Mit der Einführung der elektronischen Akte biege man in Baden-Württemberg bereits auf die Zielgerade ein, sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) bei ihrem Besuch am Donnerstag in Hechingen. Man könne deshalb nun den zweiten Digitalisierungsschritt gehen: Künstliche Intelligenz in der Justiz. Mehrere Systeme werden laut der Ministerin bereits in Pilotprojekten getestet. Am Landgericht Hechingen erfasst beispielsweise eine Software Akten von Zivilverfahren. Sie soll die oft sehr umfangreichen Akten eines Prozesses strukturieren und den Richtern helfen, die vielen Informationen zu erfassen, zu ordnen und auch zu bewerten.
Künstliche Intelligenz hilft Zeit sparen
Gentges und der Präsident des Landgerichts Hechingen, Florian Diekmann, zogen am Donnerstag eine positive Zwischenbilanz des Tests. Im Pilotversuch habe sich gezeigt, dass Richter mit dem System viel Zeit sparen könnten, so Gentges.
Beispielsweise dann, wenn ein Richter einen Fall von einem anderen übernehme. Der Richter würde in der Regel beginnen, die oft mehrere hundert Seiten lange Akte von vorne zu lesen, so die Justizministerin. Mit der KI ist das nicht mehr zwingend nötig. Sie kann zum Beispiel erkennen, dass ein Antrag, der zu Beginn des Verfahrens gestellt wurde, später zurückgenommen wurde. Der Richter oder die Richterin müssen sich also nicht stundenlang mit diesem alten Antrag befassen. Das System ist auch in der Lage, etwa Behauptungen verschiedener Prozessparteien in einer Tabelle gegenüber zu stellen. So erkennt der Richter schnell, wo sich die Parteien uneinig sind, es also Beweise braucht.
System ersetzt keine Richter
Justizministerin Gentges betonte in Hechingen aber auch, dass die KI lediglich ein Assistenzsystem sei. Entscheidungen treffe nach wie vor der Mensch. Das System ersetze auch nicht das Aktenstudium. Es mache es jedoch leichter. Die Ministerin sieht es als "großes Glück", dass am Landgericht Hechingen nicht nur der Präsident, sondern das gesamte Team sehr bereit seien, digitale Techniken auszuprobieren.
Land hat Vorreiterrolle bei KI in der Justiz
Laut Gentges nimmt Baden-Württemberg bei der Einführung von KI in der Justiz seit Jahren eine Vorreiterrolle ein und will dies auch weiter forcieren. Wie Gentges erläuterte, hat das baden-württembergische Justizministerium ein Konzept für ein bundesweites KI-Portal entwickelt. Es sehe vor, dass die Computersysteme der Länder und des Bundes daran angeschlossen werden. Ziel sei es, bundesweit einen Rahmen für künstliche Intelligenz in der Justiz zu schaffen.