herausforderungen

Ganz so pessimistisch sieht es die Hauptgeschäftsführerin des Bundeverbands der Industrie, Tanja Gönner, allerdings nicht. Im SWR Interview der Woche gibt sie zwar zu, dass es eine "sehr anstrengende Zeit für die Automobilbauer und auch ihre Zulieferer" sei. Es geht dabei unter anderem um den klimaneutralen Umbau, den Umstieg auf E-Mobilität und die günstigere Konkurrenz durch China. Die Herausforderung für die Industrie sei also groß, aber: "Ich nehme (…) auch wahr bei dem, was ich höre, dass sie sich dieser Herausforderung stellt", sagt Gönner.

Der Druck sei groß, sagt Gönner. Aber das Glas sei halbvoll. Es sei wichtig, dass die deutschen Produkte im Markt überzeugen könnten. Angesprochen auf die Konkurrenz vor allem durch China sagt sie, die Frage sei, ob der Wettbewerb fair oder unfair gespielt werde – und wie man darauf antworten könne, ohne das gleiche zu tun. Gemeint ist damit die Vermischung von wirtschaftlichen und politischen Zielen in China.

Christopher Jähnert und Tanja Gönner stehen nebeneinander in der Halle des ARD-Hauptstadtstudios  (Foto: SWR, Nicole Gebauer)
SWR Korrespondent Christopher Jähnert und Tanja Gönner im ARD-Hauptstadtstudio

Ganz ohne China geht es nicht

China ist nicht nur Markt, sondern auch begehrter Zulieferer weltweit. Um weniger abhängig zu sein, hat die Bundesregierung jetzt auch ihre China-Strategie verabschiedet. Für die BDI-Chefin geht es bei diesen Fragen aber auch darum klarzumachen, dass Unabhängigkeit auch einen Preis habe. Als Beispiel nennt sie Rohstoffabbau in Deutschland, der nicht immer positiv begleitet werde. Und Diversifikation bedeute auch, dass "auch noch mal andere Dinge als ausschließlich der Preis und die Beschaffung" mit betrachtet werden müssten. Übersetzt: Produkte können dann eben auch teurer werden.

Bürokratie: "Völliger Overkill"

BDI-Chefin Gönner fordert von der Politik, auch die Rahmenbedingungen für die Industrie zu verbessern. Darunter mehr Geschwindigkeit beim Aus- und Umbau der Energie und Abbau von Bürokratie. Sie spricht im SWR-Interview von zu vielen Dokumentations- und Berichtspflichten, die ein "völliger Overkill" seien: "Der Perfektionismus, die Kleinteiligkeit und die Menge an unterschiedlichen Dingen [führen dazu], dass einzelne Unternehmen irgendwann kapitulieren, weil man nicht in der Lage ist, das alles wirklich zu erfüllen."

Die Abwanderung von Unternehmen stuft Gönner als reale Gefahr für die deutsche Wirtschaft an. Es sei ein schleichender Prozess. "Wenn ich als Unternehmen vor der Entscheidung stehe, wo investiere ich, dann überlege ich: Wo sind gerade die Märkte? Wo sind die besten Voraussetzungen und die Rahmenbedingungen?" Abwanderung finde auch nicht nur bei der großen Industrie statt, sondern auch im Mittelstand – in andere europäische Länder, in die USA oder auch nach China.

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