Manchmal macht eine Schultüte schon den Unterschied: Wer bei der Einschulung eine hat, gehört dazu. Wer keine hat, wird mitunter schräg angeschaut. Das weiß Zeyneb Othman. Sie arbeitet als Flüchtlingssozialarbeiterin beim DRK Kreisverband Emmendingen. Schultüten seien typisch deutsch, sagt sie, deshalb sei es für geflüchtete Familien alles andere als selbstverständlich, am ersten Schultag an eine Schultüte für ihr Kind zu denken.
Schultüten basteln für geflüchtete Kinder
Aus diesem Grund hat Zeyneb Othman eine Bastelaktion in Emmendingen organisiert, bei der geflüchtete Eltern zusammen mit ihren Kindern Schultüten gestalten können. Die Flüchtlingssozialarbeiterin hat viel Energie in dieses Projekt gesteckt, das erst durch Spenden ermöglicht wurde. Unter anderem hat sie das besorgt, was in die Schultüte reinkommt.
Eins darf in der Tüte natürlich auf keinen Fall fehlen: die Süßigkeiten. "Meine Mutter hat damals in meine Schultüte nichts Süßes reingetan, weil sie die Tradition nicht kannte", erzählt Zeyneb Othman, deren Mutter aus dem Libanon stammt. "Deshalb war es mir besonders wichtig, dass die jetzt mit dabei sind!" Und die Eltern mit ihren Kindern sind glücklich über das Angebot. Die meisten Teilnehmenden kommen aus der Ukraine.
Personalmangel in der Flüchtlingssozialarbeit
Projekte wie das Schultütenbasteln können sehr viel bewirken, weiß Zeyneb Othman. Doch dafür fehle ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen zwischen all den anderen Aufgaben oft die Zeit. Zeyneb Othman betreut mehr als 100 Menschen - es gibt zu wenig Sozialarbeiter für die Zahl der Geflüchteten.
Hier der SWR-Hörfunkbeitrag zum Nachhören:
Bürokratie beansprucht viel Zeit
Nach dem Schultütenbasteln geht es für Zeyneb Othman weiter zum nächsten Treffen. Zwei Geflüchtete aus Syrien, die erst vor Kurzem nach Deutschland gekommen sind, brauchen ihre Unterstützung: unter anderem bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Othman kommt bei solchen Gesprächen zugute, dass sie fließend Arabisch spricht. Die meisten Geflüchteten würden aber ohnehin schnell Deutsch lernen wollen, so Othman. Der letzte Termin des Tages führt sie zu einer afghanischen Familie, die gerade einen Aufenthaltstitel erhalten hat. Jetzt gilt es, eine Krankenkasse zu finden und verschiedene Formulare einzureichen.
Mit gutem Gewissen nach Hause gehen
Es sind volle Tage für Zeyneb Othman. Auch weil sie und ihre Kollegen viele Stunden damit verbringen müssen, Anträge auszufüllen. Bürokratie frisst wertvolle Zeit, die dann im Kontakt mit den Menschen fehlt, sagt Zeyneb Othman. Außerdem sei es nicht immer leicht, sich abzugrenzen. Gerade anfangs habe sie viel mitgenommen, auch von den Fluchtgeschichten. "Aber ich denke mir auch, wenn wir acht Stunden täglich gute Arbeit geleistet haben, dann können wir nach Hause gehen und abschalten. Mit gutem Gewissen."