Das symbolische Hochgrab des heiligen Gallus, der "Gallus-Schrein", steht hinter dem Altar in der kleinen Holzkirche: sechs steinerne Sockel, darüber vier Rundbogensteine, darauf eine pyramidenförmige Spitze. Was noch fehlt, ist der Sarkophag aus Holz, der in den Schrein gestellt werden soll.
Ein Jahr wurde an dem Schrein gearbeitet
Mitte Juli 2022 hat Steinmetz Jens den ersten Stein für den Heiligenschrein gespalten. Er beschreibt, wie aufwendig die Arbeiten waren: Zunächst hat er aus dem Buntsandstein, der aus dem Schwarzwald kommt, sechs Steinsäulen für den Schrein herausgearbeitet. Später folgten die vier Rundbogensteine und die pyramidenförmige Spitze. Um die Steinsäulen und Rundbögen draufsetzen zu können, musste er die Dübellöcher mit flüssigem Kalk füllen.
Besonders knifflig waren die Blätter und Weinranken
"Seit 20 Jahren bin ich Steinmetz. Aber das Kniffligste waren die Reliefarbeiten" meint er schmunzelnd. Die Vorderseite des Schreins zieren Blätter, Weinranken und Weinkelche. Auf der Rückseite sind Kreuzsymbole und Flechtwerkknoten in den weichen Stein gehauen. Die sind typisch für das frühe Mittelalter. Mit Tinte und Feder hat der Steinmetz die Ornamente erst auf den Stein gezeichnet, dann den Stein bearbeitet.
Besonderer Tag für den Campus Galli
Tilmann Marstaller ist der bauhistorische Berater auf dem Campus Galli. Für ihn ist das Aufstellen des "Gallus-Schrein" ein Highlight in diesem Jahr. "Das Gallusgrab ist das Wichtigste, was dieses Kloster St.Gallen in dieser frühen Zeit hatte", so Marstaller. Auch im St. Galler Klosterplan, Grundlage für die mittelalterliche Klosterbaustelle, ist ein Heiligensarkophag direkt hinter dem Hauptaltar vorgesehen.
Marstaller hat im Vorfeld viel in historischen Dokumenten und Quellen recherchiert. Erste Entwürfe wurden dann dem wissenschaftlichen Beirat von Campus Galli vorgelegt. Am Ende ging es in die Feinplanung.
Der Schrein soll möglichst detailgetreu sein. Vorbild für die Ornamente auf dem "Gallus-Schrein" sind zum Beispiel die Chorschranken in einem Kloster in Metz in Frankreich.
Am Holzsarkophag wird noch gearbeitet
Während in der Holzkirche nach und nach der "Gallus-Schrein" aufgestllt wird, arbeitet Schreiner Malte draußen in seiner Handwerkerhütte noch am Holzsarkophag. Die einfache, helle Kiste aus Erlenholz bekommt noch einen Deckel, ein Satteldach. Außerdem wird sie noch mit Kreisornamenten verziert.
Wenn alles nach Plan läuft, soll der leere Sarkophag dann am 16. Oktober, dem Todestag des heiligen Gallus, in den Schrein geschoben werden.