Kühnert: Kanzler ist die "Mutti der Kompanie"

SPD-General Kühnert verteilt Zeugnisse zur Sommerpause

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AUTOR/IN
Evi Seibert

Mit einem Knall verabschiedet sich der Bundestag in die Sommerpause. Das Heizungsgesetz ist vorerst gestoppt. Bis zuletzt wurde gerungen und gestritten, im Parlament und in der Ampel-Koalition. Kevin Kühnert bewertet die Lage- und die Leistungen der Kollegen und Kolleginnen.

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Ab jetzt ist Sommerpause im Bundestag. Vor den großen Ferien gibt es traditionsgemäß Zeugnisse. Wie würden die bei Kevin Kühnert ausfallen? Noten verteilt der SPD-Generalsekretär nicht gern, aber Bewertungen vergibt er im SWR-Interview der Woche schon. Durchgefallen und nicht versetzt wären demnach Alice Weidel und Timo Chrupalla von der AfD, ein Sternchen bekäme

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz "hat sich stets bemüht mit überschaubarem Ergebnis"- also Note "ausreichend, eine 4". Besser kommt Grünen Fraktionschefin Britta Haßelmann weg. Sie habe in schwierigen Situationen "eine hochmenschliche und anständige Art, den Laden zusammenzuhalten, sie ist charakterlich eine Bereicherung für die Koalition", sagt Kühnert. FDP-Chef Lindner bescheinigt er eine "schneidige Performance", auch wenn sie beide inhaltlich häufig unterschiedlicher Meinung seien. Mit dem Erscheinungsbild der Koalition ist er nicht zufrieden: "Wer da was anderes behauptet, der flunkert", sagt Kühnert, das sei die Aufgabe für den Herbst, da besser zu werden, es sollte keine Opposition innerhalb der eigenen Regierung geben.

Der Kanzler, der dieser Koalition vorsteht, bekommt erwartungsgemäß vom SPD-Generalsekretär eine gute Note- Kühnert beschreibt das allerdings mit einem eher ungewöhnlichen Bild: "Olaf Scholz, Mutti der Kompanie- und das erfolgreich".

Kevin Kühnert und Evi Seibert stehen nebeneinander in der Halle des ARD-Hauptstadtstudios  (Foto: SWR)
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und SWR-Korrespondentin Evi Seibert im ARD-Hauptstadtstudio

Zu viel Streit

Diese "Mutti" Olaf bekommt allerdings für ihren/seinen Führungsstil enorm viel Kritik: Kaum sichtbar, wartet ab bis zuletzt und verschickt dann Briefe, statt öffentlich zu führen, so lauten die Vorwürfe. Kevin Kühnert sieht den Kanzler eher als Problemlöser im Hintergrund. Er halte die Koalition zusammen und sorge dafür, dass Einigungen zustande kämen. "Wenn dann die ganz große Krise ausbleibt, dass eine Koalition nicht auseinanderfliegt, dass wir Herausforderungen wie die Verzehnfachung der Energiepreise bewältigen, dann wird vergessen, welche enorme politische Leistung dahintersteht."

Die Aufmerksamkeit richte sich viel zu sehr auf Streit. Gesetze, die ohne großen Krach verabschiedet würden, seien inhaltlich kaum diskutiert worden, wie etwa das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz, beklagt Kühnert.

Die öffentliche Diskussion sei manchmal rüde und unsachlich. Als Beispiel nannte er die Angriffe auf Wirtschaftsminister Habeck wegen der sogenannten Trauzeugenaffäre. Habeck sei ein Fehler passiert, meint auch Kühnert- aber ihm wörtlich "Familienclanstrukturen" in seinem Ministerium vorzuwerfen gehe zu weit: "Ich frage mich manchmal, ob diese Leute auch mal darüber reflektieren, wie wir verhindern wollen, dass wir eine Debatten-Kultur wie in den USA bekommen, indem man sich nur noch mit Verachtung und Häme überzieht." Da sei etwas ins Rutschen geraten und "wir sollten aufpassen, dass sich das nicht fortsetzt."

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Evi Seibert