Langangelegte Kampagnen für den Wahlkampf? Bei dieser Bundestagswahl läuft einiges anders. Die Zeit drängt, die Jahreszeit mit Kälte, Eis und Schneefall schafft auch nicht gerade ideale Bedingungen für lange Gespräche beim Straßenwahlkampf. Auf die klassischen Mittel wird zwar nicht verzichtet, aber manches hat sich verschoben: Digitale Kommunikation wird immer wichtiger.

Social Media ersetzt ja nichts!
Bundestagswahlkampf in der kalten Jahreszeit
Leni Breymaier, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Aalen, hat schon viele Wahlkämpfe hinter sich: Im Sommer sind die Leute im Garten, da sei eine schnelle Kontaktaufnahme leicht. "Im Winter sieht das anders aus", sagt sie.
Auf direkten Kontakt und Haustürwahlkampf will allerdings auch jetzt kaum eine Partei verzichten. Anke Hillmann-Richter, FDP-Kandidatin für den Wahlkreis Ulm-Alb-Donau, nimmt es gelassen: "In Baden-Württemberg sind wir Winterwahlkämpfe gewohnt." Das sieht auch Ruben Rupp, der AfD-Kandidat für den Wahlkreis Backnang-Schwäbisch-Gmünd so: "Wir scheuen die Temperaturen nicht, auch wenn's nicht so viel Spaß macht." Seine Partei setzt dabei aber mehr auf Infostände als auf Haustürwahlkampf.
Große Konkurrenz um die Veranstaltungshallen
Die Jahreszeit bringt neben der Witterung noch andere Probleme mit sich: "Weihnachten ist die besinnliche Zeit und an Fasching sind die Leute in Feierlaune", bemerkt die neue SPD-Kandidatin für Aalen-Heidenheim, Cornelia True. Beides fördere nicht die politische Auseinandersetzung. Wegen der vielen Faschingsveranstaltungen seien zudem schon viele Veranstaltungsorte belegt. "Es gibt eine große Konkurrenz um die Hallen", so True.

Wie "kurz und knackig" dieser Bundestagswahlkampf läuft, zeigt sich für FDP-Frau Anke Hillmann-Richter auch in der Terminplanung: So hat ihr Kreisverband Parteikollegen aus dem Bundestag und dem Europaparlament eingeladen. Die Termine stehen, aber man ist noch auf der Suche nach Veranstaltungsorten.
Breymaier: "Social Media ersetzt ja nichts"
Social Media-Wahlkampf wird zwar immer wichtiger. Aber er ist keine Alternative. SPD-Politikurgestein Leni Breymaier meint: "Social Media ersetzt ja nichts. Es kommt nur oben drauf." Auf instagram und facebook wird täglich gepostet. Das nutzen alle Parteien. Die Ulmer CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer setzt darüber hinaus auf sogenannte "Wohnzimmer-Meetings". So können sich Interessierte in eine Videokonferenz über die Plattform "Teams" einwählen und direkt mit Kemmer Kontakt aufnehmen.
Kulinarischer Bundestagswahlkampf: Pizza - Politik - Plakate
Bei aller Digitalisierung: Die traditionellen Wahlkampfformate bleiben. In Ulm beispielsweise darf in der Nacht von Samstag auf Sonntag plakatiert werden. Traditionell stehen die Wahlkämpfer der Parteien ab Mitternacht bereit und versuchen die besten Plakatplätze an den Straßenlaternen zu ergattern.
"Plakate, Stände und Haustürwahlkampf zu organisieren, war alles ein bisschen sportlich", resümmiert Anke Hillmann-Richter von den Ulmer Liberalen. Aber der Haustürwahlkampf sei auch unter den besonderen Bedingungen der anstehen Bundestagswahl wichtig. Ronja Kemmer von der CDU: "Wir werden es mal versuchen, ob es Minusgrade hat oder nicht."

Nach wie vor beliebt sind auch kulinarische Ereignisse, Politik geht eben auch durch den Magen. Der Wahlkampf-Auftakt der CDU im Alb-Donau-Kreis findet am 23. Januar in der Berg-Brauerei in Ehingen statt. Der grüne Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich hat sich bereits im Ulmer Bürgerhaus Mitte einem Dialog "am Küchentisch" gestellt. Die Heidenheimer Jusos laden am 27. Januar zur Veranstaltung "Pizza und Politik". Und der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter von der CDU ist beim traditionellen Kuttelessen beim Kalten Markt in Ellwangen dabei.

Menschen sind politisiert und teils auch polarisiert
Mitgliederzahlen der Parteien wachsen wieder
Das Interesse an Politik scheint jedenfalls wieder zuzunehmen - Politikverdrossenheit zum Trotz. Die Mitgliederzahlen wachsen wieder, teilten jüngst unter anderem die Ulmer Grünen in einer Pressepapier mit. Das bestätigt auch Ronja Kemmer: "Die Menschen sind politisiert und teils auch polarisiert." Auch die CDU beobachte eine Trendwende - die Mitgliederzahlen entwickelten sich demnach seit vergangenem Jahr positiv.