Bis zur Entscheidung über die Revision beim Bundesverwaltungsgericht soll die Steuer für die Betriebe noch nicht festgesetzt werden. "Nachteile für die Betriebe kann ich in der Entscheidung nicht sehen", sagte Oberbürgermeister Boris Palmer. Auch Kunden seien nicht benachteiligt, da sie sich auch für kostenlose Mehrwegverpackungen entscheiden könnten.
Deutsche Umwelthilfe begrüßt Entscheidung
Die Deutsche Umwelthilfe hat die Fortsetzung der Verpackungssteuer in Tübingen als wirksames Mittel gegen die Müllflut begrüßt. Die weitere Steuererhebung werde immer klarer werden lassen, welch wichtigen Beitrag Kommunen zur Abfallvermeidung und zum Klimaschutz leisten können. Das sei deshalb von großer Bedeutung, weil vergleichbare Maßnahmen gegen Einwegmüll auf Bundesebene fehlten.
Über Rücknahme der Revision wird diskutiert
Drei Gemeinderatsmitglieder hatten sich der Abstimmung enthalten. Vor der Entscheidung gab es eine lange Diskussion. Immer wieder hieß es, man glaube nicht, dass die Verpackungssteuer vom Bundesverwaltungsgericht letztlich als rechtens erachtet werde.
Gericht hatte Steuer gekippt
Vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim war die Stadt Tübingen zuletzt unterlegen. Das Gericht entschied, dass die Verpackungssteuer nicht erhoben werden dürfe. Unter anderem, weil sie gegen das Abfallrecht des Bundes verstoße und keine örtliche Steuer sei. To-Go-Getränke und -Essen könnten auch außerhalb des Gemeindegebiets verzehrt werden. Allerdings könnten die Länder nach dem Grundgesetz nur örtliche Steuern festsetzen.
Ist man zur Mittagszeit in Tübingen unterwegs und schaut sich die Schlangen vor den Imbissbuden an, dann sieht man, dass viele ihre eigene Schüssel dabeihaben. Das spart Geld in Tübingen. Denn wer dort Essen oder Trinken zum Mitnehmen kauft und sich dafür eine Einmalverpackung geben lässt, muss extra zahlen, pro Mahlzeit bis zu 1,50 Euro. Da lohnt sich das Mehrweggeschirr, das viele Betriebe seit der Verpackungssteuer anbieten.
Oberbürgermeister Boris Palmer will erreichen, dass die Menschen mitdenken, umdenken, weniger Müll produzieren, sagt er. Den Müll zu entsorgen kostet laut Stadtverwaltung 700.000 Euro jährlich. Wenig Informationen gibt es derzeit darüber, wieviel Tonnen weniger Müll seit der Verpackungssteuer in den Eimern gelandet sind. Bei einer ersten Bilanz vier Wochen nach dem Steuer-Start hieß es für den Januar: Die Müllmenge sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf bis 15 Prozent gesunken. Viele Betriebe haben nach eigenen Angaben auch tatsächlich weniger Einweggeschirr und -besteck ausgegeben.
OB Palmer zieht nun auch eine positive Halbjahresbilanz. Probleme gebe es in der Praxis nicht, dafür deutlich weniger Müll, die meisten Betriebe seien zufrieden. Die Sache sei ein voller Erfolg.
Partynächte bringen Müllberge
Allerdings quellen jetzt im Sommer vor allem an warmen Tagen die Mülleimer in der Altstadt über. Und wird am Wochenende gefeiert, sieht danach manche Tübinger Ecke verwüstet aus: auf dem Boden zerplatze Bierflaschen, Tüten, Becher und anderer Unrat. Die Partynächte seien ein Problem, räumt Palmer ein. Doch was sich da ansammle, seien oft mitgebrachte Sachen aus dem Supermarkt. Und da greife die Verpackungssteuer nicht.
Das juristische Hin- und Her um die Verpackungssteuer habe der Sache geschadet, sagt der Umwelt- und Klimaschutzbeauftragte der Stadt Tübingen, Bernd Schott. Viele Bürger könnten dazu verleitet werden, wieder in ihre alten Einweg-Verhaltensmuster zurückzufallen.