Corona-Pandemie vorbei - Wie hoch ist die Viren-Last im Abwasser aus dem Raum UlmNeu-Ulm, Interview mit Erwin Schäfer vom Klärwerk Steinhäule Neu-Ulm. (Foto: SWR)

Klärwerk Neu-Ulm

Hoher Anteil von Coronaviren im Abwasser

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INTERVIEW
Volker Wüst
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Sabine Bauer
Sabine Bauer (Foto: SWR)

In der Region Ulm/Neu-Ulm gibt es vermutlich eine sehr hohe Dunkelziffer an Corona-Erkrankten. Das legen aktuelle Abwasserproben aus dem Klärwerk Steinhäule in Neu-Ulm nahe.

Der Berliner Virologe Christian Drosten hat jüngst das Ende der Corona-Pandemie ausgerufen. Doch viele Menschen, auch im Raum Ulm/Neu-Ulm, sind derzeit an Corona erkrankt. Wie viele es tatsächlich sind, lässt sich schwer sagen. Abwasserdaten aus dem Klärwerk Steinhäule in Neu-Ulm legen auf jeden Fall eine tatsächlich viel höhere Inzidenz als die derzeit angegebene nahe. Im Interview berichtet Betriebsleiter Erwin Schäfer über die aktuellen Ergebnisse.

SWR Aktuell: Herr Schäfer, was sagen die Abwasserproben aus dem Klärwerk Steinhäule derzeit aus?

Erwin Schäfer: Die Daten, die wir haben, sagen ganz klar, dass Corona noch unterwegs ist. Wir haben jetzt aktuell Werte mit Viruslasten, die wir Mitte Oktober auch hatten, bei der dritten Welle. Im Frühjahr dieses Jahres hatten wir dann den Höchstwert. Und die Kurve steigt aktuell noch steiler an.

SWR Aktuell: Ist das für Sie überraschend?

Schäfer: Nein. Im persönlichen Umfeld liegen sehr viele Freunde und Bekannte momentan mit Corona flach. Das passt sehr gut zu unseren Werten, die wir hier messen.

SWR Aktuell: Diese Werte messen Sie jetzt schon eine ganze Zeit lang. Dennoch wissen viele nicht, wie das zusammenpasst: Ein Klärwerk erfasst Daten, was die Verbreitung von Corona angeht. Was genau machen Sie da?

Schäfer: Wir können im Abwasser vieles nachweisen - Drogen etwa, Medikamentenrückstände und auch die Corona-Viren. Zu Beginn der Pandemie haben wir schon mit dem Helmholtz-Institut in Leipzig und anschließend auch mit dem Technologiezentrum Wasser Kontakt aufgenommen, und haben uns bereit erklärt an der Messkampagne teilzunehmen. Da wurde jetzt eine qualifizierte Mischprobe genommen, eine 24- Stunden- Mischprobe. Die wird zweimal die Woche analysiert. So können wir ganz klar sagen, welche Virusvariante unterwegs ist und auch, wie stark das Virus unterwegs ist. Die Menschen scheiden es einfach aus, und es kommt bei uns im Abwasser als Erstes an.

SWR Aktuell: Kann man das hochrechnen, wie hoch die Inzidenz momentan ist? Oder kann man diesen Schluss nicht daraus ziehen?

Schäfer: Wir können uns nur vergleichen mit Zeiten, in denen man sehr genau auf die Inzidenz geschaut hat. Da können wir aktuell sagen, bei uns hier in der Region haben wir eine Dunkelziffer von etwa 4,5. Das heißt, die Inzidenz müsste theoretisch anhand der Virenlast vier bis fünf Mal so hoch sein, wie sie aktuell ist.

SWR Aktuell: Könnten Sie theoretisch auch andere Krankheiten nachweisen, Influenza oder andere Viren?

Schäfer: Ja, wir können alle Virenarten nachweisen - also alles, was so unterwegs ist. Das ist ein großer Aufwand, aber es muss natürlich alles speziell analysiert werden.

SWR Aktuell: Ist denn absehbar wie lange diese Proben noch auf das Coronavirus hin getestet werden?

Schäfer: Aktuell ist es nicht absehbar. Aus meiner Sicht mit Sicherheit noch ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr. Aber das ist ein bisschen in die Sterne geschaut.

So funktioniert der Nachweis von Coronaviren im Abwasser