Dunkle Wolken ziehen über ein Feld mit jungen Pflanzen. Im Boden sind aufgrund der Trockenheit in den letzten Wochen Risse. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Dürre und Hochwasser

Trockenheit in Baden-Württemberg: Wie stark wirkt sich der Klimawandel aus?

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Johannes Böhler

Seit 2018 zeigt ein wissenschaftlicher Dürremonitor scheinbar alarmierende Werte, auch in Baden-Württemberg. Doch die Situation ist alles andere als eindeutig.

Seit 2018 zeigt der tagesaktuelle Dürre-Monitor des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) einen scheinbar alarmierenden Zustand: Große Teile Deutschlands - insbesondere in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, aber auch Teile Baden-Württembergs - sind auf der Karte rot (extreme Dürre) und dunkelrot (außergewöhnliche Dürre) markiert. Was hat das zu bedeuten? Das UFZ gilt als wissenschaftliche Institution für die Folgen des Klimawandels in Deutschland. Trocknet Deutschland durch den Klimawandel etwa aus?

Trockenheit verursacht Schäden in Milliardenhöhe

"Die großen roten Flecken sehen direkt nach Riesenproblemen aus", sagt Andreas Marx, wissenschaftlicher Koordinator Anpassung in der Helmholtz Klimainitiative. Trockenheit führe bei langer Andauer zu Schäden in Landwirtschaft, Energieerzeugung, Fischerei, Tourismus oder Forstwirtschaft. Schätzungen zufolge sind seit 2018 allein in der Forstwirtschaft Schäden in Höhe von 17 Milliarden Euro entstanden. "Aber aktuell gibt es noch keine Indizien dafür, dass Deutschland dauerhaft austrocknen würde", sagt Marx.

Viele Journalistinnen und Journalisten haben in den vergangenen Jahren diese Dürremonitor-Karten als Beweis für den Beginn einer großen Umweltkatastrophe fehlinterpretiert. Deshalb gab es für das UFZ auch Kritik von Kollegen, zum Beispiel aus Bayern. Lothar Zimmermann und Stephan Raspe von der bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft warnen in ihrem Artikel "Dürremonitoring im Wald: Bitte den Beipackzettel lesen" vor einem solchen Missverständnis.

"Karten mit Warnstufen zur Dürre sind nur dann sinnvoll, wenn sie auch einen Wirkungsbezug haben."

Die bayerischen Experten kritisieren: Auf den Dürremonitor-Karten verwendete Begriffe wie "extreme Dürre" seien irreführend, weil sie sich nur auf Vergleichswerte aus einem Messzeitraum bezögen, jedoch nicht die tatsächlichen Auswirkungen auf die Pflanzenwelt abbildeten. "Nachdem sich mehrere Waldbesitzer wegen abweichender Beobachtungen auf ihrem Besitz bei uns erkundigt hatten, mussten wir reagieren", erklärt Zimmermann auf Nachfrage.

Pflanzenverfügbares Wasser ist entscheidend

"Der Dürremonitor verwendet ein statistisches Vergleichsmodell - wir hatten den Eindruck, viele verstehen gar nicht, was das bedeutet", so Zimmermann. Er und sein Kollege Raspe verweisen auf die aus ihrer Sicht für die Forstwirtschaft bedeutsamere Größe: Die gemessene Menge des pflanzenverfügbaren Wassers im Boden, wie sie beispielsweise auch der Deutsche Wetterdienst verwende. Außerdem enthalte die Dürremonitor-Karte des UFZ nur eine sehr grobe Bodenkarte.

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Wie reagiert das UFZ auf die Kritik? "Es ist wichtig, die Möglichkeiten und Grenzen auf spezifische Nutzerbedingungen zu prüfen", sagt der wissenschaftliche Koordinator Marx, "das gilt für alle Informationssysteme, auch für den Dürremonitor. Es gibt Grenzen unseres Dürrekonzeptes, das sich am US-drought-monitor von 1999 orientiert und für unterschiedliche Anwender unterschiedlich gut funktioniert."

So verändert der Klimawandel das Wetter

Also ist in Wahrheit alles gar nicht so schlimm? "Der Klimawandel sorgt dafür, dass sich der Nordpol stärker erwärmt als der Äquator", erklärt Marx. Das wiederum wirke sich auf den Jetstream aus, also den Westwind, der mit für Wetterwechsel in Europa verantwortlich ist. Die Folge: Druckgebiete bewegten sich langsamer über uns hinweg. Heiße, trockene Phasen im Sommer dauerten dann länger an, wodurch deutlich mehr Wasser verdunste, so Marx.

"Die gute Nachricht für Deutschland ist: Gleichzeitig nehmen mit der Erwärmung auch die Jahresniederschläge zu - allerdings vor allem im Winter."

Durch die Veränderungen im Druckgefüge würden aber auch extreme Wetterereignisse wie Dürren und Hochwasser künftig häufiger vorkommen. "Eine große Aufgabe der Zukunft wird daher sein, das zusätzliche Regenwasser im Winterhalbjahr zu speichern und in trockenen Sommern verfügbar zu machen", sagt Marx. Dazu werden auch heute schon Talsperren genutzt oder das Grundwasser angereichert.

Experte: Klimawandel erfordert andere Baumarten

Außerdem müsse der Klimawandel bei der Aufforstung berücksichtigt werden: hitzebeständige und tief wurzelnde Bäume seien gefragt. "Die Fichte hat bei uns abseits von Höhenlagen keine Zukunft mehr", sagt Marx. Als Alternative kämen Douglasien, Rotbuchen und Eichen in Frage.

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Wird 2022 ein weiteres Dürrejahr? "Das ist aktuell schwer vorherzusagen", so Marx. Für die Wälder hoffe er aber auf einen ähnlich nassen Sommer wie im vergangenen Jahr und damit eine weitere Erholung.

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