Schafe in Bollschweil bei Freiburg werden von einem Elektrozaun gegen Wolfangriffe geschützt (Foto: SWR, Marion Eiche)

Reaktion auf Vorschlag für bundesweites Wolfsmanagement

Umgang mit dem Wolf: Tierhalter im Schwarzwald kritisieren Bundesumweltministerin

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Marion Eiche

Das Umweltministerium will den Wolf schneller abschießen lassen. Doch Weidetierhalter sind nicht zufrieden mit dem Vorschlag von Ministerin Lemke.

Von allen Seiten hat es Kritik gegeben, als Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vergangenen Donnerstag in einer Pressekonferenz Vorschläge für ein bundesweites Wolfsmanagement gemacht hat. Demnach sollen Wölfe, die Weidetiere gerissen haben, schneller abgeschossen werden können.

In Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen wäre der Abschuss dann bereits nach dem ersten Riss möglich, wenn der Wolf innerhalb von 21 Tagen noch einmal im Umkreis von einem Kilometer die Herde angreift.

Abschuss vom Wolf: Pläne für Weidetierhalter nicht zielführend

Für viele Weidetierhalter ist die Ein-Kilometer-Regel nicht zielführend. Denn etwa Schäfer wie Edgar Engist aus Bollschweil (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) ziehen mit ihren Herden alle paar Tage weiter: "Wo wir jetzt hier gerade sind auf der Fläche, da bleibt die Herde vielleicht drei Tage. Und dann gehe ich 400 oder 500 Meter weiter vor. Und nach zehn Tagen bin ich dann von hier wieder über einen Kilometer weg," sagt Engist.

Der Förderverein der Deutschen Schafhaltung hat in einer Pressemitteilung massive Kritik an den Vorschlägen aus dem Bundesumweltministerium erhoben.

Die Verantwortung für die Ausbreitung der Wölfe und alle damit verbundenen Risiken werden weiterhin allein den Tierhaltern auferlegt.

Beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) in Freiburg ist man noch zurückhaltend. Der Verband hält den Vorschlag von Umweltministerin Lemke für einen ersten guten Schritt, so Sprecher Padraig Elsner, er mache Verfahren einfacher und unbürokratischer.

"Wir müssen schauen, ob wir noch an den Schutzstatus des Wolfes rangehen müssen. Wir müssen sicherstellen, dass ein Erhaltungszustand des Wolfes in Baden-Württemberg und Deutschland erreicht wird", so Elsner. "Das sind die großen Bretter, die wir bohren müssen."

Edgar Engist hält seit 50 Jahren Schafe in Bollschweil bei Freiburg. (Foto: SWR, Marion Eiche)
Edgar Engist hält seit 50 Jahren Schafe in Bollschweil bei Freiburg.

NABU befürwortet, dass Wolf nicht pauschal abgeschossen werden soll

Dass der Herdenschutz als grundsätzliche Voraussetzung für einen Abschuss im neuen Vorschlag aus dem Umweltministerium zur Sprache kommt, hält auch Alexandra Ickes vom Naturschutzbund Baden-Württemberg (NABU) für wichtig. So müssen Weidetierhalter wie Edgar Engist aus Bollschweil ihre Herde mit Elektrozäunen und Hütehunden schützen, wenn sie für einen Wolfsriss entschädigt werden wollen oder ein möglicher Wolfabschuss geprüft werden soll.

Allerdings ist das in Baden-Württemberg im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht einfach: "Die Anforderungen im Schwarzwald mit Steilhängen sind ganz anders als etwa in Norddeutschland, der Aufwand für Schutzmaßnahmen ist viel größer und eine Kontrolle ist kaum möglich", schreibt der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann aus dem Wahlkreis Lörrach-Müllheim in einer Stellungnahme.

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Bundesumweltministerium will im November mit Ländern sprechen

Laut dem Umweltministerium Baden-Württemberg ist das Ziel des neuen Vorschlags eine einheitliche Definition, die den bereits bestehenden "Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen beim Wolf, insbesondere bei Nutztierrissen" erweitert. "Wir werden uns in diesen Prozess einbringen", heißt es aus einer schriftlichen Antwort aus Stuttgart auf eine SWR-Anfrage.

Ende November will Bundesumweltministerin Steffi Lemke ihren Vorschlag mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus den Landesregierungen bei der nächsten Umweltministerkonferenz diskutieren.

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