Haben Sie es bemerkt? Beinahe hätten wir uns in dieser Woche wieder einmal mit dem wichtigsten Thema beschäftigen müssen, das wir hierzulande überhaupt haben: Streit in der Ampelkoalition. Wie schon gefühlt 273-mal. Dann aber waren da: all die heftigen Reaktionen auf die mutmaßliche Ermordung Alexej Nawalnys, der Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine, der Marine-Einsatz im Roten Meer, ein böser Brief des Papstes an die deutschen Bischöfe, das Ende des Investorendeals beim DFB. Sonst – hätten wir wohl wieder einmal über „Streit in der Ampel“ reden müssen.
Die Kolumne von Pascal Fournier können Sie hier auch als Audio hören:
Tagträume eines Liberalen
Und zwar, weil der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, dem Fachblatt für objektive politische Tiefenbohrung, der „Bild am Sonntag", ein Interview gegeben hat. „Ach“, hat er da sinngemäß geklagt, „ach, wenn wir Liberalen doch nur mit CDU und CSU regieren könnten!“ Wir könnten endlich gemeinsam die Probleme des Landes „richtig analysieren“, und gemeinsam Lösungen finden. Und: Deutschland brauche doch einen Wirtschaftsminister, der in der Lage sei, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Aber – oh weh! – stattdessen müsse er, Djir-Sarai, seinen Koalitionspartnern bei jedem politischen Vorhaben erst mal „die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft erklären.“
Wenig Gegenliebe für Schwarz-Gelb
Ähm – wenn Djir-Sarai den anderen immer so nett die soziale Marktwirtschaft erklärt: Vielleicht könnte ihm im Gegenzug jemand in Mathe nachhelfen? Laut Umfragen könnte die FDP derzeit nämlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Das wäre dann ein ziemlich abruptes und hässliches Ende einer schwarz-gelben Romanze! Und dass ausgerechnet der angeschmachtete CDU-Chef auf diesen Umstand hingewiesen hat, macht es auch nicht besser. Friedrich Merz hat nämlich an die Adresse der FDP sinngemäß gesagt: Schaut erst mal zu, dass ihr genug Stimmen für eine Koalition zusammenbekommt, dann, so wörtlich: „Dann könnten wir reden!“ Nicht mal „können“ hat er gesagt – „könnten“!
Zeigen, dass die FDP noch da ist
Tja – offenbar braucht (so wie Deutschland einen Wirtschaftsminister) die FDP einen Generalsekretär, der in der Lage ist, „die Dinge so zu sehen, wie sie sind.“ Leider allerdings bedeutet das auch: Der nächste Koalitionskrach ist so gut wie sicher, denn natürlich wird die FDP weiterhin jede Chance ergreifen, ergreifen müssen, zu zeigen, dass sie noch da ist und warum. Und wenn dann kein Kremlkritiker ermordet wird, kein Kriegsausbruch sich jährt, der Papst keinen bösen Brief schreibt und kein Fußballtrainer gefeuert wird – spätestens dann werden wir wohl zum gefühlt 274. Mal wieder über „Krach in der Ampel“ reden… müssen…