Gelbe U-Bahn fährt auf Straße in Stuttgart, im Vordergrund Autos. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Wegen steigender Energiekosten

Verkehrsminister der Länder fordern vom Bund 1,65 Milliarden Euro für den ÖPNV

Stand

Schon jetzt fehlen den Ländern wegen der Energiekrise große Summen für den Erhalt des ÖPNV. Darum will Baden-Württemberg auch keine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets mitfinanzieren.

Die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder fordern 1,65 Milliarden Euro vom Bund für den Erhalt des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Darauf haben sich Landespolitikerinnen und -politiker bei einer Sonderkonferenz am Freitagvormittag geeinigt. Grund sind die stark gestiegenen Energiekosten, die auch viele Verkehrsbetriebe in finanzielle Schieflage bringen.

"Wir brauchen noch in diesem Jahr mindestens 1,65 Milliarden - weil die Energiepreise durch die Decke schießen und den öffentlichen Verkehr extrem belasten", sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) dem SWR. Allein um den Standard halten zu können, bräuchten die Länder die gleiche Summe auch im nächsten Jahr. "Wenn wir diese Mittel vom Bund nicht bekommen, müssen wir Busse und Bahnen abbestellen", so Hermann. Eine solche Verschlechterung fände er fatal, "so kann man Klimaschutz nicht machen", sagte der Verkehrsminister.

Verkehrsminister erteilt 9-Euro-Ticket eine Absage

Dem 9-Euro-Ticket erteilte BW-Verkehrsminister Hermann eine Absage. "Wir sind nicht dazu in der Lage, die Unsummen bereitzustellen, die man dafür braucht", sagte Hermann. Wenn es eine Nachfolge-Regelung für das 9-Euro-Ticket geben solle, dann sei es Aufgabe des Bundes, dazu einen Vorschlag zu machen und diesen auch zu finanzieren, so der Minister. Erneut mit dem 9-Euro-Ticket befassen wollen sich die Ministerinnen und Minister der Länder erst bei ihrer regulären Sitzung im Oktober.

Bereits am Mittwoch hatte sich Verkehrsminister Winfried Hermann zu einer möglichen Fortsetzung des 9-Euro-Tickets geäußert:

Das als Entlastungsprojekt für Bürger und Bürgerinnen gestartete günstige Ticket im ÖPNV gilt als großer Erfolg. Die Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg berichten von einer regen Nachfrage. Zugleich hoffen sie darauf, dass der eine oder andere Nutzer nun auf Bus und Bahn umsteigt. Doch ob es ein Nachfolgeangebot geben wird, ist derzeit noch offen.

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Am Freitag wollen die Verkehrsminister über das 9-Euro-Ticket beraten. Ohne ÖPNV-Investitionen vom Bund nützten weitere Billigtickets nichts, so BW-Verkehrsminister Hermann (Grüne).

Wissing enttäuscht von Ergbnis der Konferenz

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat die Ergebnisse der Verkehrsministerkonferenz als enttäuschend bezeichnet. Die Menschen erwarteten Lösungen - und nicht, dass Verantwortungen verschoben werden, so Wissing. In der Diskussion um das 9-Euro-Ticket forderte er von den Ländern erst strukturelle Veränderungen, die den Nahverkehr einfacher und effizienter machen - dann könne man über Geld reden. Zudem sollten sich auch die Länder finanziell beteiligen.

VVS verkaufte rund drei Millionen Tickets

Ein Sprecher des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) sagte, die Nachfolgeregelung müsse sauber kalkuliert werden und für die vertriebliche Umsetzung müsse ausreichend Zeit eingerechnet werden. Sie müsse zugleich dauerhaft vom Bund finanziert werden. Beim VVS wurden nach einer ersten Hochrechnung 1,8 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Hinzu kamen jeden Monat mehr als 350.000 Abos, die umgestellt worden sind, wie ein Sprecher mitteilte. Insgesamt wurden rund 3 Millionen Tickets ausgegeben.

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Die Stadtbahnen, S-Bahnen und Busse seien voller als sonst gewesen, hätten aber noch ausreichend Kapazitäten gehabt. Grundsätzlich wird im Sommer der ÖPNV dem Sprecher zufolge geringer genutzt als im Winter. Dagegen waren viele Regionalzüge sehr stark besetzt und teilweise überfüllt. Als Beispiele wurden Züge zum Bodensee, nach Nürnberg oder Karlsruhe genannt.

Der Regio-Verkehrsverbund Freiburg wird einer Schätzung zufolge mehr als 500.000 9-Euro-Tickets verkauft haben. Die Zahlen der Deutschen Bahn sind darin nicht enthalten. Nach Ende des vergünstigten Angebots gehe man davon aus, dass sich die Auslastung auf ein ähnliches Niveau wie vor dem Ticket einpendele, teilte ein Sprecher mit.

VRN: 20 Prozent der Käufer fuhren vorher nicht mit dem ÖPNV

Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) teilte mit, dass erste Ergebnisse im Monat Juni darauf hindeuteten, dass rund 20 Prozent der Käuferinnnen und Käufer den ÖPNV bisher nicht genutzt hätten. "Entscheidend wird sein, wie viele der neuen 9-Euro-Ticket-Nutzer perspektivisch den ÖPNV auch nach dem Aktionszeitraum nutzen werden und in die bereits bestehenden und günstigen Tarifangebote des Verbundes wechseln." Auch beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) wurde nach eigenen Angaben eine starke Nachfrage nach dem Ticket verzeichnet. "Das 9-Euro-Ticket war insofern ein Erfolg, weil es die Diskussion um die Rolle der Finanzierung des ÖPNV belebt hat."

Kommunen fordern dauerhaft günstiges Ticket

Der Städte- und Gemeindebund fordert von den Ministerinnen und Ministern eine Einigung auf eine Nachfolgelösung für das auslaufende 9-Euro-Ticket. "Ziel sollte ein dauerhaft günstiges einheitliches Ticket, wie etwa ein 365-Euro-Jahres-Ticket sein", sagte der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg, der "Augsburger Allgemeinen". Städte und Gemeinden erwarteten, dass die Minister "endlich die Vielstimmigkeit beenden und sich auf eine einheitliche Linie verständigen, wie die Verkehrswende vorangetrieben werden muss". Landsberg sagte, dazu gehöre unter anderem die Beendigung des Tarifdschungels im ÖPNV.

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